Bischöfe erstellen Broschüre zum Reli-Unterricht der Zukunft

"Religionsunterricht lebt von den Fragen der Kinder“

Ob Krieg in der Ukraine oder Erdbeben-Katastrophen. Der Religionsunterricht kann auf viele alltägliche Fragen Antwort geben. Aber für die Zukunft müsse er neu aufgestellt werden, finden die deutschen Bischöfe. Was heißt das konkret?

Kinder im Unterricht / © 4 PM production (shutterstock)
Kinder im Unterricht / © 4 PM production ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Es ist das erste Mal, dass die Bischöfe ein solches Papier verfasst haben. Wie ist es denn dazu gekommen?

Andreas Verhülsdonk (Referat Religionspädagogik bei der Kommission für Erziehung und Schule der Deutschen Bischofskonferenz): Zunächst muss man feststellen, dass der Religionsunterricht in der Grundschule bei Schülern ein sehr beliebtes Fach ist. Gleichzeitig ist er ein sehr wichtiges Fach, denn alle Schülerinnen und Schüler besuchen die Grundschule.

In der Grundschule wird insgesamt die Grundlage für die Bildung gelegt, die Grundlage für das, was dann später in getrennten Schulwesen weiter entfaltet wird. Aber es wird eben auch die Grundlage für die religiöse Bildung gelegt, nämlich im Religionsunterricht.

Da sind die Bischöfe der Auffassung, sollte man doch letztlich auch noch mal etwas genauer hingucken.

Symbolbild Religionsunterricht / © Friso Gentsch (dpa)
Symbolbild Religionsunterricht / © Friso Gentsch ( dpa )

DOMRADIO.DE: In dem Papier heißt es außerdem: "Die Bischöfe fordern eine Konzentration auf die zentralen Inhalte des christlichen Glaubens." Was bedeutet das? Und was genau wünschen sich die Bischöfe damit für den künftigen Religionsunterricht?

Verhülsdonk: Das bedeutet im Grunde zweierlei. Zum einen lebt der Religionsunterricht von den großen Fragen der Kinder, den Fragen nach dem Woher und Wohin des menschlichen Lebens, nach dem Sinn des Lebens, letztlich auch der Frage nach Gott.

Und die stellt sich sehr konkret in alltäglichen Situationen, aber sicher auch durch alles das, was Kinder etwa durch Medien mitkriegen und was sie hören, was sie sehen, wie den Krieg gegen die Ukraine, das Erdbeben in der südlichen Türkei und im nördlichen Syrien.

Zweitens reden wir nicht nur über Fragen, sondern wir versuchen auch, die Perspektive des Glaubens anzubieten, also die Antworten des christlichen Glaubens anzubieten. So heißt auch die Erklärung der deutschen Bischöfe.

Weniger zu wollen heißt, im Unterricht mehr zu bewirken. Wir wollen nicht einfach Wissen vermitteln. Vielmehr ist der Religionsunterricht ein kompetenzorientierter Unterricht. Das heißt, wir möchten, dass Schülerinnen und Schüler lernen, religiöse Fragen zu erkennen und mit diesen Fragen umzugehen.

Dazu braucht man Zeit. Dazu braucht man auch die Möglichkeit, Dinge noch einmal zu wiederholen und einzuüben. Das alles geschieht in einem Fach, das maximal zwei Stunden pro Woche umfasst.

DOMRADIO.DE: Sie fordern gewissermaßen eine Entschlackung der Lehrpläne und mehr Grundlagen. Sicherlich auch, weil weniger Kinder heute noch gut über den christlichen Glauben Bescheid wissen. Oder wie begründen die Bischöfe sonst diese Profilstärkung?

Andreas Verhülsdonk (Kommission für Erziehung und Schule der Deutschen Bischofskonferenz)

"Die meisten Kinder, die am Religionsunterricht in der Grundschule teilnehmen, haben keine intensive religiöse Sozialisation hinter sich"

Verhülsdonk: Ganz genau. Die Lernvoraussetzungen der Kinder, die in die Grundschule kommen, haben sich verändert. Das muss man ganz nüchtern zur Kenntnis nehmen. Die meisten Kinder, die am Religionsunterricht in der Grundschule teilnehmen, haben keine intensive religiöse Sozialisation hinter sich.

Das bedeutet aber auch eine Chance für den Religionsunterricht, weil er sich vielleicht stärker noch als früher den Fragen der Kinder widmen kann und aufzeigen kann, worin die Relevanz des christlichen Glaubens für die Kinder und sicher auch darüber hinaus für unsere Welt heute besteht. Das ist ja die zentrale Aufgabe von Religionsunterricht.

DOMRADIO.DE: Dieses Papier, diese Erklärung ist noch kein konkreter Beschluss, sondern ein geäußerter Wunsch der Bischöfe. Wie kann der denn von der Politik in Lehrplänen zukünftig berücksichtigt werden und dann auch in den Schulen ankommen?

Verhülsdonk: Wir sind auf der Ebene der Bischofskonferenz gerade dabei, solche konkreteren Leitlinien, solche Bildungsstandards für den katholischen Religionsunterricht zu entwerfen. Da versuchen wir genau das umzusetzen: eine Reduktion der Stofffülle, eine stärkere Konzentration auf zentrale Glaubensinhalte, eine noch stärkere Kompetenzorientierung des Unterrichts.

Das ist eine Leitlinie für die Entwicklung von Lehrplänen in den Ländern. Denn letztlich sind die Diözesen und Landeskirchen in den einzelnen Bundesländern für die jeweiligen Lehrpläne verantwortlich.

Das Interview führt Elena Hong

Quelle:
DR