Neue Kolping-Bundesvorsitzende benennt Herausforderungen der Zukunft

"Wir müssen attraktiver werden – und verbindlicher"

Die neue Bundesvorsitzende von Kolping Deutschland, Klaudia Rudersdorf, hat viel vor. Nach ihrer Wahl spricht sie über Mitgliedergewinnung, strukturelle Veränderungen und die Rolle des Verbandes in Kirche und Gesellschaft.

Autor/in:
Johannes Schröer
Männer und Frauen tragen Fahnen verschiedener Kolpingfamilien / © Julia Steinbrecht (KNA)
Männer und Frauen tragen Fahnen verschiedener Kolpingfamilien / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Welche Herausforderungen kommen auf Kolping Deutschland zu?

Klaudia Rudersdorf (Neue Bundesvorsitzende von Kolping Deutschland): Zum einen die Mitgliedergewinnung, aber mittlerweile auch die Mitgliederbindung. Früher kam man zu Kolping und blieb. Das hat sich verändert. Wir müssen den Verband attraktiv gestalten, damit Menschen zu uns kommen und bleiben wollen.

Wir müssen uns außerdem Gedanken über die Finanzierung des Personalverbandes machen, denn die Mittel werden knapper. Und wir müssen unsere Inhalte aktuell halten und schauen, wo die Schwerpunkte und besonderen Herausforderungen der Zeit liegen.

DOMRADIO.DE: Kirche und Sozialverbände kämpfen mit Überalterung und Mitgliederschwund. Kann man das aufhalten?

Klaudia Rudersdorf

"Präses und Laien wirken zusammen. Das ist kein Notstopfen, sondern eine gewollte gemeinsame Leitung."

Rudersdorf: Die Demografie spielt eine große Rolle. Dem kann sich niemand entziehen. Die Gesellschaft in Deutschland wird älter und kleiner, und das trifft auch Kolping. Aber es ist unterschiedlich: Im Süden haben wir viele große und junge Kolpingsfamilien, in denen Mittdreißiger Vorstände stellen und wir jedes Jahr neue Mitglieder gewinnen.

In Großstädten – ich komme aus dem Ruhrgebiet – sieht es anders aus. Da sind wir ein sehr alter Verband und wir werden uns von vielen verabschieden müssen. Insgesamt aber glaube ich weiter, dass Kolping eine Zukunft hat.

DOMRADIO.DE: Was hat Kolping im digitalen Zeitalter noch zu sagen?

Rudersdorf: Digitalisierung ist eine Transformation wie die Industrialisierung in Kolpings Zeit. Kolping steht nach wie vor auf der Seite derjenigen, die im Arbeitsleben abgehängt werden oder keine Chance bekommen. Für diese Menschen setzen wir uns durch unsere Bildungs- und Berufsbildungswerke ein. Und wir wollen unsere Mitglieder im Personalverband bei der Digitalisierung mitnehmen.

DOMRADIO.DE: Die Kirchen verlieren an Bedeutung. Sinnsuche und Glaube verändern sich. Wie reagiert Kolping darauf?

Rudersdorf: Kolping hat schon vor längerer Zeit reagiert. Wir haben neben dem Präses eine geistliche Leitung eingeführt. Präses und Laien wirken zusammen. Das ist kein Notstopfen, sondern eine gewollte gemeinsame Leitung. Wir legen Wert auf gegenseitige Befruchtung und darauf, was Laien pastoral und spirituell einbringen können. Spiritualität und gelebter Glaube sind bei Kolping sehr lebendig und sprechen viele Menschen an.

Klaudia Rudersdorf

"Meine Hoffnung ist, dass Kolping weiterhin mitten im Leben stehen wird."

DOMRADIO.DE: Die katholische Kirche in Deutschland ist gespalten: konservativ und liberal. Wo steht Kolping?

Rudersdorf: Ich würde sagen, dass Kolping auf der liberalen Seite steht. Wir haben uns im Synodalen Weg immer für Offenheit und für den Blick nach vorne ausgesprochen. Natürlich gibt es auch konservative Mitglieder. Aber unser Verband lebt vom Gespräch und vom Austausch von Argumenten. Insgesamt sind wir eher progressiv unterwegs.

DOMRADIO.DE: Was muss angegangen werden, um die Zukunft des Verbandes gemeinsam zu gestalten?

Rudersdorf: Wir müssen noch mal auf unsere Strukturen schauen. Das war ein großes Thema der Bundesversammlung. Unsere gewachsenen Strukturen passen nicht mehr zu einem schrumpfenden Mitgliederstand. Wir müssen uns neu aufstellen und überlegen, wie wir gut in die Zukunft gehen. In der Vergangenheit gab es Kolping in jeder Diözese. Auch das wird sich ändern – eine Fusion steht an. Wir sind digitaler geworden, aber die Kommunikation ist nicht überall besser. Auch da müssen wir uns vernetzen und bundesweit im Gespräch bleiben.

DOMRADIO.DE: Wo sehen Sie Kolping in fünf oder zehn Jahren?

Rudersdorf: Gar nicht so weit weg von heute. Kolping wird Bestand haben. Wir werden lebendig bleiben. Vielleicht kleiner, aber bunter. Meine Hoffnung ist, dass Kolping weiterhin mitten im Leben stehen wird.

Klaudia Rudersdorf

"Viele Engagierte, die offen sind den Kolpingverband in Zukunft mitzugestalten."

DOMRADIO.DE: Krisen prägen unsere Zeit: Klima, Demokratie, gesellschaftliche Spannungen. Was kann Kolping tun, um die Gesellschaft und die Demokratie zu stabilisieren?

Rudersdorf: Kolping hat seinen Platz schon gefunden. Wir haben einen Beschluss zur Klimaneutralität gefasst und wollen bis 2035 die Bundesebene klimaneutral gestalten. Wir haben ein Klimamobil, das durch das Land fährt und gebucht werden kann, um für Klimagerechtigkeit zu sensibilisieren. Und wir setzen uns genauso für Demokratie ein, mit Fortbildungen und Schulungen, um Menschen dafür fit zu machen.

DOMRADIO.DE: Wenn Sie sich als neue Bundesvorsitzende etwas wünschen könnten – was wäre es?

Rudersdorf: Möglichst viele Engagierte, die offen sind und den Kolpingverband in Zukunft mitgestalten wollen – in guter Tradition und großer Offenheit.

Das Interview führte Johannes Schröer.

Kolping Deutschland

Kolping Deutschland ist ein katholischer Sozialverband mit bundesweit rund 200.000 Mitgliedern in 2.100 Kolpingsfamilien, davon etwa 34.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Bereich der Kolpingjugend (Zahlen Stand: Dezember 2024). Es ist Teil von KOLPING INTERNATIONAL und KOLPING Europa.

Seit 1966 werden in den Verband auch Frauen aufgenommen. Mittlerweile beträgt der Frauenanteil im Gesamtverband 43 Prozent. Bei der Kolpingjugend sind es 51 Prozent.

Jubiläum Kolping (Kolping)
Quelle:
DR

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