Staatsgalerie Stuttgart widmet Hans Holbein große Landesschau

Die grauen Leiden Jesu Christi

Die "Graue Passion" von Hans Holbein dem Älteren hat ihren Namen verdient: Von den Gewändern der Soldaten bis hin zur Dornenkorne Christi ist auf den zwölf Altarbildern, die das Leiden Jesu darstellen, alles in Grautönen gehalten. Nach langer Restaurierung widmet Stuttgart dem rund 500 Jahre alten Werk eine Ausstellung.

Autor/in:
Katharina Wiechers
 (DR)

"Holbein hat die Farbe psychologisch eingesetzt", sagt Kuratorin Elsbeth Wiemann. Mit der hauptsächlich monochromen Darstellung der Leidensgeschichte Christi habe der vermutlich um 1465 in Augsburg geborene Holbein eine Stimmung schaffen wollen, die "seiner Meinung nach dem Passionsgeschehen adäquat" war. Im Kontrast zu den grau umhüllten Körpern stünden die für damalige Zeit ungewöhnlich menschlichen Gesichtszüge - nicht nur der Heiligen, sondern auch etwa der Soldaten.



Wo die zwölf Tafeln, die mit großer Wahrscheinlichkeit einen nicht mehr erhaltenen Altar flankierten, ursprünglich standen, ist laut Wiemann bis heute unbekannt. Als gesichert gilt jedoch, dass es sich einst um sechs beidseitig bemalte Holzplatten handelte. An üblichen Werktagen waren jene sechs Darstellung zusehen, die in eher metallenem Grau gehalten sind. An Festtagen wurden die Altarflügel geöffnet und die im Farbton etwas weicher gehaltenen Bilder kamen zum Vorschein.



Neue Erkenntnisse über die Arbeitsweise Holbeins

Im 19. Jahrhundert seien die Tafeln auseinander geschnitten worden, um sie - wie damals üblich - zu Galeriebildern zu machen, erklärt Wiemann. Aus heutiger Sicht ein "brutaler Eingriff in den Organismus des Holzes", auf dem die Bilder gemalt seien. Dies sei auch der Grund, warum die Bilder seitdem immer wieder überarbeitet und nachgebessert werden mussten. Mit der Zeit sei die Darstellung weit vom Original abgewichen, dies habe man mit der "aufwendigsten Restauration, die in der Stuttgarter Staatsgalerie jemals getätigt wurde", wieder versucht, rückgängig zu machen.



Dabei wurden auch neue Erkenntnisse über die Arbeitsweise Holbeins gewonnen, sagt Wiemann. Zum Beispiel hätten die Wissenschaftler herausgefunden, dass der Künstler den Farben Glas und Quarz beimischte. Damit erkläre sich die Strahlkraft der Gemälde, sagt Wiemann. "Die Farben leuchten aus sich selbst heraus". Tatsächlich wirken die Tafeln wie angestrahlt, obwohl sie dem Betrachter in einem eher zurückhaltend beleuchteten Raum präsentiert werden.



Die bisher teuerste Erwerbung für die Staatsgalerie

Nicht nur die Restaurierung, auch die eigentliche Beschaffung des Werkes hat sich das Land einiges kosten lassen. Zwar war die "Graue Passion" bereits seit mehreren Jahren in der Staatsgalerie zu sehen, allerdings nur als Leihgabe der Fürstlich Fürstenbergischen Sammlung Donaueschingen. 2003 wurden die Gemälde für 13,2 Millionen Euro gekauft - 7,5 Millionen kamen vom Land. Diese bisher teuerste Erwerbung für die Staatsgalerie sei eine "große gemeinsame Kraftanstrengung" gewesen, sagt Kunst-Staatssekretär Dietrich Birk (CDU). Sie habe sich aber gelohnt, schließlich sei der Kauf "eines der großartigsten Werke altdeutscher Malerei" ein Beitrag zur Aufwertung des "Kunstlandes" Baden-Württemberg.



Für Besucher ist die Ausstellung ab Samstag (27.11.) geöffnet. Der Eintritt beträgt zehn Euro, Kinder zahlen sieben Euro. Die Staatsgalerie ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, dienstags und donnerstags bis 20 Uhr. Montags ist das Museum geschlossen.