Benin gilt als Wiege einer alten Religion

Ein Land im Voodoo-Rausch

Kleine Püppchen und lange Nadeln: Voodoo wird oftmals übertrieben dargestellt. Das westafrikanische Benin gilt als die Wiege des Voodoo. Dort ist es sogar eine offizielle Religion. An diesem Mittwoch finden zahlreiche Feiern im ganzen Land statt.

Autor/in:
Katrin Gänsler
Benin: Viele Menschen sind Anhänger der Voodoo-Religion / © N.N. (KNA)
Benin: Viele Menschen sind Anhänger der Voodoo-Religion / © N.N. ( KNA )

Dano Dangbeno hat vier kleine Figuren aus Holz vor sich aufgebaut. Wie er tragen sie weiße Kleidung. Dangbeno fordert etwas Geld oder eine Zigarette für sie, eine Opfergabe. Es sind Zwillinge, wie Dangbeno selbst. "Mein Zwilling lebt nicht mehr. Aber diese Figuren ersetzen ihn. Ich nehme sie überall mit hin."

Für Dano Dangbeno ist die Präsenz seines verstorbenen Zwillings eine Selbstverständlichkeit, Teil des Alltags und seiner Kultur - ebenso wie Voodoo, jene alte Religion, die nirgendwo so lebendig wie in Benin ist. Die größte Feier findet wie in jedem Jahr am Strand von Ouidah statt. Rund um den 10. Januar verzeichnet sie tausende Besucher aus ganz Benin, Europa, aber auch immer wieder aus Haiti.

Monotheistische Religion

Zum großen Fest trifft man immer wieder Gäste, die sich auf die Spuren ihrer Vorfahren machen. Genaugenommen zählt Voodoo zu den monotheistischen Religionen, denn es kennt nur einen Gott. Er wird heute französisch als Bondieu ("Guter Gott") bezeichnet. Allerdings ist er so gewaltig, dass der Gläubige sich nicht direkt an ihn wenden kann. Als Vermittler kommen die Loa ins Spiel, göttliche Geistwesen, die den Lauf der Dinge verändern können. Für den Voodoo-Gläubigen sind die Loa Racine, die Familien-Loa, deren Anbetung innerhalb der Familie schon seit Generationen stattfindet, dabei die wichtigsten Ansprechpartner.

Benin ist neben Haiti das einzige Land, das Voodoo offiziell als Religion anerkennt. In den Karibikstaat kam der Kult durch den Sklavenhandel. Dort rückt er heute wieder mehr ins Bewusstsein. So gründete sich beispielsweise 2005 eine haitische Voodoo-Vereinigung.

Vergangenes Jahr hatte auch eine Regierungsdelegation an der Feier in Ouidah teilgenommen. 1998 wurde in Benin mit dem 10. Januar sogar ein eigener Feiertag geschaffen; eingeführt von dem damaligen Präsidenten Mathieu Kerekou. Sein Amtsvorgänger Nicephore Soglo hatte nach dem Ende des Sozialismus im Jahr 1991 den Weg dafür bereitet. Dano Dangbeno nickt bekräftigend: "Voodoo ist ein Teil unseres Lebens und sehr wichtig. Natürlich wollen wir auch feiern."

Praktiziert wird Voodoo auch in Togo und in Ghana. Verwechselt wird es immer wieder mit Juju in Nigeria, was als dunkle Magie gilt und zuletzt in Verbindung mit dem Menschenhandel Richtung Europa gebracht worden war. Den Angaben zufolge besuchen junge Frauen, die in Europa zur Prostitution gezwungen werden sollen, vor ihrer Reise einen Juju-Priester, der dafür sorgen soll, dass sie über das Erlebte nicht sprechen.

Beninische Voodoo-Anhänger betonen indes, dass ihre Religion eine friedliche ist. Bilder von mit Nadeln durchstochenen Puppen stammen demnach eher aus Hollywood-Filmen. Wieviele Voodoo-Anhänger in Benin leben, ist nicht klar. Aktuellen Schätzungen zufolge bekennen sich 11,6 Prozent der gut 10,7 Millionen Einwohner offiziell zum Voodoo.

Ihre Zahl nimmt ab. Allerdings ist es in dem westafrikanischen Land nicht unüblich, sich sowohl zum Christentum zu bekennen als auch Voodoo zu praktizieren.

Alte Religion

Voodoo ist eine alte Religion, die es schon lange vor dem Eintreffen der ersten Missionare aus Europa gab. Zu großen Konflikten kam es nie, was, so wird es zumindest in Ouidah betont, auch durch die Basilika Mariä Empfängnis im Zentrum der Stadt deutlich wird. Sie wurde nach sechs Jahren Bauzeit 1909 eingeweiht und liegt direkt gegenüber des Python-Tempels. In dem bei Touristen beliebten Tempel finden bis heute Zeremonien statt. Es heißt, dass der örtliche Voodoo-Priester den Missionaren das Land für den Kirchenbau zur Verfügung stellte - und damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlug:

Einerseits sollte Offenheit gegenüber den Neuankömmlingen zum Ausdruck gebracht werden, andererseits bot sich so auch die Möglichkeit, die Aktivitäten der katholischen Kirche zu kontrollieren.

Barthelemy Adoukonou, Sekretär des Päpstlichen Kulturrates, bezeichnete Voodoo im Vorfeld des letzten Papstbesuches im Jahr 2011 als "ernstzunehmende Religion". In Ouidah hatten sich damals auch zahlreiche Voodoo-Anhänger versammelt, um Papst Benedikt XVI. zu begrüßen und seinen Besuch zu verfolgen. Vor ihm war bereits Papst Johannes Paul II. (1978-2005) gleich zweimal nach Benin gereist.


Quelle:
KNA