Schäuble macht Weg frei für islamischen Religionsunterricht

Keine Macht den Hasspredigern

In Berlin findet am Vormittag die dritte Islamkonferenz statt. Pünktlich dazu hat sich Bundesinnenminister Schäuble für islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen ausgesprochen.

Islamunterricht / © Marius Becker (dpa)
Islamunterricht / © Marius Becker ( dpa )

Das Grundgesetz verpflichte ihn zur Neutralität, so Schäuble in der Online-Ausgabe des "Stern". Das gelte auch für den Wunsch der Muslime nach Religionsunterricht. Voraussetzung ist allerding die Anerkennung als Religionsgemeinschaft. Und: Der islamische Religionsunterricht müsse auf Deutsch erfolgen.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) will mit islamischem Religionsunterricht an deutschen Schulen der Radikalisierung von jungen Muslimen entgegenwirken. "Wir gehen gegen Hassprediger mit allen Mitteln vor. Mit islamischem Religionsunterricht machen wir ihnen sozusagen Konkurrenz", sagte Schäuble der "sueddeutsche.de". Er sei zuversichtlich, dass der islamische Religionsunterricht zu einer Veränderung der Religionsausübung in den Moscheen führen werde.

Lehrpersonen gemeinsam ausbilden
Für den islamischen Religionsunterricht bräuchten die staatlichen Stellen allerdings einen Partner im Sinne einer anerkannten Religionsgemeinschaft, sagte der Minister. Die bestehenden muslimischen Verbände besäßen dafür nicht die Voraussetzung. Dies seien politische Zweckverbände. Es "wäre vermutlich gescheit, das wie in der evangelischen Kirche von unten her zu organisieren - zum Beispiel, in dem mehrere Moschee-Vereine sich organisieren". Ebenso müssten die "Lehrinhalte unter der Verantwortung des deutschen Staates stehen". Lehrpersonen müssten gemeinsam ausgebildet und bestimmt werden.

Schäuble sagte, der Fernsehproduzent Walid Nakschbandi stehe der Islamkonferenz nicht mehr voll zur Verfügung. Nakschbandi werde seine Arbeit in der Islamkonferenz aber nicht ganz aufgeben, sondern seiner Arbeitsgruppe erhalten bleiben. Zu den Gründen des Rückzugs wollte sich der Innenminister nicht äußern. "Ich weiß nicht, was Herrn Nakschbandi zu diesem Schritt bewegt hat", sagte er. Nakschbandis Nachfolger solle Nihat Sorgec werden, der Geschäftsführer eines Bildungswerks in Berlin-Kreuzberg und seit Bestehen der Islamkonferenz in der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Medien tätig sei.

Politiker Wolfgang Schäuble

Der CDU-Politiker Wolfgang Schäuble ist der dienstälteste Abgeordnete der deutschen Parlamentsgeschichte seit 1871. Im November 1972 wurde der gebürtige Freiburger im Wahlkreis Offenburg erstmals in den Bundestag gewählt. Seit fast 50 Jahren hat er ohne Unterbrechung das dortige Direktmandat inne. Am 18. September wird der promovierte Jurist, der neben Rechts- auch Wirtschaftswissenschaften studierte, 80 Jahre alt.

Wolfgang Schäuble (CDU) / © Kay Nietfeld (dpa)
Wolfgang Schäuble (CDU) / © Kay Nietfeld ( dpa )

Insgesamt habe man sich mit den muslimischen Teilnehmern der Konferenz darüber verständigt, unter welchen Voraussetzungen Religionsgemeinschaften anzuerkennen seien, sagte Schäuble. Dies sei Voraussetzung, «damit die Länder auch in der Lage sind, an staatlichen Schulen Islamunterricht als ordentliches Lehrfach einzuführen».

Bischof Huber befürwortet Islam-Unterricht
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) unterstützt den Vorstoß von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble
(CDU) für einen islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen. Der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, sagte der "Bild"-Zeitung, muslimische Schüler sollten Urteilsfähigkeit über ihre eigene Religion und Kenntnisse über andere Religionen erwerben.

Als Bedingung verlangte Huber, dass der islamische Religionsunterricht ein ordentliches Lehrfach unter Aufsicht des Staates sein müsse. Der Bischof verlangte zudem, dass der Unterricht in Deutsch und von in der Bundesrepublik ausgebildeten Lehrern erteilt werde. Bis dahin gelte es, noch «manche Hürde zu überwinden».

Auch Lehrerverband befürwortet islamischen Religionsunterricht
Auch der Lehrerverband Bildung und Erziehung (VBE) unterstützt den Vorstoß von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zum islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen. "Wie der christliche, so sollte auch der islamische Religionsunterricht zum Fächerkanon der Schulen gehören", erklärte der VBE-Vorsitzende in Nordrhein-Westfalen, Udo Beckmann, am Donnerstag in Dortmund.

Das Fach müsse in deutscher Sprache und von entsprechend ausgebildeten Lehrern unterrichtet werden, betonte Beckmann. Außerdem müsse der Unterricht wie jeder andere unter staatlicher Schulaufsicht stehen. Wenn "eine Art Staatsvertrag" zwischen islamischen Verbänden und der NRW-Landesregierung zustande komme, spreche nichts gegen regulären islamischen Religionsunterricht.

"Es können dann die gleichen Regeln gelten wie für den christlichen Religionsunterricht", sagte der Verbandsvorsitzende. Dazu gehöre, dass Eltern die Kinder vom Religionsunterricht abmelden könnten oder Jugendliche das ab dem 14. Lebensjahr selbst tun dürften. In Nordrhein-Westfalen wird Islamkunde in deutscher Sprache seit 1999 in einem zeitlich unbefristeten Versuch an 120 Schulen als eigenständiges Fach unterrichtet. Es ist ungeklärt, welche muslimischen Verbände als Ansprechpartner für das Land fungieren können.

Laschet: Aufholbedarf bei Integration
Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU) sieht bei der Integration von Muslimen in Deutschland noch Aufholbedarf. Deutschland habe «erst sehr spät damit begonnen, auszustrahlen, ihr seid hier willkommen", sagte Laschet im Deutschlandfunk. Es gebe seit 1961 Muslime in Deutschland, aber erst 2006 habe ein deutscher Innenminister gesagt: «Der Islam ist Teil der deutschen Gesellschaft." Zwar müsse sich auch die türkische Gemeinde in Deutschland stärker integrieren. Die Politik müsse jedoch ebenfalls stärker das Gefühl ausstrahlen: "Wir sind auch für Euch zuständig, wir nehmen Eure Sorgen ernst."

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