Soziales Engagement der Kirche wird von Mehrheit geschätzt

Nah an den Menschen

Die Bedeutung der Religion nimmt laut des Religionssoziologen Detlef Pollack zwar ab, kirchliches soziales Engagement wird aber nach wie vor geschätzt. Das zeigt eine neue Studie über die Bedeutung von Religion in Krisenzeiten.

Autor/in:
Holger Spierig
Kirche punktet mit caritativen Tätigkeiten wie der Essensausgabe für Bedürftige / © addkm (shutterstock)
Kirche punktet mit caritativen Tätigkeiten wie der Essensausgabe für Bedürftige / © addkm ( shutterstock )

In gegenwärtigen Krisen, wie etwa bei der Corona-Pandemie, nehme Religion eher die Funktion eines nachgeordneten Systems ein, sagte Pollack dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Religionssoziologe Detlef Pollack (WWU – MünsterVIEW)

"Sie wird von den meisten nicht als zuständig angesehen, um diese Krisen zu bewältigen", erklärte Pollack, einer der Autoren der am Donnerstag veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung.

Hohes Ansehen für Engagement um Kranke

Zugleich sei das Engagement der Kirchen und Christen für Kranke, Arme und Notleidende hoch, dies werde von der Mehrheit der Bevölkerung auch geschätzt, erklärte der Religionssoziologe.

"Die Kirche ist immer dann attraktiv, wenn sie nah bei den Menschen ist und sie in ihren alltäglichen Problemen begleitet, etwa auch in der Seelsorge", unterstrich Pollack.

Eine Mitarbeitern der Ambulanten Pflege der Caritas / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Mitarbeitern der Ambulanten Pflege der Caritas / © Harald Oppitz ( KNA )

Kirche erfülle viele Aufgaben, etwa in der Kinderbetreuung oder der Bildungsarbeit, zudem spendeten sie Segen oder beerdigten die Gestorbenen mit Würde, sagte der Wissenschaftler. Sie werde ihre Zukunft nicht in der Konzentration auf ein Aufgabenfeld finden können. "Doch liegt darin auch ein Problem, denn mehr und mehr überfordert die Erfüllung vieler Aufgaben die Kirchen", erklärte der Wissenschaftler.

Laut dem am Donnerstag von der Bertelsmann Stiftung in Gütersloh veröffentlichten "Religionsmonitor 2023" hat Religion bei der Bewältigung der Corona-Krise für etwa ein Drittel der Menschen in Deutschland eine Rolle gespielt.

Eine große Mehrheit vertraute eher auf Familie (90 Prozent), Wissenschaft (85 Prozent) und Nachbarschaft (74 Prozent). Zugleich haben demnach religiöse Menschen in der Corona-Pandemie oft Solidarität und Hilfsbereitschaft gezeigt.

Zunehmend weltlicher gewordene Gesellschaft

Zu bedenken sei jedoch auch, dass hochreligiöse Menschen und Mitglieder evangelikal-freikirchlicher und pfingstlerischer Gemeinden sowie Muslime und Buddhisten Religion für wesentlich hilfreicher halten als der Bevölkerungsdurchschnitt, sagte der Wissenschaftler, der an der Uni Münster im Exzellenzcluster Religion und Politik lehrt.

Ein Mann geht in der Mainzer Innenstadt an einer verlorenen OP-Maske entlang / © Frank Rumpenhorst (dpa)
Ein Mann geht in der Mainzer Innenstadt an einer verlorenen OP-Maske entlang / © Frank Rumpenhorst ( dpa )

Auch schließe das Vertrauen in die Krisenbewältigungskompetenz der Religion das Vertrauen in Wissenschaft, Gesundheitssystem oder auch Politik nicht aus. Die Zustimmungswerte fielen unter den Religionsangehörigen in der Regel ähnlich hoch aus wie unter den Konfessionslosen.

Dass Religion in Krisenzeiten über die gläubigen Menschen hinaus nur eine untergeordnete Rolle in der Gesellschaft habe, liegt nach Einschätzung Pollacks an einer zunehmend weltlicher gewordenen Gesellschaft: "Um erfahren zu können, dass der Glaube hilfreich ist, muss man ihn bereits angenommen und verinnerlicht haben".

Quelle:
epd