Priester beobachten Wandel im westafrikanischen Benin

Terroranschläge und Geld für Moscheen

Die Gewalt aus Burkina Faso und Niger schwappt zunehmend in das Land Benin über. Priester wie Imame achten daher besonders auf Entwicklungen, die das Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen beeinträchtigen könnten.

Autor/in:
Katrin Gänsler
Denis Kocou (m.), Priester der Kirche Notre-Dame de la Nativite (dt. Unserer Lieben Frau Geburt) in Gogounou, spricht mit zwei Männern im Januar 2022 / © Katrin Gänsler (KNA)
Denis Kocou (m.), Priester der Kirche Notre-Dame de la Nativite (dt. Unserer Lieben Frau Geburt) in Gogounou, spricht mit zwei Männern im Januar 2022 / © Katrin Gänsler ( KNA )

Priester Denis Kocou muss nur wenige Minuten zu Fuß gehen, wenn er Ibrahim Guerra treffen möchte. Das Haus des Imams liegt direkt hinter der katholischen Marienkirche in Gogounou, einer Stadt im Norden Benins, die zur Diözese Kandi gehört. Etwa zwei Drittel der Bevölkerung sind Muslime. Die beiden Männer besuchen sich gegenseitig an christlichen und muslimischen Feiertagen, sprechen über das, was gerade in der Stadt passiert, und haben ein gemeinsames Ziel: Das Zusammenleben soll friedlich bleiben. "Das funktioniert bisher gut", betont der Priester, der seit 2006 hier arbeitet. Kleine Missverständnisse seien selten.

Denis Kocou, Priester der Kirche Notre-Dame de la Nativite (dt. Unserer Lieben Frau Geburt) in Gogounou (Benin)
Denis Kocou, Priester der Kirche Notre-Dame de la Nativite (dt. Unserer Lieben Frau Geburt) in Gogounou (Benin)

Friedliches Zusammenleben von Christen und Muslimen

Das sagt auch drei Autostunden weiter südlich in der Stadt Parakou Pascal N'Koue im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er ist Erzbischof der gleichnamigen Erzdiözese. "Wir leben gut zusammen und verstehen uns." Besondere Projekte, die in anderen Ländern gezielt Christen und Muslime zusammenbringen, hält er für nicht notwendig. Man habe den Alltag stets gemeinsam gestaltet.

Terrorgruppen im Norden

Tatsächlich ist Benin mit seinen 13 Millionen Einwohnern für religiöse Toleranz bekannt. Im Süden wird neben Christentum und Islam noch Voodoo praktiziert. Die alte Religion, zu der sich offiziell rund 6 Prozent der Bevölkerung bekennen, hat mit dem 10. Januar sogar einen eigenen Feiertag. Trotzdem verändert sich gerade im Norden einiges. Grund dafür sind die Entwicklungen in den Nachbarländern Burkina Faso und Niger, wo Terrorgruppen, die Al-Kaida und dem "Islamischen Staat" nahe stehen, regelmäßig Anschläge verüben. Lange wurde gehofft, dass sich die Gewalt nicht auf die Küstenstaaten ausbreitet.

Doch seit Ende November verzeichnete Benin gleich drei Anschläge; in Porga, Banikoara und zuletzt im Februar im Nationalpark W, der sich auch auf die Länder Burkina Faso und Niger erstreckt, aber für Besucher geschlossen ist. Acht Menschen starben nach Informationen des Unternehmens "African Parks", das die Parks W und Pendjari im Nordwesten betreibt. Wer dafür verantwortlich ist, lässt sich nicht immer sagen. Es gibt auch Spekulationen, dass bewaffnete Gruppierungen Misstrauen säten, um leichter Waren durch die Region schmuggeln zu können.

Angst vor Anschlägen nimmt zu

Im Norden sorgt das zunehmend für Angst. "Ich erlebe den Islam als tolerant. Doch es gibt Extremisten, wie wir in den Nachbarländern beobachten", sagt Denis Kocou. Der Priester beobachtet auch, dass Prediger aus dem Ausland kämen und eine "andere Version des Islam" einführen wollen. Das sorge für Spannungen unter den Muslimen. Kleine Meinungsverschiedenheiten, ob etwa das Mittagsgebet um 13.00 oder um 14.00 Uhr gesprochen wird, würden zu Grundsatzdebatten. Oft stammen solche Ideen aus den Golfstaaten. Kontakte nach Saudi-Arabien haben in den vergangenen Jahrzehnten etwa das Wahhabitentum nach Westafrika gebracht. In Benin spielt es bislang noch keine Rolle.

Denis Kocou, Priester in Benin

"Ich erlebe den Islam als tolerant. Doch es gibt Extremisten, wie wir in den Nachbarländern beobachten"

Einfluss der Golfstaaten wächst

Zwischen Parakou und Kandi, aber auch entlang der Straße nach Natitingou ist vor allem Kuwait allgegenwärtig. In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Moscheen entstanden, häufig in Verbindung mit Brunnen. Erzbischof N'Koue: "Moscheen entstehen überall, aber keine Kirchen." Traditionell ist der Norden muslimisch geprägt, während sich das Christentum ab 1861 von der Küste ins Landesinnere ausbreitete.

Viele Muslime freut das Engagement der Golfstaaten. Häufig wird betont, es handele sich um private Spenden, die auf die Almosengabe Zakat zurückgehen. Der junge Zoulkaneri Assouma jedenfalls ist so begeistert von der Präsenz, dass er am liebsten selbst in Saudi-Arabien studieren würde. "Dort kommt der Islam her. Ich möchte dort unbedingt studieren und suche nach einem Stipendium", sagt er.

Der Kontakt ist aber noch aus einem anderen Grund eng: wegen der Pilgerfahrt nach Mekka. Auch einen regen politischen Austausch gibt es. Zuletzt empfing Präsident Patrice Talon Anfang März einen Vertreter des saudischen Königs in Cotonou.

Ibrahim Guerra, Imam in Gogounou (Benin)
Ibrahim Guerra, Imam in Gogounou (Benin)

In Gogounou kommt Imam Ibrahim Guerra gerade vom Mittagsgebet. Er gehört zu jenen, die die Entwicklung kritisch sehen. "Wir würden gern wissen, wer genau dahinter steckt. Es geht um enorme Summen." Er befürchtet, dass der Trend zu einer weiteren Destabilisierung der islamischen Gesellschaft führen könnte, und sagt: "Die Menschen, die das gut finden, lieben Geld doch viel mehr als Allah."

Die Terrormiliz Islamischer Staat

Im Sommer 2014 verkündete der später getötete IS-Propagandachef Abu Mohammed al-Adnani die Errichtung eines "Kalifats" mit IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi an der Spitze. Die Terrorgruppe war zuvor in den Wirren des Irak-Krieges entstanden und aus einem Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida hervorgegangen. Lange bekämpfte der IS-Vorläufer die US-Truppen im Land.

Ein IS-Soldat bereitet Munition vor, in Syrien 2017.
 / © Mohammad Bash (shutterstock)
Ein IS-Soldat bereitet Munition vor, in Syrien 2017. / © Mohammad Bash ( shutterstock )
Quelle:
KNA
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