Religion ist beim Wahlparteitag in Denver allgegenwärtig

Die Demokraten entdecken das hohe politische C

Wenn sich die beiden großen Amerikas bislang zu ihren Wahlparteitagen trafen, war ein Unterschied von vornherein klar: Bei den Republikanern standen die Religion stets deutlich erkennbar auf der Tagesordnung. Bei den Demokraten waren religiöse Initiativen bislang weniger dominant. Doch beim Wahlparteitag der Demokraten, der seit Montag in Denver stattfindet und der Barack Obama am Donnerstag offiziell als Präsidentschaftskandidat nominieren soll, ist das anders.

Autor/in:
Ronald Gerste
 (DR)

An jedem der Parteitagsabende wird ein Wort wenn nicht des Gebets, so doch der Einsegnung gesprochen, auf dass die rund 4.000 Delegierten weise Entscheidungen treffen mögen. Gesprochen werden diese "benedictions" unter anderen von einer katholischen Ordensfrau aus Ohio, einem Rabbiner aus der Hauptstadt Washington D.C. und einem griechisch-orthodoxen Erzbischof aus New York.

Zahlreiche Kommissionen und Arbeitsgruppen werden sich religiösen Themen widmen und Programme erarbeiten, die ein künftige US-Regierung unter einem Präsidenten Barack Obama und einem Vizepräsidenten Joe Biden umsetzen könnte. Eines dieser Panels arbeitet etwa zum Thema "Der Glaube 2009: Wie eine Regierung Obama religiöse Menschen zum Engagement bringen kann".

Die Themen, die gläubige Amerikaner heute umtreiben oder ihnen zur Sorge Anlass geben, haben sich freilich in den vergangenen Jahren gewandelt. Noch vor zwei Jahren hätten die Abtreibungsfrage und die sogenannte Homo-Ehe auf der Agenda religiöser Bürger ganz oben gestanden. Inzwischen haben wirtschaftliche Sorgen, der Kampf gegen Armut sowie - im Zusammenhang mit der Klimadebatte - die Sorge um den Erhalt der Schöpfung in der Dringlichkeit aufgeschlossen.

Wahltaktisch kann sich die Betonung des Glaubens auszahlen
Auch wenn die Demokraten für die verfassungsmäßige Trennung von Religion und Staat vertreten, werden führende Politiker einschließlich ihres Spitzenkandidaten in Ausschüssen zu Glaubensthemen mitarbeiten. Obamas Berater in Religionsangelegenheiten, Joshua DuBois, erläuterte dem öffentlichen Radiosender NPR, der Senator sei ein überzeugter Christ. Er glaube fest daran, "dass Menschen aller Glaubensrichtungen einen festen Platz in Amerikas öffentlichem Leben haben".

Wahltaktisch kann sich die Betonung des Glaubens und moralischer Werte als Bestandteil seiner Politik für Obama auszahlen. Viele evangelikale Christen, treueste Stammwähler der Republikaner, sind von der Bush-Regierung enttäuscht und von Senator John McCain wenig begeistert. Beobachter sehen inzwischen auch Anzeichen dafür, dass die Demokratische Partei überzeugte Abtreibungsgegner ("Pro Lifers") ernster nimmt als in der Vergangenheit. Ob das dann auch nach der Wahl vom 4. November so bleibt, muss sich zeigen.