Priester als Politiker gibt es nicht nur in Paraguay - Lugo bittet Kirche um Entschuldigung

Ausnahme, aber kein Einzelfall

Der ehemalige Bischof von San Pedro und designierte Präsident des lateinamerikanischen Staates, Fernando Lugo, ist der jüngste und wohl spektakulärste Fall in einer Reihe von Klerikern, die mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen in die staatlichen Geschicke ihres Heimatlandes eingegriffen haben. Dass, wie in Paraguay, ein katholischer Priester nach einem politischen Amt greift, ist heutzutage eine Ausnahme, aber kein Einzelfall. Eine Erlaubnis des Vatikan gibt es aber nur im Ausnahmefall.

Autor/in:
Joachim Heinz
 (DR)

Zu den bekanntesten Fällen der jüngeren Vergangenheit zählen der nicaraguanische Befreiungstheologe Ernesto Cardenal, der es zum Kultusminister brachte, oder der Ordensmann und spätere Präsident von Haiti, Jean-Bertrand Aristide.

Ein katholischer Priester wird meist schon bald nach Aufnahme eines politischen Engagements von seinem priesterlichen Dienst suspendiert.
Die Grundlagen dafür liefern die entsprechenden Bestimmungen des modernen katholischen Kirchenrechts, das die im Mittelalter praktizierte Verquickung von geistlicher und weltlicher Herrschaft im bischöflich-landesherrlichen Regierungsamt weit hinter sich gelassen hat.

In Kanon 285, Paragraf 2 des Kirchenrechts von 1983 heißt es dazu wörtlich: "Öffentliche Ämter anzunehmen, die eine Teilhabe an der Ausübung weltlicher Gewalt mit sich bringen, ist den Klerikern verboten." Auch Lugo war im Vatikan in die Kritik geraten.

Lugo bittet Kirche um Entschuldigung
Nach seinem klaren Wahlsieg am Sonntag hat der neugewählte Präsident die katholische Kirche um Entschuldigung gebeten. Er habe ihr Schmerz zugefügt, da er dem Kirchenrecht nicht gehorcht und sich der Politik zugewandt habe, sagte der 58-Jährige am Montag in Asuncion. Er hoffe, er könne weiter der katholischen Kirche angehören und werde nicht exkommuniziert, betonte Lugo vor den Medien. Die Entscheidung liege beim Vatikan.

Lugo war von seinem 2006 freiwillig von seinem Bischofsamt zurückgetreten und hatte seine Kandidatur bekanntgegeben. Der Vatikan suspendierte ihn von seinen kirchlichen Ämtern. Die Kirchenspitze Paraguays und der Vatikan hatten darüber hinaus mehrfach ihre Ablehnung von Lugos politische Aktivitäten zum Ausdruck gebracht.

Der Sprecher der Paraguayischen Bischofskonferenz, Adalberto Martinez, teilte am Montag (Ortszeit) mit, die Kirche erkenne Lugo offiziell als designierten Präsidenten an. Die Bischöfe wollten mithelfen, eine Lösung für die kirchenrechtliche Stellung Lugos zu finden.

Gerechtigkeit und Frieden bewahren
Vielleicht hilft ein Blick in die jüngste Geschichte. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) ließ Ausnahmen gelten - etwa wenn dies Gerechtigkeit und Frieden "inmitten von desorientierten und schlecht funktionierenden öffentlichen Institutionen" bewahren half.

Eine solche Motivation spielte etwa bei dem damaligen Erzbischof von Cotonou in Benin, Isidore de Souza, eine Rolle. Der Geistliche übernahm mit Genehmigung des Vatikan ein wichtiges politisches Amt: Als Vorsitzender der Nationalversammlung moderierte er den Übergang des westafrikanischen Landes von einer marxistisch-leninistischen Diktatur zur Demokratie.

Auch eine deutsche Karriere
In Deutschland sorgte zuletzt der Fall des früheren katholischen Stadtdekans von Wiesbaden, Ernst-Ewald Roth, für Schlagzeilen. Er ging im März 2007 als Kandidat der SPD ins Rennen um das Amt des Oberbürgermeisters der hessischen Landeshauptstadt. Dabei versäumten es die Sozialdemokraten, den in der Zwischenzeit suspendierten Priester fristgerecht beim Wahlleiter für die Wahl anzumelden. Karriere gemacht hat Roth trotz dieses peinlichen Versehens: Mittlerweile sitzt er als Abgeordneter seiner Partei im Hessischen Landtag.

Theologisch gesehen bleibt er ebenso wie die anderen Betroffenen übrigens weiterhin Priester - ungeachtet der kirchenrechtlichen Suspendierung. Denn die bezieht sich lediglich auf die Ausübung der priesterlichen Tätigkeit, nicht aber auf das Weiheamt des Priesters.