Schwedisches Königspaar besuchte Berliner Flüchtlingsprojekt

Königin mit Papierkrone und Micky Maus

Das Berliner Flüchtlingsprojekt "Refugio" ist noch einzigartig - zum Leidwesen seiner Gründer. Sie hoffen, dass ihre Idee des Zusammenlebens mit Flüchtlingen bald auch anderswo Schule macht und setzen seit Freitag auf royalen Rückenwind.

Autor/in:
Corinna Buschow
Wer ist hier die Königin? / © Adam Berry (dpa)
Wer ist hier die Königin? / © Adam Berry ( dpa )

Dass ihr Bild heute noch eine Königin schmücken wird, daran denkt Fatima wohl gerade nicht. Die Sechsjährige aus Syrien, die vor gut einem halben Jahr nach Berlin kam, malt im Saal des Berliner Flüchtlingsprojekts "Refugio" ein Abbild ihrer selbst: ein Mädchen mit schwarzen Zöpfen und einer Micky Maus auf dem Pulli.

Königin neben Fatima

Um sie herum herrscht helle Aufregung: Der schwedische König Carl Gustav und seine Frau Silvia kommen gleich zu Besuch. Eine halbe Stunde später sitzt dann die Königin neben Fatima. Sie scherzen miteinander und Fatima bindet ihr Bild an eine Schnur und hängt es Silvia um den Hals.

Seit Mittwoch sind die Staatsgäste aus Schweden in Deutschland, trafen Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Am Freitag besuchten sie Kultur- und Ehrenamtsprojekte, darunter das "Refugio". Es ist ein sogenanntes Sharehouse, in dem Flüchtlinge und Einheimische miteinander leben, sich zum Engagement verpflichten und sich vor allem gegenseitig unterstützen.

Bewohner helfen Asylbewerbern bei Behördengängen, Flüchtlinge helfen in der Obdachlosenhilfe, manche haben eine Arbeit gefunden. "Hier wird Integration gemacht", fasst es Joachim Lenz zusammen. Er ist Vorstand der zur Diakonie gehörenden Berliner Stadtmission, die "Refugio" ins Leben rief. "Ein Leuchtturmprojekt", sagt Lenz.

Zehn Nationen im Wohnprojekt

Die Idee dazu hatte der heutige Hausleiter Sven Lager, der mit seiner Frau im Sharehouse wohnt. Seine Mutter ist Schwedin, die Königin trifft er dennoch in Deutschland zum ersten Mal. Er trägt Jackett zu Jeans und Turnschuhen. Lager ruft Patricio aus Kroatien zwinkernd zu, er solle sein Zimmer für die Königin mal lieber noch aufräumen, dann hält auch schon die Limousine des Königspaars unter neugierigen Blicken auf der Straße vor dem "Refugio".

Lager begrüßt die besonderen Gäste auf Schwedisch. 40 Bewohner hat sein Haus derzeit, rund die Hälfte davon sind Flüchtlinge. Zehn Nationen sind im Wohnprojekt vertreten, darunter Somalier, Palästinenser, Afghanen, Engländer, Deutsche und eben auch Schweden.

Lager wünscht sich, dass seine Idee bundesweit, wenn nicht international Schule macht. Interesse gibt es, seit das "Refugio" im Juli 2015 eröffnete, erzählt er. Nur umgesetzt habe die Idee noch kein weiterer. Sein Anliegen bringt er auch der Königin vor. "Wir wünschen uns, dass andere die Idee übernehmen", sagt er. Silvia nickt zustimmend. Vielleicht hilft die royale Unterstützung bei einem Projekt in Schweden. Lager würde sich freuen.

Gespräche mit Unterstützern

Das Königspaar setzt sich im "Refugio" zu den malenden und bastelnden Kindern, herzt eines der Neugeborenen, das als "Refugio"-Bewohner zur Welt kam und redet hinter verschlossenen Türen mit Freiwilligen, die als Helfer und Dolmetscher das Projekt unterstützen.

Nach 45 Minuten ist der Besuch schon wieder vorbei. Carl Gustav und Silvia wollen gerade zum Abschiedsgruß anheben, da schummelt sich noch einmal Fatima dazwischen. Ihr Bild von dem Mädchen mit der Micky Maus hängt der Königin noch immer um den Hals, jetzt kommt noch eine selbst gebastelte Papier-Krone dazu. Auch die setzt Silvia lachend auf. Und verschwindet dann so schnell wie sie gekommen ist zum nächsten Termin.


Silvia und Carl Gustav von Schweden / © Adam Berry (dpa)
Silvia und Carl Gustav von Schweden / © Adam Berry ( dpa )
Quelle:
epd