Papst zeigt sich betroffen nach Maduros Wahlsieg

"Ich denke auch an Venezuela"

Trotz seines umstrittenen Wahlsiegs wird Präsident Nicolás Maduro für eine weitere Amtszeit vereidigt. Die Opposition spricht von einem Staatsstreich. Auch Papst Franziskus meldete sich vor der Vereidigung zu Wort.

Autor/in:
Tobias Käufer
Nicolas Maduro und seine Frau Cilia Flores nach der erneuten Vereidigung von Maduro als Präsident von Venezuela trotz internationaler Kritik / © Andres Gonzalez (dpa)
Nicolas Maduro und seine Frau Cilia Flores nach der erneuten Vereidigung von Maduro als Präsident von Venezuela trotz internationaler Kritik / © Andres Gonzalez ( dpa )

Ungeachtet internationaler Proteste und gravierender Zweifel an seinem Wahlsieg hat sich Venezuelas sozialistischer Machthaber für weitere sechs Jahre vereidigen lassen. Die Opposition ruft die Armee zur Rebellion auf. Zwei weitere Diktatoren saßen laut lokalen Medienberichten auf der Ehrentribüne in Caracas: Nicaraguas Daniel Ortega und Kubas Miguel Diaz-Canel. Russland, China, Iran, Nordkorea und Brasilien entsandten ranghohe Vertreter zur erneuten Vereidigung des venezolanischen Machthabers Nicolas Maduro. Dazu kamen Diplomaten überwiegend aus Afrika und der Karibik. Das Bild von Ortega und Diaz-Canel, die wie Maduro nichts von freien, transparenten Wahlen halten, war symbolisch für die bizarre Zeremonie in Venezuela.

Daniel Ortega (4.v.l), Präsident von Nicaragua, sitzt neben Miguel Diaz-Canel (3.v.l), Präsident von Kuba, bei einer Zeremonie nach der Vereidigung des autoritären venezolanischen Präsidenten Maduro für eine dritte Amtszeit / © Andres Gonzalez (dpa)
Daniel Ortega (4.v.l), Präsident von Nicaragua, sitzt neben Miguel Diaz-Canel (3.v.l), Präsident von Kuba, bei einer Zeremonie nach der Vereidigung des autoritären venezolanischen Präsidenten Maduro für eine dritte Amtszeit / © Andres Gonzalez ( dpa )

"Ich schwöre vor dem historischen, edlen und tapferen Volk von Venezuela und vor dieser Verfassung, dass ich alle ihre Aufträge ausführen werde. Ich eröffne die neue Periode des Friedens, des Wohlstands und der neuen Demokratie", sagte Maduro mit allerhand Pathos in der Stimme. Der sozialistische Staatschef ließ sich am Freitag (Ortszeit) trotz mutmaßlicher Niederlage bei der Wahl Ende Juli für sechs weitere Jahre im Amt des Präsidenten vereidigen.

Mission von Gonzalez gescheitert

Seinem Gegenspieler, dem wahrscheinlichen Wahlsieger Edmundo Gonzalez gelang es nicht, aus dem Exil ins Land einzureisen und sich ebenfalls vereidigen zu lassen. Oppositionsführerin Maria Corina Machado sagte resigniert, derzeit gebe es nicht die richtigen Bedingungen dafür. Gonzalez rief die Armee stattdessen auf, gegen Maduro zu rebellieren. Die in Kürze scheidende US-Regierung von Präsident Joe Biden erhöhte unterdessen die Belohnung, die zur Ergreifung Maduros führen soll, auf 25 Millionen US-Dollar. Maduro wiederum hatte zuvor ein Kopfgeld von 100.000 US-Dollar auf Gonzalez ausgesetzt.

Eine Regierungsgegnerin schwenkt eine venezolanische Flagge während einer Demonstration / © Jesus Vargas (dpa)
Eine Regierungsgegnerin schwenkt eine venezolanische Flagge während einer Demonstration / © Jesus Vargas ( dpa )

Der Oppositionskandidat war im Vorfeld der Vereidigung zu einer internationalen Reise aufgebrochen, um sich die Rückendeckung zahlreicher Regierungen in Nord- und Lateinamerika zu sichern. Doch an der Grenze Venezuelas endete die politische Mission, Maduro mobilisierte seine Armee und die gefürchteten paramilitärischen Colectivos. Innenminister Diosdado Cabello drohte zudem vielsagend, wer sich an Protesten beteilige, werde dies für den Rest seines Lebens bereuen. Die Opposition bestand derweil darauf, dass Maduro nach seiner Wahlniederlage nicht mehr der legitimer Befehlshaber des Militärs sei. Die Soldaten müssten sich deshalb nicht mehr an seine Anweisungen halten.

Adveniat: "Unkalkulierbares Pulverfass" 

Thomas Wieland, Adveniat / © Martin Steffen (Adveniat)
Thomas Wieland, Adveniat / © Martin Steffen ( Adveniat )

"Venezuela ist das unkalkulierbare Pulverfass der gesamten Region", kommentiert Thomas Wieland, Experte des kirchlichen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, die Situation. Wie es in dem Krisenland in den nächsten Tagen und Wochen weitergehe, habe weitreichende Auswirkungen. "Es geht um die Stabilität der gesamten Region, es geht um alle großen Themen: Wirtschaft, Migration und Frieden", so Wieland.

Maduro international weitgehend isoliert

Maduro ist es zwar unter großen militärischen Anstrengungen gelungen, seine Vereidigung durchzusetzen. Zugleich hat er seine internationale Isolation verstärkt. Selbst Chiles linksgerichteter Präsident Gabriel Boric nennt Venezuela inzwischen eine Diktatur und rief aus Protest gegen Wahlbetrug seinen Botschafter zurück.

Franziskus spricht von schwerer politischer Krise

Papst Franziskus  / © Alessandra Tarantino/AP (dpa)
Papst Franziskus / © Alessandra Tarantino/AP ( dpa )

Auch Papst Franziskus meldete sich vor der umstrittenen Vereidigung zu Wort und forderte die Einhaltung der Menschenrechte ein: "Ich denke auch an Venezuela und die schwere politische Krise, in der es sich befindet", sagte der Argentinier. Die Krise könne nur durch ein aufrichtiges Festhalten an den Werten der Wahrheit, der Gerechtigkeit, der Freiheit sowie durch Verhandlungen im Dienste des Gemeinwohls überwunden werden. Davon ist Venezuela seit Freitag allerdings weiter entfernt denn je.

Venezuela - Lage und Hintergrund

In Venezuela wächst die Angst vor einem Bürgerkrieg. Bei Massendemonstrationen gegen die sozialistische Regierung von Präsident Nicolas Maduro sind in den vergangenen Tagen mehrere Menschen getötet worden. Die Polizei setzt Tränengas ein, um die Oppositionsanhänger auseinanderzutreiben. Das Militär wurde in Alarmbereitschaft versetzt, 500 000 Milizen sollen mit Gewehren ausgerüstet werden. Zudem wurde der sogenannte "Plan Zamora" aktiviert, der den Sicherheitskräften Sondervollmachten bei der Bekämpfung "feindlicher Kräfte" verleiht.

Kirche in der neuen Diözese Petare in Caracas, Venezuela / © Erik Gonzalez (shutterstock)
Kirche in der neuen Diözese Petare in Caracas, Venezuela / © Erik Gonzalez ( shutterstock )
Quelle:
dpa , KNA