Ein ehemaliger Stadtdekan zieht für die SPD in Hessens Landtag ein

Ein Geistlicher als Volksvertreter

Die SPD in Hessen ist der große Gewinner des ersten Wahlsonntags im Jahr. Mit beigetragen zum Stimmenzuwachs hat ein katholischer Geistlicher: Der frühere Stadtdekan von Wiesbaden Ernst-Ewald Roth zieht mit einem Direktmandat in den Landtag ein. Es ist nicht sein erster Ausflug in die Politik.

 (DR)

Roth hatte in der Vergangenheit bereits als SPD-Kandidat für das Wiesbadener Oberbürgermeisteramt kandidiert. Künftig sitzt er als SPD-Abgeordneter im Hessischen Landtag. Bei der Landtagswahl am Sonntag errang er im Wiesbadener Wahlkreis 30 das Direktmandat. Von seinen priesterlichen Aufgaben wurde er vorher allerdings entbunden.

Karriere mit Seltenheitswert
Theologisch gesehen ist Roth trotz seiner Suspendierung nach wie vor Priester. Dass mit ihm ein katholischer Geistlicher einem Parlament in Deutschland angehört, hat für die Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Seltenheitswert.

Nach Auskunft der in Bonn ansässigen Kommission für Zeitgeschichte ist dies lediglich in den ersten Nachkriegsjahren vereinzelt, etwa im Bayerischen Landtag, vorgekommen. Letzter katholischer Priester in einem politischen Spitzenamt in Deutschland war Prälat Ludwig Kaas, der zwischen 1928 und 1933 Vorsitzender der Zentrumspartei war.

Dank einer Panne bundesweit in die Schlagzeilen
Bundesweit in die Schlagzeilen kam Roth, als er - damals noch parteilos - als Kandidat der Wiesbadener SPD ins Rennen um das Amt des Oberbürgermeisters der hessischen Landeshauptstadt ging. Dabei versäumten es die Sozialdemokraten, ihn fristgerecht beim Wahlleiter für die Wahl im März vergangenen Jahres anzumelden. Seit mehr als einem Jahr ist Roth SPD-Mitglied, inzwischen auch stellvertretender Vorsitzender der SPD in der Landeshauptstadt.

Nachdem Roth, damals noch Stadtdekan, im April 2006 seine Bereitschaft zur OB-Kandidatur erklärt hatte, untersagte ihm der damalige Limburger Bischof Franz Kamphaus, Gottesdienste zu feiern und Sakramente zu spenden, und beurlaubte ihn als Stadtdekan von Wiesbaden und als Pfarrer der dortigen Kirchengemeinde Sankt Bonifatius. Das katholische Kirchenrecht verbietet es einem Kleriker, "öffentliche Ämter anzunehmen, die eine Teilhabe an der Ausübung weltlicher Gewalt mit sich bringen".