Pfarrer von Aleppo berichtet von Angst bei syrischen Christen

Verstärkter Wunsch nach Auswanderung

Der Anschlag auf eine Kirche in Damaskus im Juni hat unter den Christen Syriens Schrecken verbreitet. Einschränkungen, Absperrungen und Wachen sollen den Menschen mehr Sicherheit bringen. Doch viele wollen darauf nicht vertrauen.

Eine stark beschädigte Moschee steht neben Gebäuden, die während des Bürgerkriegs im Viertel Al-Asali in Damaskus völlig zerstört wurden. / © Leo Correa/AP/dpa (dpa)
Eine stark beschädigte Moschee steht neben Gebäuden, die während des Bürgerkriegs im Viertel Al-Asali in Damaskus völlig zerstört wurden. / © Leo Correa/AP/dpa ( dpa )

Die Stimmung unter Syriens Christen ist nach Worten des lateinischen Pfarrers von Aleppo, Bahjat Karakach, angespannt. Die Hoffnung auf positive Veränderungen nach dem Sturz des Regimes von Baschar Al-Assad sei "weitgehend enttäuscht" worden, sagte der Franziskanerpater in einer Videobotschaft, die mit dem jüngsten Newsletter der Franziskaner in Syrien verbreitet wurde.

Nach dem tödlichen Terroranschlag auf die griechisch-orthodoxe Elias-Kirche in Syriens Hauptstadt Damaskus am 22. Juni haben die Christen in Syrien laut Karakach Angst vor weiteren Anschlägen. In Aleppo habe man Absperrungen an der Kirche sowie Wachen aufgestellt, um den Zugang zu beschränken. Man versuche, einen sicheren Platz zu schaffen, "an dem auch Kinder spielen können".

Anhaltend angespannte Wirtschaftslage

Der in Aleppo geborene Franziskaner beklagt auch die anhaltende Notlage im Land. Zwar hätten die USA die Sanktionen gegen Syrien aufgehoben, es seien jedoch vor Ort weiterhin keine greifbaren Ergebnisse zu sehen. Stattdessen herrsche wirtschaftlich eine große Instabilität.

Auch in Damaskus ist die Stimmung nach dem Anschlag von Juni laut den Franziskanern vor Ort "in Bestürzung gesunken". Der erste große Anschlag gegen die christliche Minderheit in Syrien seit dem Sturz des Assad-Regimes im Dezember 2024 habe "das letzte bisschen Sicherheit, das noch geblieben war, zunichte" gemacht. Als Folge habe die lateinische Gemeinde ihre Aktivitäten stark eingeschränkt. Unter anderem wurde demnach das traditionelle Sommerlager aus Sicherheitsgründen abgesagt. Auch in Damaskus sei ein Wachdienst aus Freiwilligen aus der Gemeinde eingerichtet worden.

Verstärkter Abwanderungswunsch

Der lateinische Bischof und apostolische Vikar von Aleppo, der syrische Franziskanerpater Hanna Jallouf, erklärte, das Klima der wachsenden Unsicherheit habe den Wunsch nach Abwanderung bei vielen Christen wachsen lassen. Im Vergleich zu rund 50 Prozent, die vor dem Anschlag eine Auswanderung aus Syrien in Betracht gezogen hätten, sei die Zahl nach dem Anschlag auf 90 Prozent gestiegen.

Christen in Syrien

Syrien gilt als Wiege des Christentums. Vor dem 2011 ausgebrochenen Bürgerkrieg waren laut Daten der Linzer "Initiative Christlicher Orient" etwa 7 Prozent der damals 21 Millionen Syrer christlich. Aktuelle Zahlen sind schwer zu ermitteln, auch weil mindestens 5,5 Millionen Syrerinnen und Syrer aus dem Land geflohen sind. Nach verschiedenen Schätzungen soll es noch maximal 500.000 Christen in Syrien geben. Rund drei Viertel der Syrer sind sunnitische Muslime, etwa 12 Prozent gehörten vor dem Krieg der Sekte der Alawiten an, darunter auch der nun gestürzte Assad-Clan. 

Außenansicht der Kirche Sankt Georg in Izra (Syrien) / © Karin Leukefeld (KNA)
Außenansicht der Kirche Sankt Georg in Izra (Syrien) / © Karin Leukefeld ( KNA )
Quelle:
KNA