Ringen um kirchlichen Segen für nicht-eheliche Paare geht weiter

Graben zwischen Vatikan und Deutschland wird schmaler

Was erlauben sich die Deutschen? Diese Frage stellen sich derzeit im Vatikan einige Verantwortliche, wenn auch nur im Hintergrund. Es geht um den Segen für Paare, die anders sind. Das Feld ist insgesamt in Bewegung.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
Ein junges Paar / © Summer loveee (shutterstock)

Mit Argusaugen verfolgen die zuständigen Vatikanbehörden für Glaubensfragen und für die Sakramente neue Ideen in den jeweiligen Ortskirchen für kirchliche Segnungen jener Paare, die gemäß katholischer Lehre keine sakramentale Ehe eingehen können.

Dazu zählen neben gleichgeschlechtlichen Paaren auch solche, die noch durch eine andere kirchliche Ehe gebunden sind, sowie Paare, die in "wilder Ehe" (Konkubinat) leben. Mehr als beobachten kann der Vatikan derzeit nicht: Da die Segnungen nach den römischen Vorgaben keine sakramentalen oder liturgischen Handlungen sein dürfen, sind sie auch nicht in Rom genehmigungspflichtig.

In kaum einem Land sind die Bemühungen für ein kirchliches Segensangebot an diese Minderheit in der katholischen Kirche so weit fortgeschritten wie in Deutschland. Zu den ersten Bistümern, die in den vergangenen Wochen voraus preschten, zählte das Bistum Limburg, dessen Hirte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz ist, Bischof Georg Bätzing.

Bischof Georg Bätzing / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Georg Bätzing / © Harald Oppitz ( KNA )

Mit Datum vom 10. Juli veröffentlichte das Bistum unter dem Titel "Segen stärkt Menschen in Partnerschaften" eine Empfehlung des Bischofs, um die Handreichung "Segen gibt der Liebe Kraft. Segnungen für Paare, die sich lieben" im Bistum Limburg umzusetzen. Diese Handreichung hatten die Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) bereits am 23. April veröffentlicht. Sie fiel also in die Zeit der "Sedisvakanz" in Rom, als Papst Franziskus bereits gestorben, sein Nachfolger aber noch nicht gewählt war.

"Weitgehend im Einklang" mit Rom

In der Limburger Empfehlung heißt es: "Die Handreichung sieht Segensfeiern für Paare vor, die keine kirchlich-sakramentale Ehe eingehen können oder wollen - darunter geschiedene und wiederverheiratete Paare, gleichgeschlechtlich liebende Paare oder konfessionsverbindende Paare. Ihre Bitte um den Segen ist Ausdruck von Dankbarkeit für erfahrene Liebe und von der Hoffnung auf eine von Gott begleitete Zukunft."

Ausdrücklich reflektiert die Empfehlung auch das Verhältnis zu den derzeit geltenden römischen Vorgaben vom 18. Dezember 2024 und hält fest: "Die Anwendung der Handreichung erfolgt weitgehend in Einklang mit der Erklärung Fiducia supplicans, die von der Glaubensbehörde mit Zustimmung von Papst Franziskus veröffentlicht wurde." Der römischen Erklärung entsprechend heißt es dann weiter: "Dieser Segen begründet keine Partnerschaft und darf daher nicht verwechselt werden mit der Feier der Eheschließung als Sakrament. Vielmehr stellen sich die Partner einer bereits bestehenden Partnerschaft mit ihrer Bitte unter den Segen Gottes."

Rottenburg-Stuttgart mit eigener Interpretation

Am selben Tag wie Limburg legte auch das Bistum Rottenburg-Stuttgart unter dem Titel "Wir lieben uns - welch ein Segen!" unter anderem eine "Materialsammlung" vor, in der es eine Auswahl möglicher Segensgebete für die betroffenen Paare gibt. In der Erklärung, die interessanterweise nicht vom neuen Bischof unterzeichnet ist, heißt es weiter: Mit der Veröffentlichung einer Materialsammlung unter dem Titel "Wir lieben uns - welch ein Segen!" eröffnet die Diözese Rottenburg-Stuttgart neue Wege pastoraler Begleitung für Paare, die um den Segen für ihre Beziehung bitten - unabhängig von ihrer Lebensform oder ihrem Familienstand."

Blick auf Rottenburg / © Sina Ettmer Photography (shutterstock)
Blick auf Rottenburg / © Sina Ettmer Photography ( shutterstock )

Weiter heißt es da: "Die nun vorgelegte Sammlung richtet sich an Seelsorgerinnen und Seelsorger, die auch nicht kirchlich verheiratete oder geschiedene und wiederverheiratete Paare sowie Paare in der ganzen Vielfalt sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Identitäten auf ihrem gemeinsamen Weg begleiten und ihnen in bedeutenden Momenten spirituell zur Seite stehen."

"Möglichkeiten weiter denken"

Auch das schwäbische Bistum verweist auf die gemeinsame Handreichung von Bischofskonferenz und ZdK; und auch hier beruft man sich auf Rom und erklärt: "Ein wichtiger Impuls kam dabei aus Rom: Papst Franziskus hat mit dem im Dezember 2023 veröffentlichten Schreiben Fiducia supplicans den Weg geöffnet, die Möglichkeit von Segenshandlungen weiter zu denken. Er betont darin die pastorale Bedeutung von Segnungen als Ausdruck der heilvollen Gegenwart Gottes in konkreten menschlichen Lebensgeschichten - auch außerhalb sakramentaler Ordnungen."

Das Anliegen des römischen Textes wird dann so interpretiert: "Im Zentrum steht dabei die Überzeugung: Wo Menschen sich in Liebe und Verantwortung begegnen, ist Gott gegenwärtig - und dieses Miteinander ist segenswürdig. Die angebotenen Segensgebete nehmen die Vielfalt heutiger Paarkonstellationen ernst und bringen zum Ausdruck, dass die Kirche diese Liebe nicht nur anerkennt, sondern auch begleitet."

Ein Blick in den Wortlaut von Fiducia supplicans zeigt, dass die Stuttgarter Auslegung nicht ganz leicht mit dem vom Papst genehmigten Text in Einklang zu bringen ist. Dort heißt es: "Deshalb soll man die Segnung von Paaren, die sich in einer irregulären Situation befinden, weder fördern noch ein Ritual dafür vorsehen, aber man sollte auch nicht die Nähe der Kirche zu jeder Situation verhindern oder verbieten, in der die Hilfe Gottes durch einen einfachen Segen gesucht wird. In dem kurzen Gebet, das diesem spontanen Segen vorausgehen kann, könnte der geweihte Amtsträger um Frieden, Gesundheit, einen Geist der Geduld, des Dialogs und der gegenseitigen Hilfe für sie bitten, aber auch um Gottes Licht und Kraft, um seinen Willen voll erfüllen zu können."

Weiter heißt es in dem römischen Text, auf den sich Rottenburg-Stuttgart beruft: "In jedem Fall, gerade um jedwede Form von Verwirrung oder Skandal zu vermeiden, wenn ein solches Segensgebet von einem Paar in einer irregulären Situation erbeten wird und dies außerhalb der von den liturgischen Büchern vorgeschriebenen Formulare geschieht, wird ein solcher Segen niemals in direktem Zusammenhang mit einer standesamtlichen Feier oder sonst in irgendeiner Verbindung damit erteilt werden können. Dies gilt auch für die Kleidung, die Gesten und die Worte, die Ausdruck für eine Ehe sind. Dasselbe gilt, wenn die Segnung von einem gleichgeschlechtlichen Paar erbeten wird."

Eine Vorlage von 2023 ging deutlich weiter

Ob die in der Stuttgarter "Materialsammlung" vorgeschlagenen Segnungsgebete dem entsprechen, bleibt eine offene Frage, die von Liturgie-Fachleuten zu klären wäre. In jedem Fall bleibt der Stuttgarter Vorstoß weit hinter dem zurück, was die Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung (AKF) 2023 nach einer entsprechenden Anregung durch Beschlüsse des Synodalen Weges in Deutschland vorgelegt hat. Die beiden "liturgischen Entwürfe" der AKF in ihrer als "Arbeitshilfe" bezeichneten Vorlage für "Die Feier des Segens für Paare" ähneln inhaltlich, in Ablauf und Tonfall so stark einer kirchlichen Trauung, dass Nicht-Fachleute den Unterschied kaum erkennen können.

Die AKF ist zwar rechtlich lediglich ein kirchlicher Verein mit Sitz in Bonn; doch ist laut Satzung der Leiter des Bereichs Pastoral im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz qua Amt Vorstandsmitglied in der AKF. Wie weit die AKF-Vorlage bereits in deutschen Bistümern und Pfarreien zur Anwendung kommt, ist nicht bekannt. Offensichtlich ist aber, dass sie auf dem Stand vor der Veröffentlichung von Fiducia supplicans verfasst wurde - als noch unklar war, wie weit eine mögliche Öffnung des inzwischen gestorbenen Papstes in dieser Frage gehen würde.

Amoris Laetitia / © Cristian Gennari (KNA)
Amoris Laetitia / © Cristian Gennari ( KNA )

Deshalb berufen sich die Verfasser der Arbeitshilfe auch nur auf das Schreiben Amoris laetitia von Papst Franziskus von 2016, in dem eine erste Öffnung der Seelsorge für Paare in irregulären Situationen angedeutet wurde. Weil das Papstschreiben an diesem Punkt relativ unbestimmt war, eröffnete es erhebliche Spielräume, die von der AKF bis zum Äußersten ausgefüllt wurden. Die neuen Anregungen aus Limburg und Stuttgart sind im Vergleich dazu wesentlich zurückhaltender und vorsichtiger.

Dies zeigt, dass der von Fiducia supplicans grundsätzlich ermöglichte, gleichzeitig aber eingeengte Spielraum für die kirchliche Segnung gleichgeschlechtlicher Paare offensichtlich etwas bewirkt hat: Die deutschen Bistümer orientieren sich bei diesem Thema jetzt zumindest verbal und formal wieder stärker an Rom, als das der deutsche Synodale Weg tat.

Segen

Der Segen ist ein Ritus, der einer Person göttliche Lebenskraft und Schutz zuspricht. Bei der Segnung eines Gegenstandes wird zum Ausdruck gebracht, dass sein Gebrauch heilsam sein möge. Segen und Segnungen geschehen durch eine von der Kirche festgelegtes, formelhaftes Bittgebet, das durch Gesten wie Kreuzzeichen, Handauflegung oder Berühren mit einem Heiltum oder den Gebrauch von Weihwasser begleitet sein kann.

Gottes Segen  / © N.N. (Bistum Essen)
Quelle:
KNA