Schweizer Seelsorgende kritisieren Missio-Politik der Kirche

"Wir sind desillusioniert!"

Insgesamt 50 Seelsorgende in der Schweiz haben in einem Offenen Brief die Missio-Politik der Bistümer und einen Reformstau in der katholischen Kirche kritisiert. Anlass für den Brief ist die Kündigung einer Krankenhausseelsorgerin.

Krankenhausseelsorge / © Werner Krüper (epd)
Krankenhausseelsorge / © Werner Krüper ( epd )

"Wir sind traurig! Wir sind desillusioniert! Wir sind zerrissen!", heißt es in dem Schreiben, das das Schweizer Portal kath.ch am Samstag veröffentlichte.

Joseph Bonnemain (Katholische Kirche im Kanton Zürich)

Anlass für den Offenen Brief ist die Kündigung der Krankenhausseelsorgerin Veronika Jehle. Die ehemalige "Wort zum Sonntag"-Sprecherin hatte im Herbst dem Bischof von Chur, Joseph Bonnemain, einen Brief geschrieben.

Darin teilte sie ihm mit, nicht weiter mit einer bischöflichen Beauftragung arbeiten zu wollen, der sogenannten Missio canonica, die insbesondere für katholische Seelsorger und Lehrende erteilt wird.

Kritik an Anstellungsbedingungen

Jehle begründete ihren Schritt mit diskriminierenden Anstellungsbedingungen. So müssten kirchliche Mitarbeitende, die queer oder geschieden sind und ein zweites Mal heiraten wollen, um ihre Stelle bangen.

Dies führt aus Sicht von Kritikern zu einer als willkürlich empfundenen Missio-Politik.

Missio Canonica

Die Missio canonica ist in der römisch-katholischen Kirche die Beauftragung mit Verkündigungs- und Lehraufgaben; spezifisch insbesondere zum einen der Seelsorgeauftrag für einen Priester, zum anderen die Erlaubnis zur Lehrbeauftragung als katholischer Religionslehrer an Schulen oder als Hochschullehrer an theologischen Fakultäten.

Erzbistum Hamburg beteiligt sich an Unterricht für alle Religionen / © Friso Gentsch (dpa)
Erzbistum Hamburg beteiligt sich an Unterricht für alle Religionen / © Friso Gentsch ( dpa )

In dem Offenen Brief solidarisieren sich 50 Seelsorgende mit Jehle. Ihre Kündigung lasse sie nicht kalt. Die Seelsorgenden fordern ein Ende eines Reformstaus: Sie wollten ihre Kraft nicht mehr "mit dem Rennen gegen die Wand der Institution Kirche" verschwenden oder "mit demütigenden Gesprächsrunden".

Bistumssprecher: "Grund für Optimismus"

Der Sprecher des Bistums Basel, des größten Schweizer Bistums, sagte am Samstag kath.ch: "Es ist schmerzhaft, wenn junge Talente der Kirche beruflich den Rücken kehren, weil sie offenbar den Glauben an deren Entwicklung verloren haben. Wenn wir jedoch die Vergangenheit loslassen und sehen, wie sich die Kirche gerade im weltweiten synodalen Prozess auf vielen Ebenen neuorientiert, gibt es durchaus Grund für Optimismus", sagte Hansruedi Huber.

Bischof Bonnemain wollte Jehles Schritt nicht öffentlich kommentieren. "Jede und jeder, die oder der mit einer Missio die Frohbotschaft verkündet, muss den Willen haben, kohärent mit dieser Frohbotschaft sein Leben zu gestalten", sagte er unlängst.

Kirchliches Arbeitsrecht

Die arbeitsrechtlichen Bedingungen für die weit über eine Million Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirchen und ihrer
Wohlfahrtsverbände unterscheiden sich erheblich von den für andere Arbeitnehmer geltenden Bestimmungen. Grundlage dafür ist das Grundgesetz, das den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ein weitgehendes Selbstverwaltungs- und Selbstbestimmungsrecht einräumt.

Kirchliches Arbeitsrecht / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Kirchliches Arbeitsrecht / © Elisabeth Schomaker ( KNA )
Quelle:
KNA
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