Prachtvolle römische Villa neu erschlossen

Alte Steine in neuem Glanz

Eine der prachtvollsten Anlagen der römischen Kaiserzeit soll aus der Vergessenheit gehoben werden: die Villa der Quintilier, Residenz des 192 verstorbenen Herrschers Commodus. Bislang finden nur 15.000 Besucher jährlich den Weg in den kaiserlichen Landsitz - obwohl der an Luxus der Villa in Tivoli in nichts nachstand.

Autor/in:
Burkhard Jürgens
 (DR)

Ein Grund für die fehlende Beachtung ist, dass die Ruinenstätte im Süden Roms praktisch nur über die stark befahrene Ausfallstraße Via Appia Nuova zu erreichen ist - für normale Touristen ein umständlicher und eher abschreckender Weg.



Das soll sich jetzt durch einen zweiten Eingang an der weiter westlich verlaufenden Via Appia Antica ändern. Dann wird man wie zu Kaisers Zeiten auf historischem Basaltpflaster und unter Pinien zu der Residenz wandern können. Soeben haben Bauarbeiten für zwei Millionen Euro in dem zum Areal gehörenden mittelalterlichen Gebäudekomplex Santa Maria Nuova an der Römerstraße begonnen. Nach Auskunft der römischen Antikenbehörde soll der neue Empfangsbereich einschließlich Souvenir- und Buchladen in spätestens zwei Jahren fertig sein.



Auch wenn die pittoresken Ruinen in der römischen Campagna schon im 18. Jahrhundert zum Pflichtprogramm von Bildungsreisenden zählten - die archäologische Erforschung des Geländes begann erst 1985. Damals kaufte der Staat 24 Hektar des kaiserlichen Anwesens, das insgesamt eine weitaus größere Ausdehnung hatte. Zuvor hatten sich allerdings Kunstliebhaber - unter ihnen Päpste und stadtrömische Adelige - schon am Figurenschmuck der Villa bedient. Zahlreiche Skulpturen finden sich heute in den Vatikanischen Museen, dem Louvre oder der Münchner Glyptothek, unter anderem die Aphrodite Braschi und der "Knabe mit der Gans".



Systematische Ausgrabungen ab 1998 brachten eine luxuriöse Thermenanlage sowie Repräsentationsräume und Privatgemächer ans Licht. Ihr Bauherr: Commodus, ein ebenso machtbewusster wie skrupelloser Kaiser. Die namengebenden Vorbesitzer der Villa, die Brüder und ehemaligen Konsuln Sextus Quintilius Valerius Maximus und Sextus Quintilius Condianus, ließ er unter dem Vorwand einer angeblichen Verschwörung hinrichten und eignete sich deren Residenz im Jahr 182 selbst an.



Hunderte, wenn nicht Tausende Bedienstete

Commodus sparte nicht beim Ausbau: Den Boden der Baderäume deckt kostbarer grüner, roter und gelber Marmor. Das Gewölbe bildete in blauem und goldenem Glasfluss das bestirnte Himmelszelt nach. Allein die Erholungs- und Massageräume sind auf 25 Meter Länge mit feinstem Mosaik in geometrischen Mustern ausgelegt. Ein Rundbau, den man anfangs für einen Konzertraum hielt, war nach neueren Erkenntnissen eher ein Gladiatorenrund, in dem sich der Herrscher selbst an Schwert und Keule versuchte. Neben Profikämpfern zur Unterhaltung hielt sich Commodus auch eine Schutztruppe, die an der Via Appia stationiert war. Sie hielt ihm das Volk vom Hals, das aus Protest über Kürzungen bei den Getreiderationen zur Villa hinauszog.



Für den Unterhalt der Villa müssen Hunderte, wenn nicht Tausende von Bediensteten zuständig gewesen sein, "vermutlich eine ganze Stadt", meint Riccardo Frontoni, einer der Archäologen der Villa. Wo und wie sie lebten, haben noch künftige Grabungen zu erschließen. Klar ist nur, dass der Landsitz eine Melange der Kulturen und Glaubensrichtungen bildete: Das kleine Museum der Villa zeigt Reliefs des Mithras-Kultes, eine Artemis aus Ephesus, eine orientalische Astarte und eine Kybele.



Auch eine frühe Spur des Christentums ist in einer Vitrine zu sehen: Eine Marmorplatte mit den eingeritzten griechischen Buchstaben "ichthys" - ein codiertes Glaubensbekenntnis zu "Jesus Christus, den Sohn Gottes und Heiland". Die Echtheit der Inschrift ist Frontoni zufolge umstritten, aber die Legende verbindet sie mit einer gewissen Marcia, einer von 300 Hetären des Kaisers. Sie soll an dem Komplott beteiligt gewesen sein, bei dem der Athlet Narcissus seinen Herrn und Kaiser 192 erdrosselte. Die Tat soll im Bad geschehen sein - ob die prunkvollen Hallen gemeint sind oder der ebenfalls freigelegte Toilettenraum nebenan, ist laut dem Forscher ein weiteres Rätsel der Historie.