Schon als er an der Uni war, hatte Christopher Easthill das bestimmte Gefühl, von Gott berufen zu sein. "Ich habe sozusagen Stimmen gehört", so beschreibt er es im Gespräch zum Tagesevangelium bei DOMRADIO.DE. In dieser Woche legt er immer gegen viertel vor acht morgens das Evangelium vom Tag live bei DOMRADIO.DE aus.
Dabei lernen die Hörerinnen und Hörer Reverend Easthill immer besser kennen und erfahren mehr von seiner Berufung, die aber erst einmal zurücktrat, wie er berichtet. Denn später seien aber andere Stimmen hinzugekommen. Die Karriere rückte in den Vordergrund. So weit, dass er es zum Seniormanager einer Versicherungsgruppe brachte.
Um die Jahrtausendwende wurde dann aber der Wunsch, Pfarrer zu werden, stärker. Sein damaliger Pfarrer habe ihn angesprochen, ob er es nicht einmal ausprobieren wolle, habe ihm diese Rolle zugetraut. "Er hat wohl etwas in mir erkannt", vermutet der Anglikaner. Der Wechsel vom Manager zum Pfarrer war erst einmal herausfordernd. Seine Frau und er mussten sich umstellen und "jonglieren" zwischen Alltagsabläufen. Seine Ehe steht aber nicht im Widerspruch zu seinem geistlichen Amt. Als anglikanischer Pfarrer darf Easthill verheiratet sein, im Gegensatz zu Priestern der römisch-katholischen Kirche, für die der Zölibat bis auf wenige Ausnahmen verpflichtend ist.
Kleine, aber geschichtsträchtige Kirche
Heute ist er der Pfarrer der anglikanischen Church of St. Augustine in Canterbury. In Deutschland sind sie eine sehr kleine Migrantenkirche, die es seit 150-200 Jahren gibt. Anglikanisch bezeichnet eine christliche Konfession, die ihren Ursprung in der Church of England hat und sich als Mittelweg zwischen Katholizismus und Protestantismus versteht.
Easthill selbst ist in Singapur geboren, lebt in Wiesbaden und spricht perfekt Deutsch. Die Sonntagsgottesdienste werden aber auf Englisch gehalten. Bei Pastoralereignissen wie Beerdigungen oder Trauungen spricht er aber zweisprachig oder nur auf Deutsch, "sodass die Leute, die da sind, auch verstehen können, was passiert", erklärt Reverend Christopher Easthill.
"Wir sind ein bisschen ein Zwitterwesen. Ein Kind der Reformation, wenn auch etwas später als auf dem Kontinent, hier in Deutschland. Gleichzeitig haben wir viele Elemente der Liturgie bewahrt und auch die kirchliche Struktur übernommen, wie sie aus der katholischen Tradition bekannt ist, mit Bistümern, Bischöfen, Priestern, Diakonen und vielem mehr“, sagt der Pfarrer. Weltweit ist die anglikanische Kirche die drittgrößte Konfession nach der katholischen Kirche und den orthodoxen Kirchen.
Führung mit Seele
Von seinen Führungsqualitäten als ehemaliger Manager profitiert Reverend Christopher Easthill auch in seiner geistlichen Funktion. Seit vier Monaten ist er Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland. In diesem ökumenischen Bündnis steht der Dialog zwischen den Konfessionen im Mittelpunkt mit dem Ziel, christliche Einheit zu fördern.
"Wir kommen zusammen, um gemeinsam zu arbeiten", sagt Easthill. Zwar unterscheiden sich die 25 Mitgliedskirchen in ihrer Struktur, ihrer Liturgie und der Gestaltung ihrer Gottesdienste, doch der Fokus liegt auf dem Gemeinsamen: "Was eint uns? Was können wir miteinander bewegen? Projekte, die gemeinsam getragen werden, sind nicht nur effizienter und wirksamer", sagt er. Gerade wenn Christinnen und Christen aus unterschiedlichen Traditionen an einem Strang ziehen würden, gewinne ihr Engagement an Überzeugungskraft.
Nicht allein im Glauben
Reverend Easthill wünscht sich eine Verbindung zwischen Gläubigen. "Wir können, glaube ich, nicht in Beziehung zu Gott sein, wenn wir nicht in Beziehung mit unseren Mitmenschen sind im Glauben", fügt er hinzu. Das verlange eine Gemeinschaft. Idealerweise findet sich diese Gemeinschaft dann auch in Kirchen. Wichtig sei, dass die Kirchen miteinander in Verbindung bleiben und die Kirche selber auch diese Verbindung zu Jesus halte. Er hoffe, dass man eines Tages ein gemeinsames Abendmahl hinbekomme. Es wäre ein "wichtiges Zeichen der Einheit und der Gemeinschaft", so bezeichnet es Reverend Easthill.
Manche Ziele seien ein Auftrag des Herrn. Aber manches werde er selbst wohl nicht mehr erleben, sagt Easthill. Das gelte auch für eine vollständige Einigung zwischen Orthodoxen und Katholiken. Dennoch zeigt er sich hoffnungsvoll: "Es gibt viele kleine Schritte, viele Möglichkeiten der gegenseitigen Anerkennung und auch die Chance, dass wir immer mehr Teile des Gottesdienstes gemeinsam feiern können".
Information der Redaktion: Reverend Christopher Easthill ist in dieser Woche der DOMRADIO.DE-Gesprächspartner im Tagesevangelium. Jeden Morgen von Montag bis Samstag ist er um 7:45 Uhr live oder 21:45 Uhr als Wiederholung im Radio zu hören. Außerdem gibt es das Gespräch als Podcast auf DOMRADIO.DE und in den diversen Podcastportalen.