Theologe Zulehner sieht in Ehrenamtlichen die Zukunft der Kirche

"Dankeschön nach 50 Jahren ist zu wenig"

Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner erwartet eine Kirche der Ehrenamtlichen statt einer Priesterkirche. Damit verbunden sei eine synodale Kultur, die Laien stärkt und neue Formen kirchlichen Engagements ermöglicht.

Ein Küster arbeitet an der Liedanschlagtafel / © Harald Oppitz (KNA)
Ein Küster arbeitet an der Liedanschlagtafel / © Harald Oppitz ( KNA )

Die Kirche der Zukunft wird sich massiv verändern, doch ein gänzlich säkulares und gottloses Europa ist nicht zu erwarten. 

Paul Zulehner, Pastoraltheologe, in seinem Haus in Wien / © Lukas Ilgner (KNA)
Paul Zulehner, Pastoraltheologe, in seinem Haus in Wien / © Lukas Ilgner ( KNA )

Das sagte der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner im Interview mit dem Kirchenzeitungsmagazin der österreichischen Erzbistümer Wien und Salzburg. Nach seinen Worten werde sich die Kirche von einer Priesterkirche hin zu einer Kirche der Ehrenamtlichen entwickeln.

Ehrenamtliche Priester neuer Art 

Nach Zulehners Ansicht seien in der Kirche der Zukunft auch ehrenamtliche Priester neuer Art denkbar, die aus der Mitte der Gemeinde hervorgehen. 

"Wir brauchen andere Quellen für das ordinierte Amt, weil die Anzahl der Priester auf dem freien Berufungsmarkt – zumindest bei uns – dramatisch gering ist", erläuterte Zulehner. Ohne Ehrenamtliche stünde die Kirche schon jetzt hilflos da; gleichzeitig hätten Laien noch immer zu wenig Anteil an Entscheidungen.

Kirchliche Versorgung ändert sich

Für eine zukunftsfähige Kirche brauche es daher eine "synodale Amtskultur, denn das autoritär Klerikale hat in einer künftigen Kirche der Ehrenamtlichen keinen Platz". Eine neue Qualität des Ehrenamts bringe eine eigene Dynamik hervor und ermögliche "eine neue Art, Christ zu sein, die Freude macht und wo die Leute sagen: Das tut mir auch menschlich gut".

Um eine solche Kirche zu gestalten, seien jedoch große Anstrengungen und persönliches Engagement notwendig, betonte Zulehner. "Da ist es natürlich bequemer, in einer Priester- und Dienstleistungskirche versorgt zu werden. Diese Versorgung geht dem Ende zu und wird sich so auch nicht mehr finanzieren lassen."

Mehr Wertschätzung für Ehrenamt gefordert

Jeder Mensch sei berufen und trage eine Rolle, einen Auftrag und eine Sendung in sich. "Wir müssen die starke Taufberufung, die Menschen in sich tragen, in das reale kirchliche Leben übersetzen", so Zulehner. Dafür brauche es pastorale "Trüffelschweine", die Berufungen entdecken, fördern und stärken. 

Dazu regte der Theologe die Einrichtung von Ehrenamtsakademien an. Diese wiederum müssten professionell gestaltet und klar strukturiert sein. Zudem braucht es eine Anerkennungskultur. "Ein Dankeschön nach 50 Jahren ist zu wenig."

Der 1939 in Wien geborene Zulehner promovierte in Philosophie und Theologie. 1964 wurde er zum Priester geweiht. 1973 folgte die Habilitation für Pastoraltheologie und Pastoralsoziologie in Würzburg. Er lehrte in Bamberg, Passau, Bonn, Salzburg und schließlich von 1984 bis 2008 in Wien. (Quelle: Ministerin für Sport und Ehrenamt)

Ehrenamt in Deutschland

Wichtige Ergebnisse der Deutschen Freiwilligensurvey 2024 auf einen Blick:

  • Im Jahr 2024 sind 36,7% der Bevölkerung ab 14 Jahren in Deutschland freiwillig engagiert, das entspricht rund 26,97 Millionen Menschen. Damit befindet sich das freiwillige Engagement weiterhin auf einem hohen Niveau, ist allerdings im Vergleich zur Voruntersuchung 2019 (39,7%) leicht zurückgegangen.
  • Engagierte Personen investieren wieder mehr Zeit in ihre freiwillige Tätigkeit. Auch die Häufigkeit, mit der freiwillige Tätigkeiten ausgeübt werden, hat sich im Vergleich zu 2019 erhöht.
Für andere Einkaufen: Eine Möglichkeit, ehrenamtlich zu helfen / © magesine (shutterstock)
Für andere Einkaufen: Eine Möglichkeit, ehrenamtlich zu helfen / © magesine ( shutterstock )
Quelle:
KNA