Der Dialog zwischen Staat und Islam tritt oft auf der Stelle - Treffen am Donnerstag

Islamkonferenz, die dritte

Am Donnerstag kommen die Teilnehmer der Islamn-Konferenz zum dritten Mal in großer Runde in Berlin zusammen und wollen Empfehlungen zur Gestaltung des Zusammenlebens vorlegen. Offene Fragen bei der Eingliederung des Islam in die deutsche Rechts- und Gesellschaftsordnung gibt es zuhauf. Integration, Extremismus, islamischer Religionsunterricht und Imam-Ausbildung werden langem diskutiert. Greifbare Fortschritte gab es bislang kaum.

Autor/in:
Andreas Gorzewski
 (DR)

Im September 2006 hatte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) erstmals Vertreter von Bund, Ländern und Gemeinden sowie Muslime eingeladen. Damals waren Arbeitsgruppen eingesetzt worden. Sie diskutieren seitdem über Gesellschaftsordnung und Werte, die rechtliche Eingliederung des Islam, Wirtschaft und Medien sowie Sicherheitsfragen.

Doch bislang tritt der Dialog zwischen Staat, Mehrheitsgesellschaft und Muslimen an vielen Punkten auf der Stelle. Dabei geht es unter anderem um politische und rechtliche Fragen. So wird in vielen Städten über Moscheebauten gestritten. In Köln, Berlin, Frankfurt und andernorts wird dieser Streit häufig mit den gleichen Argumenten ausgetragen.

Zudem müssen Gerichte immer wieder entscheiden, ob muslimische Lehrerinnen mit Kopftuch unterrichten dürfen. Einen islamischen Religionsunterricht, mit dem alle Beteiligten zufrieden wären, gibt es bislang nicht.

Offen ist weiter die Frage, wer für die rund 3,3 Millionen Muslime hierzulande sprechen darf. Der neue Koordinationsrat der Muslime vertritt zwar die großen Moscheeverbände, repräsentiert aber insgesamt nur eine Minderheit der Muslime. Deshalb lud Schäuble neben Verbandsfunktionären auch unabhängige Muslime zur Islamkonferenz.

«Dort sitzen Leute aus den muslimischen Verbänden mit ihren Kritikerinnen zusammen. Das sind spannende Diskussionen, denen sich jeder am Tisch stellen muss», sagte Schäuble in der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung».

Eine wichtige Rolle beim Dialog zwischen Staat und Muslimen spielt die Gefühlsebene. Oft erschweren atmosphärische Störungen das Gespräch. Als Schäuble Ende 2007 eine Islam-Studie vorlegte und vor einem «ernstzunehmenden islamistischen Rekrutierungspotenzial» warnte, fühlten sich viele Muslime pauschal unter Extremismusverdacht gestellt. Muslime stünden zu Demokratie und Rechtsstaat nicht wesentlich anders als Nichtmuslime, betonte Bekir Alboga, Sprecher des Koordinationsrates.

Thema der Islamkonferenz ist auch die Integration, obwohl es dafür den Integrationsgipfel gibt, der nicht nur auf den Islam beschränkt ist. Denn wie Muslime sich eingliedern sollten, ist umstritten. Das zeigte die Rede des türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan im Februar in Köln. Erdogan forderte die türkischstämmigen Migranten auf, Deutsch zu lernen, sich jedoch nicht völlig zu assimilieren.
Dafür erntete er Beifall vieler Türken und Kritik deutscher Politiker.

Ein Ergebnis der Konferenz ist das gewachsene Bewusstsein für den Islam hierzulande. «Die Deutsche Islamkonferenz hat dazu geführt, dass wir die Vielfalt islamischen Lebens in Deutschland sehen - da habe ich selbst viel dazugelernt», erklärte Schäuble. Auch Generalsekretär Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime sieht im Bewusstsein für die Vielschichtigkeit der offenen Fragen einen Fortschritt. Zugleich weist Mazyek daraufhin hin, dass es weiter emotionale Schützengräben auf muslimischer wie nicht-muslimischer Seiten gebe: «Das zu überwinden ist eine Herkulesaufgabe, die noch viele Jahre braucht.»

Die Teilnehmer der dritten Deutschen Islamkonferenz
Dreißig Vertreter des Staates, muslimischer Organisationen und nicht-organisierte Muslime werden zur dritten Deutschen Islamkonferenz an diesem Donnerstag (13. März) erwartet.
Geändert hat sich an der Zusammensetzung wenig. Bei der Konferenz im Mai 2007 war der Schriftsteller Feridun Zaimoglu von seinem Platz zurückgetreten, weil er ihn für eine konservative Muslima mit Kopftuch freigeben wollte. In diesem Jahr ist Zaimoglu laut der Teilnehmerliste des Bundesinnenministeriums wieder dabei.

Die kleinste Gruppe bilden die muslimischen Verbände mit fünf Vertretern. Bekir Alboga wird dabei als Vertreter der Türkisch Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) und als Sprecher des Koordinationsrates der Muslime in Deutschland geführt. Weitere Teilnehmer der muslimischen Organisationen: Ayyub Axel Köhler (Zentralrat der Muslime); Mehmet Yilmaz (Verband der islamischen Kulturzentren); Ali Ertan Toprak (Alevitische Gemeinde Deutschland); Ali Kizilkaya (Islamrat).

Zehn Männer und Frauen nehmen als Vertreter der nicht-organisierten Muslime teil. Unter ihnen sind unter anderem die beiden islamkritischen Kämpferinnen für die Rechte türkischer Frauen, die Autorin Necla Kelek und die Rechtsanwältin Seyran Ates. Weitere Teilnehmer: Kenan Kolat (Türkische Gemeinde in Deutschland); der Volkswirt Nassir Djafari; Badr Mohammed vom Europäischen Integrationszentrum Berlin; der Geschäftsführer der Holtzbrinck Gruppe, Walid Nakschbandi; die Lehrerin Havva Yakar; Ezhar Cezairli (Deutsch-Türkischer Club); der Orientalist Navid Kermani; Autor Feridun Zaimoglu.

Bund und Länder sind mit 15 Personen vertreten: Neben Schäuble Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) und der Integrationsbeauftragten Maria Böhmer (CDU) sind dies: Ulrich Roppel (Bundeskanzleramt); Georg Boomgarden (Auswärtiges Amt); Franz-Josef Lersch-Mense (Bundesarbeitsministerium); Hermann Kues (Bundesfamilienministerium); Ingeborg Berggreen-Merkel (Abteilungsleiterin beim Beauftragten für Kultur und Medien); Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU), der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD), die saarländische Bildungsministerin und Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD, Christian Schramm (Deutscher Städte- und Gemeindebund); Stephan Articus (Deutscher Städtetag); Hans-Peter Röther (Deutscher Landkreistag).