Barack Obama muss in Denver um unentschiedene Wähler kämpfen

US-Wahlkampf tritt in die heiße Phase

Die Nominierung durch den heute beginnenden Parteitag der US-Demokraten ist Präsidentschaftsbewerber Barack Obama sicher. Das viertägige Spektakel soll ihn als Visionär zeigen, der für Wandel steht. Und es soll ihm endlich einen Vorsprung gegenüber John McCain verschaffen. Denn der schaffte es bis zuletzt, dem Favoriten Obama dicht auf den Fersen zu bleiben - zur Verwunderung der meisten in den USA.

Autor/in:
Heiko Thompson
 (DR)

Nur zehn Tage vor dem demokratischen Wahlparteitag in Denver wurde Barack Obama am Strand von Honolulu dabei gesichtet, wie er entspannt mit seinen Töchtern auf und ab spazierte und Eiscreme schleckte. Sein Gegner in der US-Präsidentschaftswahl, John McCain, jettete derweil fleißig von Bundesstaat zu Bundesstaat und versuchte, die noch immer zahlreichen unentschiedenen Wähler auf seine Seite zu ziehen. Obama konnte sich die Wahlkampfpause gönnen. Mit dem von Montag bis Donnerstag dauernden Nominierungskonvent seiner Partei ist ihm vier Tage lang die ungeteilte Aufmerksamkeit der Nation sicher. Selbst das Lager von McCain erwartet, dass Obama und sein am Samstag benannter Vize-Präsidentschaftskandidat, Joseph Biden, mit Hilfe dieser großen Polit-Show bis zu 15 Prozentpunkte in den Umfragen gutmacht.

Das wäre allerdings das erste Mal, dass Obama McCain entschieden davon zieht. Bislang liegen die beiden Kandidaten Kopf an Kopf. Das Fernsehnetzwerk Fox sah bei seiner jüngsten Umfrage Obama mit 42 Prozent vor McCain mit 39 Prozent, die New York Times fand in ihrer gemeinsamen Umfrage mit dem Fernsehsender CBS keinen der beiden Kandidaten im Vorteil. Das Internet-Meinungsinstitut Zogby sah gar McCain mit 42 zu 41 Prozent in Führung.

Viele in den USA sind verwundert, dass Obama bei den Wählern nicht höher im Kurs steht. Kaum ein Polit-Beobachter in den USA widerspricht mehr der These, dass die Republikanische Partei durch George W. Bush ihre Basis und ihre Glaubwürdigkeit verspielt hat. George Packer dokumentierte in einem Artikel im "New Yorker" erst kürzlich ausführlich diesen "Fall des Konservatismus". Der Historiker Sean Wilentz rief in seinem Buch "The Age of Reagan" ebenso wie Paul Krugman in seinem Bestseller "Nach Bush" das "Ende der Neokonservativen und die Stunde der Demokraten" aus.

"Der große Elefant im Raum, über den sich niemand zu reden traut"
Eine Erklärung dafür, dass Obama bislang nicht deutlicher vor McCain liegt, ist, wie David Brooks vergangene Woche in der "New York Times" schrieb, dass die Menschen "einfach nicht wissen, wer dieser Obama ist". Viele Wähler, so Brooks, könnten ihn wegen seiner ungewöhnlichen Herkunft - sein Vater ist Kenianer, seine Mutter eine Weiße, er wuchs in Indonesien und Hawaii auf - nicht recht einordnen. Andere, wie John Heilemann vom "New York Magazine" glauben unumwunden, dass die Zurückhaltung der Wähler alleine mit Obamas Hautfarbe zu tun habe: "Das ist der große Elefant im Raum, über den sich niemand zu reden traut."

Bislang ist nicht bekannt, in wieweit Obama bei seiner Rede am Donnerstag in Denver dieses Thema ansprechen wird. In seinem bisherigen Wahlkampf war er sehr darum bemüht, nicht vordergründig als "schwarzer" Kandidat aufzutreten und damit weiße Wähler zu verschrecken. Aus gutem Grund: John Judis von der politischen Wochenschrift "The New Republic" beispielsweise glaubt, dass für bis zu 20 Prozent selbst demokratisch gesonnener Wähler die Hautfarbe Obamas ein Grund dafür sein könnte, nicht für ihn zu stimmen. Dennoch ist Obama schon im Vorwahlkampf im Zusammenhang der Affäre um seinen schwarzen Pastor Jeremy Wright letztlich nicht um das Thema herumgekommen.

Der US-Wahlkampf ist in seine heiße Phase eingetreten
Weit wichtiger als das Problem der Überwindung von Rassen-Gräben ist den amerikanischen Wählern derzeit allerdings die Wirtschaft. 40 Prozent der Wähler gaben in der "New York Times"/CBS-Umfrage die kriselnde US-Ökonomie als wahlentscheidendes Thema an. Nur 21 Prozent hingegen nannten den Terrorismus und nur 15 Prozent den Irak-Krieg - jene Gebiete, auf denen McCain sich zu profilieren versucht.

Sollten Rezession und schrumpfender Arbeitsmarkt im November die Amerikaner noch immer am meisten beschäftigen, könnte sich das zum Vorteil für Obama auswirken: 65 Prozent der Befragten sagten, dass sie Obama in wirtschaftlichen Dingen die größere Kompetenz zutrauten. Der Eindruck wurde sicher nicht dadurch verbessert, dass McCain sich bei einem Interview in der vergangenen Woche nicht einmal genau daran erinnern konnte, wie viele Häuser er besitzt. Die Obama-Kampagne drehte daraufhin umgehend einen Spot, indem sie fragte, ob die Sorgen der kleinen Leute bei so jemandem wohl gut aufgehoben wären. Kein Zweifel: Der US-Wahlkampf ist in seine heiße Phase eingetreten.