Der französische Kardinal Dominique Mamberti hat es um 19.14 Uhr auf dem Balkon des Petersdoms verkündet: Robert Francis Kardinal Prevost ist neuer Bischof von Rom und somit Oberhaupt über die 1,4 Milliarden Katholiken. Prevost gilt kirchenpolitisch als ein Kandidat der Mitte. Obwohl US-Amerikaner ist der Ordensmann in Rom, der Kurie und der Weltkirche zu Hause.
Zuletzt leitete der 69-Jährige die Vatikanbehörde für Bischöfe, quasi die Personalabteilung der katholischen Weltkirche. In dieser Funktion war Prevost in den vergangenen zwei Jahren zuständig für einen Großteil der Bischofsernennungen weltweit. Über seine Behörde laufen auch die sogenannten Ad-limina-Besuche. Regelmäßig kommen Bischofskonferenzen zur Berichterstattung über ihre lokale Kirche in den Vatikan. Das macht Prevost zu einem der bekanntesten Gesichter im Kardinalskollegium, das nie zuvor so zerstreut über die Welt war und sich untereinander kaum kennt.
US-Amerikaner: diplomatisch, pragmatisch und geschätzt
Der im September 1955 in Chicago geborene Kirchenmann gilt als diplomatisch, pragmatisch und weitgehend geschätzt bei progressiven wie konservativen Kirchenvertretern. Internationale Erfahrung sammelte er nicht erst durch seine aktuelle Position in der Kurie. 1977 trat er dem Augustinerorden bei und wurde zum Kirchenrechts-Studium nach Rom geschickt. Anschließend entsandte ihn sein Orden als Missionar nach Peru. Bis Anfang der 2000er Jahre wechselte er zwischen verschiedenen Positionen in den USA und Peru; war hauptsächlich in der Ausbildung junger Ordensmänner tätig.
2002 wählte ihn der Augustinerorden zu seinem weltweiten Leiter. Für zwei Amtszeiten ging Prevost nach Rom. In der Generalkurie seines Ordens, in nächster Nähe zum Vatikan, lebt der US-Amerikaner seit seiner erneuten Rückkehr nach Rom 2022. Zuvor leitete er das Bistum Chiclayo in Peru, war zweiter Vizepräsident der Peruanischen Bischofskonferenz. In dem südamerikanischen Land traf er auch Papst Franziskus, der ihn schließlich als Leiter der Bischofsbehörde in den Vatikan holte. Qua Amt ist Prevost damit Präsident der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika. So schließt sich ein Kreis für den US-peruanisch-römischen Kirchenmann.
Bedeutend: Namen und Erscheinungsbild des neuen Papstes
Der Name des Papstes ist die erste Aussage des neuen Kirchenoberhauptes. Bis 2013 war es unvorstellbar, dass sich ein Papst nach dem Heiligen Franziskus von Assisi benennt, dem Ordensmann, der die Bescheidenheit und den Dienst an den Armen zu seinem Lebensinhalt gemacht hat. Für Jorge Mario Bergoglio war das in einem einzigen Wort die erste Regierungserklärung.
Nachdem der neue Name verkündet wurde und die Journalisten ans Arbeiten kommen, müssen die Menschen vor dem Petersdom erneut warten. Noch einmal etwa 45 Minuten wird es dauern, bis sich der neue Papst der Öffentlichkeit zeigt. Vor dem ersten Wort wird er alleine schon mit seinem Erscheinungsbild die zweite große Aussage seines Pontifikats treffen: Tritt er wie Franziskus in der schlichten, weißen Soutane auf? Oder tritt er wie alle anderen Vorgänger mit Pallium und Mozetta auf den Balkon?
Obwohl die Frage nach der Ausrichtung des neuen Papstes komplex ist, und sich niemand so einfach in eine Schublade stecken lässt, wird der optische Eindruck für viele schon das erste Urteil bedeuten. Ein Journalist nannte das 2013 den größten Adoptionsprozess der Weltgeschichte. Innerhalb von Sekunden lernt die Welt einen neuen Menschen kennen, der in den kommenden Jahren für über 1,4 Milliarden Katholiken eine tragende Rolle spielen wird. Da wird der erste Eindruck eine sehr große Rolle spielen, auch wenn es unfair sein mag, jemanden danach zu beurteilen, ob er ein Schultertuch oder ein Wollband um den Hals trägt.
Was passiert in den folgenden Tagen für den neuen Papst?
Den aufregendsten Moment haben danach sowohl der neue Papst als auch die Gläubigen hinter sich. Trotzdem werden gerade die darauffolgenden Tage für viele hochinteressant. Worüber spricht er in seiner ersten Predigt? Welchen Politiker trifft der Pontifex als erstes? Wohin geht die erste Reise? Es wird eine Zeit der Premieren im neuen Pontifikat.
Eine spannende Frage wird auch, ob der neue Papst wie sein Vorgänger Franziskus im Gästehaus Santa Marta leben wird, oder wie alle anderen Vorgänger zurück in den Apostolischen Palast am Petersplatz zieht. Die Theorien gehen gerade in beide Richtungen. Aus Vatikankreisen heißt es, dass die Papstwohnung, die seit 2013 verwaist war, in den vergangenen Monaten renoviert wurde, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein.
Einführungsmesse des neuen Papstes
Den Abschluss dieser Ausnahmezeit im Vatikan wird dann die Einführungsmesse des neuen Papstes bilden. Die wird nicht am Tag der Wahl oder danach gefeiert, sondern wird noch mal einige Tage Vorbereitung brauchen. Man vermutet, es wird in etwa noch mal eine knappe Woche dauern, bis der neue Bischof von Rom in sein Amt eingeführt wird, unter anderem auch, damit die Staats- und Ehrengäste, von denen viele schon vor zwei Wochen für Franziskus‘ Beerdigung in Rom waren, eingeladen werden können und die Zeit haben, erneut nach Rom zu reisen.
Damit endet dann der Ausnahmezustand der katholischen Kirche, der mit dem Tod von Papst Franziskus am Ostermontag begann. Stand die Welt an diesem Tag in Trauer, wird es jetzt ein freudiges Ereignis sein, dass weltweit durch die Schlagzeilen gehen wird.