Viele Dekrete und keine neuen Kardinäle im Jahr 2021

Reform und Prozess für 2022?

Das Jahr 2022 ist noch eine Wundertüte. Sicher wird die Pandemie den Papst weiter beschäftigen und wohl auch die Kurienreform. Es dürfte ein Jahr voller neuer Vorhaben werden, wenn auch das vergangene schon überdurchschnittlich arbeitsam war.

Autor/in:
Anna Mertens und Roland Juchem
Papst Franziskus mit Bischöfen und Kardinälen im Vatikan (Archiv) / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus mit Bischöfen und Kardinälen im Vatikan (Archiv) / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )

Papst Franziskus hat wie viele Menschen auf dem Globus das Jahr 2021 ruhig ausklingen lassen. Abgesehen von verschärften Corona-Regeln gab es keine großen Überraschungen rund um die Feiertage. Der Vatikan ist für 2022 gewappnet. Das wird ein für Franziskus wichtiges Jahr unter anderem mit der im vergangenen Herbst begonnenen Weltsynode.

Die Synode zur Synodalität soll die Kirche von innen heraus verändern. Sie soll das Miteinander von Gläubigen, Klerikern und Laien auf ein gemeinschaftlicheres Fundament stellen.

Wo bleibt die Kurienreform?

Einige hatten gemunkelt, kurz vor dem Jahreswechsel würde die langerwartete Kurienreform veröffentlicht. Wieder wurde nichts draus. Die Apostolische Konstitution mit dem Titel "Praedicate evangelium" (Verkündet das Evangelium) soll die Kurienordnung "Pastor bonus" Johannes Pauls II. von 1988 ersetzen. Über drei Jahre lang immer wieder hieß es, nun werde sie bald veröffentlicht. Nächster Tipp: bis Ende Juni dieses Jahres.

Das meiste ist indes schon umgesetzt. Wie der Papst selbst sagte, stehen noch Veränderungen bei der Bildungskongregation und beim Rat für Neuevangelisierung aus. Dessen Chef, Erzbischof Rino Fisichella empfing Franziskus am Montag. Auch braucht das Entwicklungsdikasterium nach dem Rückzug von Kardinal Peter Turkson eine neue Leitung. Offenbar war die Führung dieser großen und inhaltlich komplexen Behörde schwierig.

Daher müsste wohl auch der Zuschnitt dieses Super-Dikasteriums, das mit zahlreichen "Laudato si"-Initiativen, weltweitem Pandemie-Management und Migration überfordert scheint, überdacht werden. Einstweilen zum 1. Januar haben Kardinal Michael Czerny sowie die Sekretärin Alessandra Smerilli die Leitung ad interim übernommen.

Frauen übernehmen hohe Posten

Smerillis Ernennung zur Sekretärin im Herbst - wenn auch ad interim - war bereits historisch. Sie ist die erste Frau, die ein solch wichtiges Amt bekleidet. Und auch darüber hinaus beförderte Papst Franziskus im vergangenen Jahr mehr Frauen als je zuvor in wichtige Posten. Darunter Schwester Nathalie Becquart als Untersekretärin der Bischofssynode. Sie ist die erste Frau in der Geschichte, die bei einer Vollversammlung der Bischofssynode 2023 abstimmen darf.

Anfang November ernannte der Papst die italienische Sozialwissenschaftlerin und Ordensfrau Raffaella Petrini (52) zur Generalsekretärin des vatikanischen Governatorats, also zur Nummer Zwei im Staat der Vatikanstadt. Bei den Gottesdiensten im Petersdom saß sie zuletzt öfter vorn in der ersten Reihe.

Es könnten mehr Frauen auf hohe Posten folgen, sogar in höhere. Nicht alle Kurienbehörden müssen zwangsläufig von einem Mann mit Bischofsweihe und Kardinalsrang geleitet werden.

Produktiver Pontifex

Fest steht, dass Papst Franziskus im vergangenen Jahr - trotz seiner schweren Darm-Operation - ausgesprochen arbeitsam war. Er erließ überdurchschnittlich viele Dekrete. Insgesamt gab es acht Motu Proprio zu verschiedenen Themen. Seit seiner Wahl 2013 lag der Jahresdurchschnitt bei fünf Motu Proprio. Allein damit ist er nach Einschätzung der Nachrichtenagentur I.Media der "produktivste Pontifex" seit Beginn des 20. Jahrhunderts.

Seine acht Dekrete im Jahr 2021 betrafen sehr unterschiedliche Themen. Einer der wichtigsten und zugleich umstrittensten Erlasse ist "Traditionis custodes", der am 16. Juli veröffentlicht wurde. Damit legte Franziskus die "ordentliche Form" der Messe als "einzige Ausdrucksweise" des Römischen Messritus fest. Die 2007 von Benedikt XVI. in größerem Umfang erlaubte außerordentliche Form von 1962 darf demnach nur noch unter besonderen Voraussetzungen gefeiert werden.

Der Papst und der Finanzsskandal

Ein weiteres wichtiges Motu proprio wurde Ende April vergangenen Jahres öffentlich. Es ermächtigt die vatikanische Justiz, über Kardinäle und Bischöfe zu urteilen. Damit wurde der derzeit laufende und sich hinziehende Prozess gegen Kardinal Angelo Becciu möglich. In dem großen Finanz-Prozess geht es um verlustreiche Investitionen in eine Londoner Immobilie in dreistelliger Millionenhöhe.

Ein am Montag über den Blog "Settimo cielo" bekannt gewordenes Dossier des Substituten im Staatssekretariat, Erzbischof Edgar Pena Parra", legt nahe: Bei dem Prozess könnte es noch mal spannend werden - und kompliziert. Der Papst war in die Abwicklung des Londoner Finanzdeals wohl mehr involviert als bisher bekannt. Wie aber soll Franziskus als Zeuge vor ein Gericht geladen werden, das ihm als absolutem Souverän des Vatikanstaates untersteht?

Neue Kardinäle benötigt

Wider Erwarten gab es erstmals seit 2014 keine neuen Kardinäle. Wenn am Freitag der chilenische Kardinal Ricardo Ezzati 80 Jahre alt wird, sinkt die Zahl der Papstwähler auf 119. Die Schwelle von 120 wurde 1975 von Paul VI. als theoretische Höchstgrenze des Wahlkollegiums festgelegt, ist aber seit etwa 20 Jahren zu einem Minimum geworden.

Folglich wäre die Ernennung neuer Purpurträger ein klares Projekt fürs neue Jahr. Bislang berief Franziskus Konsistorien je zwei Mal im Februar, im Juni und im November ein sowie einmal im Oktober.

Von den vielen Reiseplänen, die seit Monaten kursieren - Kongo, Ungarn, Ozeanien, Papua-Neuguinea, Osttimor, Indonesien, Malta, Libanon, Südsudan - ist bisher keiner offiziell bestätigt.


Screenshot: neue Kardinäle / © CTV (CTV)
Screenshot: neue Kardinäle / © CTV ( CTV )

Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA