Herbstzeit ist Jagdzeit - und nicht jedem behagt das. "Wirtschaftliche Interessen, Freizeitjagd und Trophäenkultur widersprechen oft dem Anspruch, die Natur in Balance zu halten", kritisiert der Münsteraner Theologe Sebastian Knapp.
Tierbestände sollten nicht durch die Jagd reguliert werden; vielmehr gelte es Lebensräume so zu gestalten, "dass natürliche Gleichgewichte wieder entstehen können", sagte der Mitarbeiter des Instituts für Zoologische Theologie auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
In der Praxis stehe jedoch meist die Fleischgewinnung oder die Pflege einer Tradition im Vordergrund. "Aus moralischer Sicht widerspricht das der Idee der Schöpfungsverantwortung, die den Eigenwert allen Lebens betont", erklärte Knapp. Die Jagd sei ein Relikt überkommener Herrschaftslogik. "Der Mensch entscheidet über Leben und Tod anderer Geschöpfe", obwohl es längst alternative Wege des Zusammenlebens gebe.
Jagd könne aus seiner Sicht "nur unter sehr engen, klar definierten Voraussetzungen verantwortbar sein, etwa wenn sie der Abwehr konkreter ökologischer Schäden dient oder dem Schutz bedrohter Lebensräume".
Respekt statt Kontrolle
Wenn man Tiere als Mitgeschöpfe verstehe, führe dies zu Schutz, Rücksicht und friedlicher Koexistenz, erklärte der Wissenschaftler. Dies könne eine moderne Form von "Hege" verkörpern, die den Geist des Respekts und nicht der Kontrolle in den Mittelpunkt stellt.
Knapp äußerte sich zum Hubertustag am 3. November, der an den Schutzheiligen der Jäger erinnert. Dieser stehe "in der Tradition der Umkehr - vom Jäger zum Bewahrer". Übertragen in die heutige Zeit verkörpere Hubertus die Botschaft, Lebensräume zu schützen, Artenvielfalt zu fördern und das Töten dort zu vermeiden, wo es nicht zwingend notwendig sei.
Nach einer Begegnung mit einem Hirsch, in dessen Geweih er ein Kreuz erblickte, soll der Heilige sich einst von der Jagd abgewandt und sein Leben geändert haben. Hubertus stehe für "Ehrfurcht vor der Schöpfung, nicht Herrschaft über sie", erklärte Knapp. Ob die heutige Jagdpraxis diesem Ideal gerecht werde, müsse "kritisch hinterfragt werden".