Die Bühne war an diesem Donnerstagabend im Saal der Katholischen Hochschulgemeinde Köln bereitet. Vier Kölner Direktkandidaten, die sich um Mandate für den kommenden deutschen Bundestag bewerben, sowie Moderator Gregor Taxacher hatten auf dem Podium Platz genommen. Rund 200 Menschen lauschten den folgenden Debatten.
Und in einer Sache waren sich alle Kölner Kandidaten dann auch einig: christliche Werte haben für sie eine große Bedeutung. Auf die Frage, welche Rolle das christliche Menschenbild in ihrer Politik spielt, antwortete Renan Demirkan (SPD): "Es spielt dieselbe Rolle, wie in der romanistischen Politik, wie in der Menschenrechtsfrage: Der Mensch ist ein Mensch, ist ein Mensch." Auch Daniel Otte (CDU) sagte: "Ich werde als Abgeordneter des deutschen Bundestages alles dafür tun, dass Politik weiterhin nach dem christlichen Menschenbild gemacht wird, weil es auf den Einzelnen ankommt."
Obwohl Gerd Kaspar (FDP) einräumte, dass er nicht mehr Mitglied der Kirche ist, sagt er: "Ich bin allerdings mit den christlichen Werten aufgewachsen. Sie sind ein Leitbild für mich." Und Sven Lehmann (Die Grünen), der den Kölner Wahlkreis II in der aktuellen Legislaturperiode im Bundestag vertritt, antwortet auf die Frage: "Für mich ist entscheidend: Die Würde des Menschen ist unantastbar, das steht nicht nur im Grundgesetz, sondern ist auch die Basis des christlichen Menschenbildes und sie gilt für alle Menschen."
Bei den anderen politischen Themen des Abends wurde der Ton unter den Kandidaten schärfer. Diskutiert wurde über den Umgang mit der AfD und die Bereiche Migration, Wohnen, Wirtschaft und Klima. Diese Schwerpunktthemen wurden vom Arbeitskreis "Kirche und Gesellschaft" des Seelsorgebereichs Sülz-Klettenberg gesetzt. Er war zusammen mit dem Katholischen Bildungswerk, der Katholischen Hochschulgemeinde und dem BDKJ Köln Veranstalter dieser Diskussionsrunde.
Zum Auftakt des Abends erklärte Moderator Gregor Taxacher, dass im Vorfeld der Veranstaltung viel darüber diskutiert wurde, wer bei dieser Diskussionsrunde vertreten ist und wer nicht. "Wir waren da pragmatisch. Es wurden die Kandidaten eingeladen, die bei der letzten Wahl in diesem Wahlkreis mehr als fünf Prozent erreicht haben." Die AfD lag bei unter drei Prozent und wurde deshalb nicht berücksichtigt. Aber Taxacher legte noch einen nach: "Außerdem sehen wir uns nicht in der Rolle, dieser Partei eine Bühne zu geben."
Und doch musste über diese umstrittene Partei gesprochen werden. Wie wollen die Kölner Kandidaten mit der AfD umgehen? Für Kaspar gibt es da nur eine Lösung: "Wir müssen die rechten Parteien kleinkriegen. Das geht nur, wenn wir die Probleme, die diese Partei anspricht, kleinkriegen." Lehmann und Demirkan kritisierten vor allem den CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz und die Abstimmungen der vergangenen Woche. "Was letzte Woche passiert ist, ist Verrat an der Demokratie", sagte Demirkan. Otte entgegnete, dass es im Vorfeld der Abstimmung Gespräche mit den Grünen und der SPD gegeben hatte. "Es wäre ein starkes Zeichen, wenn die demokratischen Parteien geschlossen für die Anträge abgestimmt hätten."
Hitzig wurde es auch bei dem Thema Wirtschaft und Klima. Streitpunkt war vor allem das Thema Atomenergie. Während Lehmann den Ausstieg aus der Atomenergie als Erfolg des Grünen-Wirtschaftsministers Habeck verbuchte, äußerte Otte Zweifel. "Ich habe nichts gegen erneuerbare Energien. Aber ich habe die Sorge, dass sie nicht ausreichen, weil der Energiebedarf immer weiter steigt." Er begründete diesen Anstieg vor allem mit dem Stichwort "Künstliche Intelligenz".
Auch Demirkan hatte eine klare Haltung: "Kernkraft ist sicher die schlechteste Idee, weil sie die gefährlichste Art [der Energiegewinnung] ist. Sie belastet die Welt mit ihrem Müll." Kaspar hielt sich aus der Diskussion um Atomenergie weitestgehend raus. Er ging beim Thema Wirtschaft und Klima vor allem auf den Emissionshandel ein, wobei er bei einer Rückfrage aus dem Publikum gestehen musste, dass er die Emissionsbörse nicht im Detail erklären kann. "Aber sie funktioniert", sagte er.
Eine weitere Frage aus dem Publikum richtete sich an Otte. Wie steht er zu der Reform von Paragraf 218 zum Schwangerschaftsabbruch? "Es handelt sich um einen mühsam ausgehandelten Kompromiss zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Frau und dem Recht des ungeborenen Lebens, der dem Verfassungsrecht zweimal standgehalten hat", sagte er. Ein guter Kompromiss tue beiden Seiten weh, so Otte. Anfassen wolle er diesen Kompromiss also lieber nicht, weil er keinen Kulturkampf riskieren wolle. Obwohl die Frage nicht an Lehmann gerichtet war, schaltete er sich ein: "Frauen sollten selber über ihren Körper bestimmen. Überhaupt sehe ich keine Gefahr vor einem Kulturkampf. 80 Prozent der Deutschen sind dafür, dass Paragraf 218 gestrichen wird."
Die letzte Frage des Abends stellte den Wahlkreis Köln in den Mittelpunkt. Was wollen die Kandidaten konkret für ihr Veedel tun? Otter versprach, den ÖPNV (Öffentlichen Personennahverkehr) voranzubringen. "Randgebiete sollen besser angebunden werden", sagte er. Demirkan möchte sich vor allem für alleinerziehende Mütter und Obdachlose stark machen. Lehman verwies darauf, dass er zusammen mit anderen Abgeordneten des deutschen Bundestages eine starke Lobby für Köln aufgebaut habe. Er möchte weiterhin Gelder für Schulen, Kultur und Infrastruktur in seine Heimat bringen. In die gleiche Richtung gingen Kaspars Vorstellungen. "Wir müssen den Bayern Fördermittel wegnehmen und sie nach Köln bringen", sagte er und lachte.
Zum Abschluss des Abends fand Benjamin Heidkamp, Vorstandsmitglied des BDKJ Stadtverbands Köln, noch ein paar mutmachende Worte. Er habe die Erfahrung gemacht, dass alle Kölner Ratsfraktionen zusammengearbeitet haben, um Lösungen für das soziale Haushaltsloch zu finden. Das zeigt, dass "die politische Mitte tragfähige Konsense erreichen kann. Wenn wir das in der Stadt Köln hinkriegen, dann glaube ich, können wir auch ein bisschen hoffnungsvoller auf diese Bundestagswahl schauen."