Adel Tawil wirbt bei Dom-Feier in Münster für Flüchtlingsprojekt

"Komm, wir bringen die Welt zum Leuchten"

Bei der 750-Jahr-Feier des Sankt-Paulus-Doms in Münster gab Adel Tawil am Freitagabend ein Konzert auf dem ausverkauften Schlossplatz. Und er unterstützt das Flüchtlingsprojekt "neu.Start".

Adel Tawil-Konzert (KNA)
Adel Tawil-Konzert / ( KNA )

Als Hälfte des Popduos "Ich+Ich" mit Inga Humpe traf Adel Tawil den Nerv des Publikums. Auch solo setzt er mit Songs wie "Lieder" und "Zuhause" weiter Zeichen. Im Interview berichtet der Sänger mit tunesisch-ägyptischen Wurzeln über seine Vorbildfunktion für Einwanderer und was es mit der Zeile "Im Dornenwald sang Maria für mich" aus seinem Song "Lieder" auf sich hat.

KNA: Wie passen das Jubiläum des katholischen Sankt-Paulus-Doms und Adel Tawil zusammen?

Adel Tawil: Gut! Als ich als ganz junger Bengel in der vierten Klasse im Schulchor gesungen habe, gab es immer eine Weihnachtsfeier in der katholischen Kirche. Dort haben wir unter anderem das Lied, das ich in meinem Song "Lieder" erwähne, "Maria durch ein Dornwald ging", aufgeführt. Von daher ist mir das alles nicht fremd. Ich bin hier groß geworden, für mich ist das mein Zuhause. Das Domjubiläum ist ein großer Tag für Münster, und das ist doch was Tolles.

KNA: Viele Menschen ziehen aus Ihren Liedern Halt und Trost. Wie schaffen Sie das?

Tawil: Schon mit "Ich+Ich" hatten wir das Gefühl, dass die Menschen eine Hand auf der Schulter brauchen, die sie ein bisschen streichelt und sagt, wird schon, nach Regen kommt wieder Sonnenschein. Dass das so heftigen Anklang findet und die Leute zu unseren Konzerten pilgern und mich auf der Straße ansprechen, hätte ich aber nicht erwartet. Auch heute will ich vor allem ehrlich und authentisch meine Geschichte erzählen. Ich bin ja auch nichts Besonderes, sondern mir passieren genau dieselben Dinge und ich habe dieselben Gefühle und Ängste wie alle anderen. Wenn ich das in Lieder packe, verstehen ganz viele da draußen, wovon ich da singe.

KNA: Manche Ihrer Botschaften würden auch gut in die Kirche passen. Was erwarten die Menschen heute von der Kirche?

Tawil: Das Wichtigste ist, dass die Menschen das Gefühl haben, dass man sie versteht, dass man sich Gedanken um sie macht und für sie sorgt. Sicher gibt es auch Dinge, die man kritisieren oder hinterfragen kann. Aber gerade in schweren Zeiten ist es doch unverzichtbar, in die Kirche zu gehen oder in die Synagoge oder in die Moschee, um dort Hilfe zu bekommen.

KNA: Woran glauben Sie, was gibt Ihnen Halt?

Tawil: Das Leben gibt mir Halt, meine Familie gibt mir Halt. Meine Eltern sind liberale Muslime, die mich islamisch erzogen haben. Ich bin kein praktizierender Muslim, aber ich glaube an Gott. Deswegen weiß ich, dass alles gut wird und sich jedes Problem irgendwann lösen wird. Das war in meinem Leben immer so: Wenn die eine Tür zugegangen ist, ging eine andere auf. Natürlich kommen mir manchmal Selbstzweifel, aber wenn man standfest und einen guten Background mit Familie und Freunden hat, wird alles gut.

KNA: In der Welt wird aber nur dann alles gut, wenn es Menschen gibt, die etwas tun. Sie engagieren sich jetzt für das Flüchtlingsprojekt "neu.Start". Warum?

Tawil: Ich wurde angefragt, ob ich das Projekt im Rahmen des Domjubiläums unterstütze. Schon der Satz, dass es hier "Erste Hilfe für Flüchtlinge" gibt, hat mich überzeugt. Das ist gerade heute ein wichtiges Zeichen, weil man schnell dabei ist, mit dem Finger auf andere zu zeigen: "Ach, schau mal, da sind schon wieder Fremde, die kommen in unsere Stadt!" Man sollte sich aber mal in deren Lage versetzen. Ich stelle mir das sehr schlimm vor, aus einem Kriegsgebiet in eine völlig neue Umgebung zu kommen. Meine Mama ist mit 19 Jahren als Gastarbeiterin hierhergekommen, das war auch nicht einfach. Wenn sie von ihrer Firma nicht so viel Unterstützung erfahren hätte, wäre ich vielleicht gar nicht hier. Insofern hat mein Engagement für das Projekt wunderbar gepasst, weil ich auch ein Stück weit Vorbild für Integration bin: Ich fühle mich hier zu Hause, das ist gar keine Frage.

KNA: Ihr aktueller Song heißt ja auch "Zu Hause".

Tawil: Ja, den singe ich zusammen mit einem wunderbaren Künstler, Matisyahu, ein orthodoxer Jude. Als ich ihn zum ersten Mal gehört habe, war ich völlig begeistert von seiner Stimme und hab ihm vorgeschlagen, "komm, wir bringen die Welt zum Leuchten". Auch wenn das Manche vielleicht kitschig finden, für mich ging es darum, dass Musik immer wieder Zeichen setzen kann. Das war ein tolles Projekt: ich mit meinen Wurzeln in Nordafrika und aus der orientalischen Welt, er mit seinen Wurzeln in Israel. Als er mit mir in Deutschland auf Tour war, wurde er sehr herzlich empfangen vom Publikum. Darauf bin ich sehr stolz, dass wir die Barrieren, die manchmal in den Köpfen herrschen, überschreiten können. Das war mir wichtig.

Das Interview führte Sabine Kleyboldt.