Orthodoxe Christen feiern Große Wasserweihe am Rhein

Segen für die Lebensader der Domstadt

Dutzende Menschen stehen am Rheinufer und schauen zu, wie Erzpriester Miron ein Kreuz in den Fluss wirft. Für die orthodoxe Kirche ist die Große Wasserweihe ein besonderes Fest - mit viel Segen für Land und Leute.

Autor/in:
Annika Schmitz
Erzpriester Radu Constantin Miron segnet den Rhein. / © Harald Oppitz (KNA)
Erzpriester Radu Constantin Miron segnet den Rhein. / © Harald Oppitz ( KNA )

Das Glockengeläut des Kölner Doms zum Dreikönigsfest ist noch nicht lange verhallt, da schreitet Erzpriester Radu Constantin Miron auf der anderen Rheinseite langsam gen Fluss. Neben dem Leiter der griechisch-orthodoxen Gemeinde geht der katholische Stadtdechant Robert Kleine. Denn wenn der Rhein gesegnet wird, dann geschieht dies in ökumenischer Verbundenheit - schließlich blicken sich auch die katholische Kathedrale und die orthodoxe Kirche Alt Sankt Heribert von den gegenüberliegenden Ufern des Flusses aus an.

Segnung bei Hochwasser

"Dieses Jahr ist der Weg nicht so lang, der Rhein ist uns etwas entgegengekommen", schmunzelte der Erzpriester noch wenige Minuten vorher. Der Fluss ist an diesem Tag gut gefüllt, an der Promenade warnen Absperrungen bereits vor Hochwasser. Am Ufer dann stellt sich die Gemeinde im Halbkreis um ihren Leiter. Der hat den Rhein noch im Rücken. Es wird gebetet und gesungen - und jener Bibeltext vorgetragen, der von der Taufe Jesu im Jordan berichtet.

Dann erst beginnt das kurze Spektakel, auf das Gläubige und Medienvertreter warten. Erzpriester Miron greift zu dem Holzkreuz, das an ein langes Seil geknotet ist, und taucht es zuerst in einen silbernen Behälter mit geweihtem Wasser. Dann dreht er sich zum Fluss um und wirft das Kreuz in den Rhein. Nachdem er es wieder aus dem kalten Nass gezogen hat, wiederholt er den Vorgang noch zweimal: Nun ist der breite Strom gesegnet - und mit ihm symbolisch alle Gewässer und die gesamte Schöpfung. Zudem soll das Ritual an die Verpflichtung jedes Christen erinnern, sich für den Schutz der Umwelt einzusetzen.

Dass das Kreuz an einem Seil herausgezogen wird, ist eher ungewöhnlich. Die Große Wasserweihe kam von Jerusalem über Konstantinopel (Istanbul) nach Osteuropa. In Konstantinopel und in Moskau wird das Kreuz im Wasser versenkt. Dann tauchen junge Leute danach - und der Finder überreicht es dem Patriarchen.

Flusssegnungen in Europa verbreitet

Mittlerweile sind auch im Westen Europas Flusssegnungen zu einem beliebten Brauch geworden. In Hamburg etwa taucht ein Bischof von einem Schiff aus ein Kreuz dreimal ins Wasser und segnet damit die Elbe - wenn nicht gerade Corona ist. Die Hamburger Gemeinde hat die Wasserweihe in diesem Jahr zum zweiten Mal wegen der Pandemie abgesagt.

Mancher Kalender führt den 6. Januar als Epiphanias auf, andere in der deutschen Übersetzung: Erscheinung des Herrn. Gerade im Rheinland ist er aber vor allem als "Dreikönige" bekannt - kein Wunder, werden in Köln doch die Gebeine der Heiligen Drei Könige verehrt. Die griechisch-orthodoxe Kirche gedenkt an diesem Fest jedoch der Taufe Jesu - ein Festtag von hoher Bedeutung.

"Für mich ist das heute eines der wichtigsten Feste der Orthodoxie, denn wir feiern die Theophanie, also die Offenbarung Gottes als Dreifaltigkeit bei der Taufe Jesu Christi durch Johannes im Jordan", sagt Gemeindemitglied Maria Despina Fotiadou. Dass dieses Fest samt der Rheinsegnung begangen wird, ist ihr wichtig. "Es ist nicht immer leicht, die eigene Tradition zu wahren, wenn man in der Minderheit ist", erklärt sie.

Jesus-Ikone und geweihtes Wasser für zu Hause

Die Rheinsegnung zieht natürlich Aufmerksamkeit auf sich. Für die orthodoxen Christen ist jedoch der Gottesdienst, der vorher stattfand, nicht minder wichtig. An diesem hohen Feiertag ist die Kirche voll. In Alt Sankt Heribert steht auch eine besondere Ikone bereit. Noch bevor die Gemeindemitglieder auf ihre Sitzplätze gehen, laufen sie an jenem Heiligenbild vorbei, das die Taufe Jesu zeigt. Viele der Menschen hier küssen die Ikone durch ihre Maske, eine Mitarbeiterin desinfiziert immer wieder das Glas. Nur einmal im Jahr ist das Bildnis zu sehen.

Und noch eine kleine Besonderheit wartet nach der Rheinsegnung auf all die, die noch einmal in die Kirche zurückkehren. In mitgebrachten Flaschen und manch einer Tupperdose wird das geweihte Wasser abgefüllt und mit nach Hause genommen. Dort kommt es dann erneut zum Einsatz - und statt des Rheins werden dann Wohnungen und alles, was den Menschen lieb und teuer ist, gesegnet.


Quelle:
KNA