Vorwürfe von Gewalt am Studienseminar Sankt Michael in Traunstein werden wissenschaftlich aufgearbeitet.
Dies teilte das mit einer Studie beauftragte Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (Frankfurt-Berlin) am Montag mit. Im Fokus stehe der Zeitraum von Mitte der 1960er bis Mitte der 1980er Jahre.
In diesen rund 20 Jahren häuften sich Betroffenenberichte, hieß es zur Begründung. Das Projekt sei bereits im Februar gestartet und solle bis September 2026 abgeschlossen werden.
Körperliche, psychische und spirituelle Gewalt
Kirchliche und Nicht-kirchliche Angestellte der Einrichtung sollen körperliche, psychische und spirituelle Gewalt gegen minderjährige Seminaristen ausgeübt haben. Laut Institut liegen Schilderungen von körperlichen Strafen wie Ohrfeigen und vereinzelt Berichte zu sexualisierter Gewalt im Umfeld des Seminars vor.
Außerdem gehe es um die Frage, ob die persönliche Entwicklung der Jungen im Internat gezielt unterdrückt worden sei, um sie dazu zu bewegen, Priester zu werden.
Interviewpartner gesucht
Laut Mitteilung gehören drei Betroffene zur Lenkungsgruppe des Projekts. In der Studie werden betroffene wie auch nicht betroffene ehemalige Bewohner des Jungeninternats wie auch frühere Angestellte zu ihren Erfahrungen befragt.
Wer zu diesen Personengruppen im genannten Zeitraum gehört hat, wird gebeten, sich für Interviews zur Verfügung zu stellen. Auch Zeugen könnten sich melden. Ergänzt durch die Auswertung von Archivunterlagen würden die Strukturen im damaligen Seminar sozialwissenschaftlich analysiert.
Erzbistum München und Freising bezahlt die Untersuchung
Auftraggeberin der Untersuchung ist die Trägerstiftung des Studienseminars. Bezahlt wird sie vom Erzbistum München und Freising. Den Angaben zufolge erhielt das Erzbistum in der Vergangenheit vereinzelt Hinweise auf unterschiedliche Formen von Gewalt im Studienseminar.
Allerdings seien sie zum Teil sehr vage gewesen oder die Absender nicht bekannt. Konkrete Vorwürfe seien der Vorsitzenden der Trägerstiftung wie auch dem jetzigen Leiter des Seminars, Wolfgang Dinglreiter, seit 2020 bekannt. Damals machte ein Betroffener seine gewaltvollen Erfahrungen in der Zeitung öffentlich.
Damit begann den Angaben zufolge ein längerer Prozess gemeinsamer Beratung von Betroffenen, Seminarleitung und Vertretern des Erzbistums über die weitere Aufarbeitung. Dinglreiter erklärte, ihm sei es ein großes Anliegen, dass die Geschehnisse umfassend aufgearbeitet würden, Betroffene Gehör fänden und ihnen Gerechtigkeit widerfahre.
Eine Institutsmitarbeiterin sagte der KatholischenNachrichten-Agentur (KNA), den Betroffenen sei wichtig, dass ihre Geschichten auch unmittelbar veröffentlicht würden. Dies werde voraussichtlich noch vor Projektabschluss in geeigneter Form über eine Internetseite geschehen.