Predigt Erzbischof Zollitsch in Fulda

"Vielfalt ist Reichtum, nicht Bedrohung"

Erzbischof Robert Zollitsch hat mit Blick auf den Dialogprozess in der katholischen Kirche zu einer größeren Wertschätzung der Vielfalt aufgerufen. Die Katholiken sollten lernen, die "Pluralität der Glaubenszugänge, spirituellen Prägungen und Lebensweisen" in der Kirche als Bereicherung anzunehmen und sie nicht als Gefährdung zu betrachten.

 (DR)

Der Freiburger Erzbischof ermunterte am Dienstag in seiner Predigt zum Eröffnungsgottesdienst der Herbstvollversammlung der Bischöfe in Fulda zu einer "geistlichen Haltung der Wertschätzung zueinander". Auch wenn andere in wichtigen Fragen des Christseins unterschiedliche Auffassungen hätten, solle man zunächst davon ausgehen, dass es auch ihnen um die Zukunft von Glauben und Kirche gehe.



Der Konferenzvorsitzende sagte, die Kirche dürfe sich nicht auf "die kleine Herde" der besonders überzeugten Christen zurückziehen. Sie habe einen Auftrag für die Gesellschaft und müsse nahe bei den Menschen und den sie bedrängenden Fragen sein. Zollitsch mahnte zugleich zu Geduld: Einigen gehe die vorgeschlagene Erneuerung viel zu schnell; anderen gingen die Vorschläge nicht weit genug. Der Freiburger Erzbischof räumte ein, er selber werde bisweilen ungeduldig.



Zollitsch schließt neue Synode in Deutschland nicht aus

Später erklärte Zollitsch, eine neue Synode der katholischen Kirche in Deutschland sei grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Die Kirche müsse aber die Ergebnisse des derzeitigen Dialogprozesses abwarten. Derzeit gebe es keine konkreten Pläne für eine Synode, die laut Kirchenrecht rechtsverbindliche Beschlüsse fassen kann.



Der Sekretär der Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer, sagte, in der gegenwärtigen Situation der Kirche seien flexiblere Dialogformate sinnvoller. Eine Synode brauche zudem lange Vorlaufzeiten. Auch Langendörfer betonte, dass Synoden eine Zukunft in der katholischen Kirche hätten.



Zollitsch und Langendörfer äußerten sich am Rande einer Buchvorstellung. Die Deutsche Bischofskonferenz hat die für die jüngere Geschichte der katholischen Kirche in Deutschland wichtigen Beschlüsse der Würzburger Synode der westdeutschen Bistümer (1971 bis 1975) als Buch neu herausgegeben. Der Band aus dem Verlag Herder versammelt die Beschlüsse der Vollversammlung der Synode sowie die weniger rechtsverbindlichen Arbeitspapiere der Sachkommissionen. Die Ergebnisse der Synode wurden in 18 Beschlüssen und 6 Arbeitspapieren festgehalten.



Im Vorwort betont der Mainzer Kardinal Karl Lehmann, dass das Abhalten von Synoden - ganz abgesehen von den römischen Bischofssynoden - "wohl auch in Zukunft ein wichtiges Element der kirchlichen Wirklichkeit" bleiben werde. Der Kardinal macht darauf aufmerksam, dass es nach wie vor offene Fragen mit Blick auf die so genannten Voten gibt, die die Synode an den Vatikan gerichtet hatte.



Die 16 Voten der Synode befassten sich unter anderem mit dem Diakonat der Frau und mit der Beteiligung der Laien an der kirchlichen Verkündigung. Der Mainzer Bischof versichert, es bleibe nach wie vor ein Ziel, auch eine kommentierte Neuausgabe der Beschlüsse der Pastoralsynode in der DDR (1973-1975) herauszugeben, "auch um diese Synode unter den Bedingungen der kommunistischen Staatsdiktatur angemessen würdigen zu können".