André Vingt-Trois gehörte zu den profiliertesten Kirchenvertretern in Frankreich, galt als Ziehsohn seines Vorgängers, Kardinal Jean-Marie Lustiger (1926-2007). Vingt-Trois leitete das französische Hauptstadtbistum von 2005 bis 2017 und von 2007 bis 2013 die Französische Bischofskonferenz. Fast seine gesamte Laufbahn absolvierte er in der Hauptstadt.
Staatspräsident Emmanuel Macron würdigte Vingt-Trois als "Mann der Versöhnung" und "Apostel des interreligiösen Dialogs". In einer Erklärung des Élysée-Palasts vom Wochenende hieß es, der Kardinal habe sein Leben stets den anderen gewidmet.
"Als Mann des Glaubens, der Hoffnung und der Nächstenliebe setzte er sich für die Ärmsten und die Isolierten ein."
Pfarrer in der Banlieue
Am 7. November 1942 in Paris geboren, wurde er 1969 zum Priester geweiht, arbeitete in Pariser Pfarreien und in der Banlieue, war Generalvikar und Weihbischof. Nach sechs Jahren als Erzbischof von Tours übertrug Papst Johannes Paul II. Vingt-Trois 2005 den Bischofsstuhl von Paris, einen der bedeutendsten in der katholischen Weltkirche. 2007 wurde er Kardinal.
Vingt-Trois zeigte sich überzeugt, dass die Kirche in der von Laizität und zunehmender Säkularisierung geprägten Gesellschaft Frankreichs nicht abseits bleiben dürfe; sie müsse versuchen, in einem Dialog Nichtglaubende und Zweifelnde zu überzeugen.
Immer wieder nahm Vingt-Trois zu politischen Fragen Stellung: etwa zu Embryonenforschung, Abtreibung oder Asylpolitik. Ein Spezialgebiet war das Thema Familie. Er äußerte sich zu Abtreibung, Ehe, Leihmutterschaft und Sterbehilfe, verfasste mehrere Bücher.
Nicht nur die Missbrauchsskandale in Frankreichs Kirche, auch die Pariser Terroranschläge vom 13. November 2015 fielen in seine Amtszeit. Vingt-Trois mahnte mehr soziale Integration an, um Radikalisierung zu vermeiden.