Regierung stellt Sicherheitsbericht vor - Polizeigewerkschaft bezweifelt Schlussfolgerungen

Deutsche fühlen sich "relativ sicher im Lande"

 (DR)

Deutschland ist nach Einschätzung der Bundesregierung "eines der sichersten Länder Welt". Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte am Mittwoch bei der Vorstellung des zuvor vom Bundeskabinett gebilligten Zweiten Periodischen Sicherheitsberichts in Berlin, im internationalen Vergleich gebe es in Deutschland ein "sehr hohes Niveau" an Sicherheit. Auch die Bevölkerung fühle sich "relativ sicher in unserem Lande". Dies sei aber kein Grund, in der Bekämpfung der Kriminalität nachzulassen. Die Polizeigewerkschaft GdP äußerte sich kritisch zu dem Bericht, ein Wohlgefühl könnten die Beamten nicht nachvollziehen" Hören Sie einen Beitrag über den Inhalt des Berichts.

Deutschland als Teil des Gefahrenraums
Schäuble betonte mit Hinweis auf den internationalen Terrorismus, Deutschland bleibe Teil des weltweiten Gefahrenraumes und mögliches Ziel von Anschlägen. Dies sei mit den zum Glück gescheiterten Kofferbombenattentaten von Ende Juli spürbar geworden.

Schäuble und Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) wandten sich gegen den Eindruck, die Gewaltkriminalität habe zugenommen. Gestiegene Zahlen seien vielmehr auf das veränderte Anzeigeverhalten und eine abnehmende Toleranz gegenüber Gewalt zurückzuführen, betonte Schäuble. Zypries verwies darauf, dass seit 2002 jährlich zwei bis fünf Kinder aus sexuellen Motiven getötet worden seien. So schrecklich wie diese Einzelfälle auch seien, das Gefühl, dass die Zahl solcher Taten zugenommen habe, sei falsch.

Auch die Ausländerkriminalität sei nicht gestiegen, wie Zypries. Die Delikte in diesem Bereich seien „etwa gleich geblieben, eher etwas zurückgegangen". Die Ministerin verwies jedoch in diesem Zusammenhang auf eine „gewisse Differenz", da es eine „ganze Menge von Ausländern gibt, die nur nach Deutschland einreisen, um Straftaten zu begehen beziehungsweise die hier leben, aber nicht gemeldet sind".

Extremismus nimmt zu
Rechts- und Linksextremismus nehmen zu. Rückläufig sind dagegen Eigentumsdelikte wie Diebstahl, dagegen steigt die Zahl der Vermögensdelikte wie Betrug. Die Wirtschaftskriminalität macht zwar nur 1,4 Prozent aller Straftaten aus, verursacht wegen der großen Zahl der Opfer hohe Schäden. Zudem gibt es dem Bericht zufolge hier wie auch bei der Umweltkriminalität eine großes Dunkelfeld.

Der Bericht verneint ferner eine Brutalisierung junger Menschen. Das gäben weder Justizdaten noch Dunkelfeldstudien her. Es gebe aber unter den Straffälligen eine „kleine Gruppe früh auffälliger, sozial hoch belasteter Jugendlicher".


Kritik von Polizeigewerkschaft und FDP
GdP-Chef Konrad Freiberg reagierte mit Unverständnis auf den Bericht der Minister. „Das Wohlgefühl können wir nicht nachvollziehen", sagte er. Die Beamten erlebten täglich hautnah, dass Gewaltkriminalität und Rechtsextremismus zunehmen. Freiberg riet: „Die Politiker sollten vielleicht mal aus ihrer Glaskugel heraustreten und den Alltag erleben." So gebe es „bestimmte Milieus" in Teilen der Republik, wo es für die Polizei „immer schwieriger ist, einzuschreiten". Auch die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), nannte die Einschätzung der Regierung „unglaubwürdig"

Landesregierung will verstärkt gegen Jugendkriminalität vorgehen
Mit einem 20-Punkte-Programm will die Landesregierung von NRW verstärkt gegen Jugendkriminalität vorgehen. Grund hierfür sei, dass sich die Zahl der wegen Gewalttaten verurteilten Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt hat, teilten Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter und Familienminister Armin Laschet (beide CDU) Anfang November in Düsseldorf mit. Gestärkt werden solle vor allem die Prävention.

So ist geplant, die Zusammenarbeit zwischen Schule, Jugendhilfe und Polizei zur Bekämpfung von Gewalt, Mobbing, Kriminalität und Drogenmissbrauch weiterzuentwickeln. «Bei hoch auffälligen Jugendlichen ist ein rechtzeitiges Einwirken unabdingbar», sagte Müller-Piepenkötter. Wiederholt auffällige Gewalttäter müssten rechtzeitig erkannt werden. Jugendbanden dürften keine Subkulturen außerhalb der Gesellschaft bilden. Laschet verwies auf die neuen Familienzentren, die Eltern durch die Vernetzung von Betreuung,
Beratung und Bildung in ihrer Erziehungskompetenz stärken.

Studie zu Gewalt an Schulen: Verbale Gewalt am häufigsten
Die häufigste Form von Gewalt an deutschen Schulen ist verbale Gewalt wie Beleidigen oder Drohen. Der Umgangston verroht zunehmend. Zu diesem Ergebnis kommt Kristian Klett in einer Untersuchung zum Thema "Gewalt an Schulen", die er am Pädagogischen Seminar der Universität zu Köln durchführte.

Mit der Feststellung, dass die Schule schon immer ein Ort der Gewalt war, verbindet Kristian Klett die Forderung nach mehr Gewaltpräventionsmaßnahmen. Er zeigt in seiner Untersuchung auf, dass Streitschlichterprogramme die Einstellung der Schüler zur Gewalt nachhaltig verändern. Schüler, an deren Schulen Gewaltpräventionsmaßnahmen durchgeführt werden, geben deutlich seltener an, Angst an ihrer Schule zu haben.

Die Untersuchung verweist auf den Trend, dass die Täter immer jünger werden. Das Durchschnittsalter liegt zwischen 13 und 15 Jahren. Die Ursachen der Gewaltanwendung sind unterschiedlich. Jugendliche, die selbst geschlagen oder missbraucht worden sind, oder die einer gewaltbereiten Gruppe angehören, haben eine höhere Neigung, zum Täter zu werden. Erfahrene Ungerechtigkeit ist dabei der größte Auslöser für Aggression. Auch der Bildungsgrad spielt eine Rolle. 26 Prozent der Hauptschüler und fast ein Drittel der Gesamtschüler bezeichnen das Klima an ihrer Schule als "aggressiv/gewalttätig". Bei den Gymnasiasten sind es nur vier Prozent.