Ruf nach Artenschutz für Insekten am Weltbienentag

Ein Herz für Krabbeltierchen

An diesem Freitag ist Weltbienentag. Ähnlich wie Libellen und Schmetterlinge gehören die Honiglieferanten zu den beliebten Insekten. Biologen mahnen jedoch, den Artenschutz auch vermeintlich lästiger Zeitgenossen ernst zu nehmen.

Autor/in:
Paula Konersmann
Wabe mit Bienen / © Julia Steinbrecht (KNA)
Wabe mit Bienen / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Vor Spinnen fürchten sich manche, Fliegen nerven, Mücken stechen - und für Wespen gilt all das zugleich. Dabei hätten diese Tiere ein genauso großes Recht, auf der Erde zu sein, wie die Menschen auch, betont der Biologe und Buchautor David Goulson. Zum Weltbienentag am 20. Mai mehren sich die Appelle zum Schutz von Insekten.

Wichtige Aufgaben

Insekten übernehmen im biologischen Kreislauf wichtige Aufgaben. Prominentestes Beispiel ist die Bestäubung von Pflanzen: "Sich nur auf einen einzigen Bestäuber zu verlassen, etwa die heimische Honigbiene, ist eine kurzsichtige Strategie, weil es für diesen Bestäuber, falls er aus irgendwelchen Gründen ausfällt, keinen Ersatz gibt", schreibt Goulson in seinem neuen Buch "Stumme Erde".

Schon jetzt reichten Bienen - global betrachtet - als Bestäuber nicht aus, ergänzen Frauke Fischer und Hilke Oberhansberg in "Was hat die Mücke je für uns getan?". Zudem sind Bienen gar nicht geeignet, jede Pflanzenart zu bestäuben. Als Beispiel nennen die Wissenschaftlerinnen die Bartmücke, die als einzige Art in die Blüte der Kakaopflanze hineinkrabbeln kann. "Ohne Mücke also keine Schokolade", schreiben Fischer und Oberhansberg. "Das reicht als Argument, oder?"

Wenig Bezug zur Natur

Goulson zeigt sich skeptischer. "Niemand wird jemals den Earwig Preservation Trust gründen", sagt er, also die "Stiftung zur Erhaltung des Ohrenkneifers". Es gelte, den Menschen zu erklären, "dass diese Insekten lebenswichtige Dinge tun und dass sie wirklich faszinierend sind".

Ein Problem sieht der Biologe darin, dass viele Menschen generell nur noch wenig Bezug zur Natur hätten. "Wenn die Leute ein wenig mehr Zeit auf ihren Händen und Knien verbringen würden, dann würden sie feststellen, dass Insekten gar nicht so eklig sind." In Corona-Zeiten boomen Garten- und Balkonarbeit; zudem nennen Soziologen, Neurowissenschaftler und Lifecoaches die Verbundenheit mit der Natur als eine wichtige Voraussetzung für persönliche Zufriedenheit. Eine Chance für die Insekten?

"Kunst die Natur zu belauschen"

Über die "Kunst die Natur zu belauschen" hat die Niederländerin Pauline de Bok geschrieben. In ihrem Buch "Das Schweigen der Frösche" kommen neben den titelgebenden Amphibien auch Hirsche, Kraniche und Schwalben vor - und Insekten. Schließlich ist die Natur ein Netzwerk, die Arten existieren nicht unabhängig voneinander. Sterben Insektenarten aus, dann betrifft dies schnell auch Vögel, Frösche oder Igel, die weniger Nahrung finden.

In manchen Teilen der Welt fehlen zudem bereits die Insekten für die Bestäubung, etwa im Südwesten Chinas, in Bengalen und in Teilen von Brasilien. Die Landwirte dort müssen ihre Bäume von Hand bestäuben, wie Goulson schildert. Zugleich sind viele Bestäuberinsekten natürliche Feinde von Pflanzenschädlingen - fallen sie weg, entsteht also in gewisser Weise ein doppelter Schaden.

Naturschutz ein lohnenswertes Ziel

Die meisten Menschen betrachteten den Schutz der Natur durchaus als lohnenswertes Ziel, meinen Fischer und Oberhansberg. Es gebe aber noch immer kaum Bewusstsein dafür, wie unmittelbar "unsere grundlegenden Bedürfnisse und damit unser Wohlergehen von den Leistungen verschiedenster Ökosysteme abhängen". Den Gang in den Supermarkt bringe kaum jemand mit der Zerstörung von Regenwäldern oder Korallenriffs in Verbindung. Die Autorinnen wollen daher aufzeigen, inwieweit das tägliche Leben mit der Biodiversität zusammenhängt.

Alle Autoren nennen vorbildhafte auch Beispiele oder verweisen auf erfolgreiche Projekte, an denen sich jede und jeder beteiligen kann. So lädt der NABU zur Aktion "Insektensommer": Vom 3. bis 12. Juni und vom 5. bis 14. August mögen Interessierte eine Stunde lang alle Krabbeltierchen im heimischen Garten oder auf dem Balkon zählen und dokumentieren.

Artenschutz sei greifbarer als etwa Klimaschutz, betont Goulson: Wer das Auto stehen lasse, für den werde nicht spürbar, dass sich der Klimawandel verlangsame. "Pflanzt man aber ein paar Blumen in seinem Garten, dann kann man tatsächlich beobachten, dass schon bald Schmetterlinge auftauchen." Der Biologe wirbt dafür, diese kleinen Schritte nicht zu vernachlässigen: "Wenn wir den Planeten retten wollen, sollten wir mit dem beginnen, was direkt vor unserer Nase liegt."

Özdemir: Bienen sind wichtig für unsere Ernährungssysteme

Anlässlich des Weltbienentages am Freitag hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) auf die Bedeutung der Insekten hingewiesen. Sie hätten eine zentrale Bedeutung für das Ökosystem und die Landwirtschaft, erklärte der Minister am Donnerstag in Berlin. Sie trügen maßgeblich zum Erhalt der biologischen Vielfalt bei und sorgten für eine große Auswahl bei Obst und Gemüse. Sie verdienten deshalb "unseren besonderen Schutz".

Man kann von Bienen viel lernen / © MERCURY studio (shutterstock)
Man kann von Bienen viel lernen / © MERCURY studio ( shutterstock )
Quelle:
KNA