Schöpfungsbeauftragter rät zum Energiesparen

Frieren für den Frieden?

Lieber frieren, statt Putins Krieg zu finanzieren? Das funktioniert nicht wirklich. Wie und warum man beim Heizen trotzdem einsparen sollte, erklärt Christian Weingarten, Leiter der Abteilung Schöpfungsverantwortung im Erzbistum Köln.

Ein junge Mann auf dem Sofa friert zu Hause. / © vchal (shutterstock)
Ein junge Mann auf dem Sofa friert zu Hause. / © vchal ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Keiner friert gerne, aber so ein bisschen könnte vielleicht jeder an seinem Thermostat drehen. Was wäre denn aus Ihrer Sicht verkraftbar?

Christian Weingarten, Leiter der Abteilung Schöpfungsverantwortung im Erzbistum Köln / © J.Rolfes (Erzbistum Köln Presse)
Christian Weingarten, Leiter der Abteilung Schöpfungsverantwortung im Erzbistum Köln / © J.Rolfes ( Erzbistum Köln Presse )

Dr. Christian Weingarten (dem Leiter der Abteilung Schöpfungsverantwortung im Erzbistum Köln): Zum Beispiel im Schlafzimmer weniger zu heizen, wo ich nachts nur schlafe. Ich glaube, da brauchen wir alle keine 20 Grad, sondern es reichen vielleicht 15 Grad aus. Wenn ich dann noch die Tür zu habe, kommt vielleicht auch nicht so viel Kälte in den Flur oder ins Wohnzimmer, wo wir vielleicht aber auch keine 22 Grad brauchen, sondern vielleicht nur 20 Grad. Jedes Grad, den wir weniger heizen, spart ungefähr acht Prozent Energie ein. Das ist eine ganze Menge.

DOMRADIO.DE: Sind wir denn in unseren Wohnungen der entscheidende Energiefaktor oder ist es eher die chemische Industrie?

Dr. Christin Weingarten (Schöpfungsbeauftrager im Erzbistum Köln)

"Jeder Grad, den wir weniger heizen, spart ungefähr 8 Prozent Energie ein."

Weingarten: Die Industrie hat natürlich einen ganz großen Anteil. Aber ich bin kein Freund davon zu sagen, dass unser kleiner Anteil nicht relevant ist, denn wir sind ganz, ganz viele Menschen. Wir sind ganz viele Wohnungen. Auch ganz viele kleine Anteile haben zusammen einen großen Anteil. Ich finde es wichtig, dass jeder und jede guckt: Wo kann ich selbst ein wenig Energie einsparen? Sodass vielleicht weniger Geld an Energiekonzerne fließt, bei denen wir das im Moment eher kritisch sehen.

DOMRADIO.DE: Das heißt, Sie würden sagen, es bringt schon bei jedem Einzelnen etwas, da bewusster heranzugehen?

Weingarten: Auf jeden Fall! Nicht nur für den eigenen Geldbeutel, weil jede eingesparte Energie auch eingespartes Geld ist, sondern wenn wir da zusammen viel einsparen, werden wir unabhängiger von russischem Gas.

DOMRADIO.DE: Gehen wir mal weg von den Privatwohnungen. Kirchen, Pfarrsäle, Kitas - überall laufen die Heizungen. Ließe sich da auch was gegensteuern?

Weingarten: Auf jeden Fall. Vor allen Dingen in großen sakralen Gebäuden und in Kirchen, wo die Energiemenge enorm ist, weil die Gebäude so groß sind. Da kann ich mich fragen: Brauche ich für den Gottesdienst am Sonntag 18 Grad, damit ich meine Jacke aussehen kann? Oder reichen vielleicht zwölf oder sogar zehn Grad für die Dreiviertelstunde des Gottesdienstes aus, wo ich mich dann trotzdem warm fühle, weil ich einfach eine gute Jacke dabei habe?

DOMRADIO.DE: In der Osternacht also lieber eine Jacke mehr anziehen als die Warmluft-Heizung für moderate Temperaturen in der Kirche anschmeißen?

Weingarten: Auf jeden Fall, vielleicht noch einen Schal und im schlimmsten Fall Handschuhe. Dieses Jahr ist Ostern erst Mitte April und dann hoffe ich, dass es bis dahin ein bisschen wärmer ist, sodass die Heizungen dann überhaupt nicht mehr laufen müssen.

DOMRADIO.DE: Die Politik diskutiert momentan darüber, die Gasimporte aus Russland komplett zu kappen. Aber wenn wir den Gas-, Öl- und Kohleverbrauch "nur" reduzieren, merkt man davon überhaupt etwas in Russland?

Weingarten: Wir bezahlen ja für Öl und Gas. Das heißt, es kommt auf jeden Fall weniger Geld in Russland an. Das wird zumindest in kleinen Bereich zu spüren sein. Aber ich glaube andere Alternativen zu schaffen - zum Beispiel durch Photovoltaik, über Windkrafträder - wird eine riesige Herausforderung. Ich glaube, die können wir schaffen. Aber dann müssen wir viel offener für diese Technologien werden. 

DOMRADIO.DE: Ein geringerer Energieverbrauch hat auch noch andere positive Nebeneffekte. Was bedeutet das für unsere Umwelt?

Dr. Christin Weingarten (Schöpfungsbeauftrager im Erzbistum Köln)

"Wir wollen als Erzbistum Köln bis 2030 klimaneutral werden."

Weingarten: Gas und vor allem Öl sind CO2-intensive Brennstoffe, also fossile Brennstoffe. Auch da gäbe es einen großen Vorteil. Wir wollen in Deutschland ja klimaneutral werden. Wir wollen als Erzbistum Köln bis 2030 klimaneutral werden. Das heißt, wir wollen sowieso weg von diesen Brennstoffen. Meine Hoffnung ist, dass das Ganze jetzt noch ein bisschen beschleunigt wird.

Wir wollen also das Klima schützen und in Europa den Frieden wieder bekommen. Diese zwei Aspekte sollten für uns so große Motivationsfaktoren sein, dass wir uns im Privatbereich überlegen: Warum schaffen wir uns nicht eine Photovoltaikanlage an? oder heizen weniger? oder heizen mit erneuerbaren Energien? Und das Gleiche auch in den Kirchengemeinden: Wie können wir schnellstmöglich aus fossilen Brennstoffen aussteigen?

Das Interview führte Michelle Olion.

Daten und Fakten zum Klimawandel und seinen Folgen

Mehr als 20.000 Teilnehmer aus rund 200 Ländern werden noch bis Freitag darüber beraten, wie sich der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur begrenzen lässt. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) hat einige Daten und Fakten zum Klimawandel und seinen Folgen zusammengetragen:

- Derzeit sind die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer für rund 80 Prozent des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes verantwortlich.

Symboldbild Klimawandel Klimakrise Klimaschutz Umweltschutz Erde Uhr 5 vor 12 / © Proxima Studio / xtock / Collage: DOMRADIO.DE (shutterstock)
Symboldbild Klimawandel Klimakrise Klimaschutz Umweltschutz Erde Uhr 5 vor 12 / © Proxima Studio / xtock / Collage: DOMRADIO.DE ( shutterstock )
Quelle:
DR