Stimmen zum Rücktritt von Annette Kurschus

"Respekt für diesen Schritt"

Vertreterinnen und Vertreter aus katholischer und evangelischer Kirche haben sich mit Respekt und Bedauern zum Rücktritt von Annette Kurschus von Spitzenämtern der evangelischen Kirche geäußert. Einige Auszüge der gesammelten Stimmen.

Annette Kurschus / © ARTIS - Uli Deck (epd)
Annette Kurschus / © ARTIS - Uli Deck ( epd )

Kurschus hatte am Montag ihre Ämter als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen niedergelegt. Ihr wird vorgeworfen, als frühere Gemeindepfarrerin in Siegen einen Fall sexuell übergriffigen Fehlverhaltens vertuscht zu haben, was sie aber weiter bestreitet.

Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) dokumentiert wichtige Reaktionen - auch von Betroffenenvertretern - in Auszügen:

Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz:

"Mit großem Bedauern habe ich die Nachricht zur Kenntnis genommen, dass die Ratsvorsitzende der EKD, Präses Annette Kurschus, heute von ihrem Amt zurückgetreten ist. Die Gründe und die im Vorfeld geführten Debatten kann und werde ich nicht beurteilen. Mit dem Rücktritt von Annette Kurschus verliert der ökumenische Motor in unserem Land einen wesentlichen Antrieb. ... Den persönlichen engen Kontakt auf kurzen Wegen werde ich ebenso vermissen wie ihr weites Herz, dass sie der katholischen Kirche stets entgegengebracht hat.

Ich bin dankbar für die Fragen, die Annette Kurschus in ihrer Amtszeit - auch mit mir als Vorsitzendem der Deutschen Bischofskonferenz - gestellt hat: politisch und gesellschaftlich, theologisch und seelsorglich. Gerade der jüngste gemeinsame Auftritt bei einer Kundgebung vor dem Brandenburger Tor gegen den Terror der Hamas und einen neuen Antisemitismus in Deutschland ist nur eines von vielen Beispielen."

Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)auf der Plattform X (früher Twitter):

"Respekt für diesen Schritt der EKD-Ratsvorsitzenden! Annette Kurschus hat mit ihrem Rücktritt vom Amt klare Konsequenzen aus einer öffentlichen Debatte um ihre Integrität gezogen. Der Missbrauchsverdacht gegen einen früheren kirchlichen Mitarbeiter in ihrem persönlichen Umfeld wiegt schwer. Es ist nicht an mir zu beurteilen, wie viel sie davon gewusst hat. Ich wertschätze ihre Entscheidung."

Kirsten Fehrs, Bischöfin von Hamburg und Lübeck, bisher stellvertretende und ab sofort kommissarische EKD-Ratsvorsitzende:

"Für den Rat der EKD verbindet sich mit dem Rücktritt von Annette Kurschus die Verpflichtung, den eingeschlagenen Weg bei Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt konsequent weiter voranzugehen... Dein Schritt, von allen Ämtern zurückzutreten, verdient Hochachtung. Diese Geradlinigkeit und Konsequenz hat auch unsere Zusammenarbeit im Rat der EKD geprägt. Über acht Jahre warst Du mit Herz und klugem Wort überall da, wo Du gebraucht wurdest.

Dafür danke ich Dir im Namen des Rates und wünsche Dir viel Kraft und Gottes Segen für alles, was jetzt ansteht."

Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der EKD:

"Ich habe Respekt vor dem Schritt, von allen Ämtern zurückzutreten, mit dem Annette Kurschus zeigt, welchen Stellenwert konsequentes Handeln beim Thema sexualisierte Gewalt - gerade im Interesse der Betroffenen - für die evangelische Kirche hat. ... Dein nachdenklicher Ton und deine klare Ausrichtung am Evangelium haben der Kirche in herausfordernden Zeiten gutgetan. ... Ich hoffe, dass die Entscheidung von Annette Kurschus nun den notwendigen Raum für die weitere Aufarbeitung des Falles und des Umgangs mit ihm schafft.

Die Landeskirche von Westfalen steht in der hohen Verantwortung, dieses zu gewährleisten."

Betroffenenvertretung und Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt der EKD:

"Wir ... nehmen den Rücktritt ... mit Respekt zur Kenntnis und danken für Ihre persönliche Unterstützung des Beteiligungsforums. Ihre Entscheidung, auf die Ämter zu verzichten, schützt unsere Arbeit vor weiteren Belastungen. Auch dafür sind wir dankbar. Die Rücktritte können ebenso den weiteren Prozess der Aufklärung - auch bzgl. der Vorwürfe gegen ihre Person - unterstützen. Es existiert nach wie vor ein Widerspruch der Darstellungen zu diesem Aspekt des Falles, der durch unabhängige Fachleute untersucht werden muss.

Der Schutz und die Unterstützung betroffener Personen müssen Priorität haben. Die Aufklärung und Ahndung der Taten in Siegen gehören, wie geschehen, in die Hände der Strafverfolgungsbehörden. Es liegt in der Verantwortung der Landeskirche, für lückenlose und unabhängig durchgeführte Aufarbeitung zu sorgen. Dazu gehört auch stets die Frage des Umgangs mit der Tat durch alle beteiligten Personen. Wenn es arbeits- oder dienstrechtliche Pflichtverletzungen gab, sind entsprechende Konsequenzen zu ziehen."

Matthias Katsch, Sprecher der Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch" auf der Plattform X (früher Twitter):

"An Annette Kurschus könnte sich so mancher katholische Bischof ein Beispiel nehmen. Aber das wird natürlich nicht geschehen. "

Kerstin Claus, Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung:

Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, würdigt den Rücktritt von Annette Kurschus als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen als "wichtiges Signal der persönlichen und institutionellen Verantwortungsübernahme". Der Schritt sei "folgerichtig und konsequent", sagte Claus am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Und "das Signal richtet sich auch an andere Institutionen, Kirche und Sport.

Gleichzeitig kritisierte sie, dass Kurschus vor allem den öffentlichen Druck als Kriterium benannt habe: "Ich bin überrascht und irritiert, dass trotz all der Erfahrungen in der Vergangenheit eine zeitnahe und transparente Kommunikation nicht erfolgt ist und es am Ende vor allem der öffentliche Druck war, der zu diesem Schritt führte." Claus hätte sich eine Analyse gewünscht, die "über das Kriterium des öffentlichen Drucks hinausgeht".

Die Rücktrittserklärung von Annette Kurschus im Wortlaut

Annette Kurschus ist nicht mehr Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen. Mit sofortiger Wirkung trat die 60-jährige Theologin am 20. November 2023 von beiden Ämtern zurück. Der Evangelische Pressedienst (epd) dokumentiert nachfolgend den Wortlaut ihrer knapp achtminütigen Erklärung, die sie im Landeskirchenamt in Bielefeld abgab:

Annette Kurschus / © Harald Oppitz (KNA)
Annette Kurschus / © Harald Oppitz ( KNA )

 

Quelle:
KNA