Rund 50.000 Besucher beim Domjubiläum in Münster

"Paradies überfüllt"

"Raum überfüllt" stand in diesen Tagen ein ums andere Mal am Domportal in Münster zu lesen. Der Grund: Zu seinem Jubiläum erlebte der Sankt-Paulus-Dom der westfälischen Bischofsstadt einen Zustrom wie vermutlich kaum in den 750 Jahren seit seiner Weihe.
 

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
St. Paulus in Münster (dpa)
St. Paulus in Münster / ( dpa )

Unter dem Leitwort "Willkommen im Paradies" hatte das Bistum Münster zu einer Fülle von Gottesdiensten, Konzerten, Diskussionen, Sozial- und Kunstaktionen geladen. Nach Schätzungen der Veranstalter nahmen rund 50.000 Besucher die Einladung an. Nicht umsonst wurde das Fest eingeleitet mit einem Tag der Schulen, zu dem am Freitag rund 3.300 Kinder und Jugendliche aus dem ganzen Bistum kamen. Im Planetarium, im Kinoworkshop, beim Meißeln in der Dombauhütte oder bei Aktionen um Entwicklungshilfe und faires Handeln näherten sie sich der Frage, wie Menschen heute ein Stück Paradies schaffen können.

In einer originellen Aktion machten Hunderte Schüler "dem Dom Beine", indem sie seine Silhouette auf dem Domplatz nachformten. Und genau darum ging es den Verantwortlichen, wie Bischof Felix Genn erläuterte: das junge Gesicht der Kirche zu zeigen und das starre Bauwerk Dom als ihr Symbol lebendig werden zu lassen. Dass sich Deutschlands nach Mitgliedern drittstärkste Diözese durchaus dem Zeitgeist öffnet, zeigte auch das Konzert mit Adel Tawil im Rahmen des Domjubiläums. Über 10.000 Fans kamen dazu auf den Schlossplatz. Außerdem sagte der beliebte Sänger den Bistumsverantwortlichen seine Unterstützung für das Flüchtlingsprojekt "neu.Start" zu, das vom Paritätischen und der Arbeiterwohlfahrt getragen wird. Ebenso gingen die Kollekten bei den auf rund 1,5 Millionen Euro veranschlagten Feiern an andere Sozialprojekte.

Dass das Bistum Adel Tawil, der tunesisch-ägyptische Wurzeln hat und islamisch erzogen wurde, als Botschafter des katholischen Jubiläums wählte, passte zur Absicht, eine junge, offene Kirche zu demonstrieren. Doch bei aller Begeisterung für den Popstar war das heimliche Highlight des Festes sicher die Klang- und Lichtinstallation "Son et Lumiere" (Ton und Licht) auf dem Domplatz. Dabei wurden am Freitag- und Samstagabend Bilder auf die Domfassade projiziert und so bedeutende Schlaglichter auf die Geschichte der Kathedrale geworfen.

Altarraum leergeräumt

Insgesamt rund 20.000 Menschen verfolgten die von Haydns Schöpfung eingeleitete Darbietung unter zahlreichen Ahs und Ohs. Der Andrang war so groß, dass sich das Domkapitel entschied, das Spektakel am Samstag zweimal hintereinander zu zeigen. Zuvor hatte bereits das Taize-Gebet zwei Stunden lang den Dom innen in einem ganz neuen Licht gezeigt. Ohnehin waren über die drei Tage die komplette Bestuhlung weg- und teils auch der Altarraum leergeräumt. Tausende Kerzen tauchten den im vergangenen Jahr frisch renovierten Dom in ein warmes Licht. Die typischen Taize-Lieder mit ihrem meditativen Charakter taten ein Übriges zu einer anrührenden Stimmung im altehrwürdigen Gotteshaus.

Bereits am Freitagabend dürften sich manche beim Eintritt in "ihren" Dom die Augen gerieben haben: Da war das Leitwort "Paradies", das sich auf die Halle am Hauptportal des Doms bezieht, in unterschiedlichsten Aktionen umgesetzt: Videoinstallationen im Altarraum, grün und orange angeleuchtete Säulen, Kuschelecken, in vielen Seitenkapellen und im Kreuzgang jede Menge Aktionen vom Prägen von Metallplättchen mit Mutmachbegriffen bis zur Namensgravur eines geliebten Verstorbenen in ein Grablicht. Am Ende prangten auf dem Domherrenfriedhof Hunderte roter Kerzen und sorgten zusammen mit der Licht- und Klanginstallation "Blick ins Jenseits" für eine fast mystische Stimmung.

Insgesamt zeigte der rege Zulauf zum Jubiläum, bei dem sich die katholische Kathedrale in sehr unorthodoxer Weise präsentierte, dass sich der Mut des Bistums offenbar gelohnt hat. Dies mag auch mit der Sehnsucht der Menschen nach einem Mehrwert zu tun haben, vielleicht nach dem, was die Kirche bieten kann, wie Bischof Genn in seiner Predigt beim Abschlussgottesdienst sagte. Symptomatisch sicher die Ergebnisse der Twitter-Aktion des Bistums: Unter der Frage "Paradies ist..." lautete eine Antwort "...wenn Kirche immer so wäre".


Quelle:
KNA