Schubert und sein Verhältnis zur Katholischen Kirche

Schubert, der Kirchenrevoluzzer?

Am Montag jährte sich der Geburtstag von Franz Schubert zum 225. Mal. Neben seinen Liederzyklen, Klavierwerken und Sinfonien schrieb der Wiener auch viele geistliche Werke. Sein Verhältnis zum Klerus der Zeit war aber wohl belastet.

Autor/in:
Mathias Peter
Statue von Franz Schubert im Wiener Stadtpark / © Karl Allen Lugmayer (shutterstock)
Statue von Franz Schubert im Wiener Stadtpark / © Karl Allen Lugmayer ( shutterstock )

Franz Schubert gilt als enorm wichtiger Vertreter der Frühromantik. Mit seinen Liederzyklen wie "Die schöne Müllerin" oder "Winterreise" fasziniert er das Publikum bis heute, auch seine Werke fürs Klavier und die Sinfonien sind unvergessen. Dazu schrieb er einiges an Kirchenmusik.

Neben dem berühmte "Ave Maria" und der "Deutschen Messe"  ist besonders seine Es-Dur-Messe  sehr beliebt. Sie gehört mit der Messvertonung in As-Dur zu den beiden letzten Messen, die er vor seinem frühen Tod mit 31 Jahren schrieb. Die Es-Dur-Messe ist seine längste Vertonung der fünf Messteile, dazu ist auch die Besetzung mit fünf Gesangssolisten, Chor und großem Orchester sehr umfangreich. Außerdem war sie sozusagen eine bürgerliche Messe, denn Schubert schrieb sie nicht für eine Kathedrale oder einen Fürstenhof, sondern für eine Kirchengemeinde und dem dortigen Kirchenchor in einem Ortsteil in Wien.

"Bürgerliche" Aufführungen der Messen

Anfang des 19. Jahrhunderts waren in vielen Pfarrkirchen sogenannte Kirchenmusikvereine entstanden, die aus bürgerlichen Laienmusikern bestanden. Das musikalische Niveau muss angesichts des Schwierigkeitsgrades der Es-Dur Messe Schuberts mehr als beachtlich gewesen sein. Wenige Jahrzehnte zuvor wurden solche umfangreichen Messkompositionen praktisch nur an Kathedralen und Höfen aufgeführt. Wolfgang Amadeus Mozart zum Beispiel schrieb fast alle Messen für den Salzburger Hof, Joseph Haydn komponierte geistliche Wekre ebenfalls für den Gebrauch beim Hof des Fürsten Esterhazy.

Franz Schuberts Verhältnis zur Katholischen Kirche war ambivalent. Einerseits komponierte er zeitlebens geistliche Werke, meistens für den liturgischen Einsatz. Als Kind wurde er 1808 als Sängerknabe in die Wiener Hofmusikkapelle und in das kaiserliche Konvikt aufgenommen. Dort erhielt er einen sehr guten musikalischen Unterricht und sang regelmäßig in Gottesdiensten.

Kritik am "rohen Büffel"

Dadurch lernte er auch die Tradition süddeutsch-österreichischer Kirchenmusik bestens kennen. Niemand geringeres als Antonio Salieri, der bis heute bisweilen als Giftmörder Mozarts dargestellt wird, war als Kapellmeister der kaiserlichen Hofmusikkapelle ein sehr wichtiger Lehrer für Schubert.

Probleme mit einzelnen Geistlichen scheint Schubert allerdings durchaus gehabt zu haben. 1818 etwa äußerte er sich abfällig über das Niveau von Predigten, die er gehört hatte. "Roh wie ein Büffel", so bezeichnete er den entsprechenden Kleriker.

Als weiteres Indiz seiner Distanz zur Institution werden die Text-Auslassungen in seinen Messvertonungen angesehen, denn im Gloria und Credo fehlen oft ganze Zeilen. Doch hier gehen die Meinungen auseinander.

Textauslassung aus Versehen oder Kalkül?

Einige Musikwissenschaftler sagen, das sei in der Zeit durchaus üblich gewesen oder schlicht einer gewissen Schlamperei geschuldet. Als Beispiel wird der sehr kirchennahe Anton Bruckner angeführt, der in einer frühen Messvertonung auch Textteile wegließ, ohne dass das wirklich inhaltliche Gründe zu haben schien. Bei Schubert ist es etwas komplizierter. Einerseits stammte er aus einer Lehrerfamilie und hatte eine gute Ausbildung genossen – Mangel an Lateinkenntnissen oder Vergesslichkeit scheinen als Gründe auszuscheiden. Zudem ließ er Passagen weg, bei denen es gut denkbar ist, dass er damit Probleme hatte, etwa wenn es um die katholische und apostolische Kirche und die Erwartung an die Auferstehung der Toten geht. Von der Kirche oder kirchlichen Einrichtungen bekam er dennoch ab und zu Kompositionsaufträge, die er auch erfüllte. Und auch seine letzte Messe in Es-Dur komponiert er mit großer Kunst – und zugleich fehlen Passagen im Gloria und dem Credo.

Man kann mit Sicherheit sagen, dass Schubert einerseits sehr katholisch geprägt war, aber auch mit großem Selbstbewusstsein Kleriker und die Kirche insgesamt kritisierte, wenn er dies für nötig hielt. So oder so steht seine Es-Dur-Messe in der Tradition der Messvertonungen von Haydn, Mozart und Beethoven und hat dennoch einen ganz eigenen Tonfall und zeigt Schuberts ganzen Einfallsreichtum.

In der Sendung "Musica" erklingen ab 20 Uhr die Es-Dur-Messe, ein Ausschnitt aus dem Liederzyklus "Schwanengesang" und Kammermusik von Franz Schubert.

Quelle:
DR