Papst übergibt Zuständigkeit für Piusbrüder an Glaubensbehörde

Neuer Anlauf im Gespräch mit Traditionalisten

Gut fünf Monate nach dem Eklat um die Piusbrüder hat Papst Benedikt XVI. den Kontakt zu den Traditionalisten auf eine neue Grundlage gestellt. Mit einem "Motu proprio" koppelt Benedikt XVI. die zuständige und bislang weitgehend eigenständige Kommission "Ecclesia Dei", die an den Pannen vom Jahresbeginn maßgeblichen Anteil hatte, unmittelbar an die Glaubenskongregation. Ein Befreiungsschlag, meint KNA-Redakteur Johannes Schidelko.

Autor/in:
Johannes Schidelko
Papst Benedikt XVI. unterzeichnet seine dritte Enzyklika "Caritas in veritate" (KNA)
Papst Benedikt XVI. unterzeichnet seine dritte Enzyklika "Caritas in veritate" / ( KNA )

Deren Präfekt, der aus Kalifornien stammende Kardinal William Joseph Levada, wird in Personalunion Präsident von «Ecclesia Dei». Sein Sekretär aus der Theologenkommission, der theologisch versierte Guido Pozzi, koordiniert als Sekretär die Amtsgeschäfte und den Dialog. Den bisherigen Präsidenten von «Ecclesia Dei», den kolumbianischen Kardinal Dario Castrillon Hoyos, verabschiedete der Papst mit Dank in den Ruhestand.

Die Neustrukturierung, mit der Benedikt XVI. bis nach den 80.
Geburtstag Castrillons wartete, ist ein Befreiungsschlag, mit dem der Vatikan demonstrativ einen Schlussstrich unter die Pannenserie der vergangenen Monate ziehen will. Die Rücknahme der Exkommunikation von den vier Traditionalisten-Bischöfen am 21. Januar sollte den Dialog erleichtern und das Ziel der kirchlichen Einheit fördern. Stattdessen entstand daraus die bislang schwerste Belastung des Pontifikats. Denn mit dem Gnadenakt entband Benedikt XVI. auch den Holocaust-Leugner Richard Williamson von der Kirchenstrafe, die er sich infolge seiner illegalen Bischofsweihe
1988 zugezogen hatte. Der Papst habe von den abstrusen Äußerungen des exzentrischen Briten nichts gewusst, versichert man im Vatikan.
Castrillon habe weder den Papst, noch den Chef der Bischofskongregation informiert, der das Aufhebungsdekret zu erlassen hatte.

Die neue Struktur soll nicht nur personell einen Neuanfang signalisieren, sondern auch die Aufgabenstellung klären. Denn in erster Linie geht es im Kontakt mit der Priesterbruderschaft Pius X.
um Glaubensfragen: Um das Lehramt der Kirche, um die Lehre des Konzils und der Päpste, insbesondere um die strittigen Fragen von Ökumene, Religionsfreiheit und interreligiösem Dialog. Diese Themen will der Papst künftig dort behandelt wissen, wo seine zuständigen Experten sitzen: in der Glaubenskongregation.

Alle Fragen, die sich in den jetzt aufzunehmenden Gesprächen mit dem Chef der Piusbrüder, Bernard Fellay, ergeben, können Levada und Pozzo unmittelbar in die Mittwochssitzung der Glaubenskongregation hineingeben. Und Levada, der als einer der wenigen Vatikanminister jede Woche einen fixen Termin beim Papst hat, kann mit diesem auf kurzem Weg das Thema weiter behandeln. Immerhin hatte Kurienkardinal Joseph Ratzinger 1988 im direkten Gespräch mit dem Gründer der Piusbruderschaft, Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-91), den Bruch zu vermeiden versucht - vergeblich. Wie sehr er als Papst diese Wunde heilen möchte, hat er mehrfach durch Gesten und Entgegenkommen gezeigt, etwa durch die breitere Wiederzulassung des alten Tridentinischen Messritus.

Die Aussöhnung mit den Lefebvristen dürfte aber kein Durchmarsch, sondern ein mühsamer Gesprächsmarathon werden. Jüngste Äußerungen der Piusbrüder aus Econe, Zaitzkofen oder Menzingen machen deutlich, wie sehr sich die Positionen voneinander entfernt haben - und wie unterschiedlich auch innerhalb der Traditionalisten Gesprächsbereitschaft und Totalverweigerung ausgeprägt sind.

Benedikt XVI. und Levada möchten, dass ein ernsthafter und vertrauensvoller Dialog zustande kommt. Ob am Ende die vollständige Einheit mit der katholischen Kirche oder eine weitere Spaltung steht, bleibt offen. Bis dahin, so stellt der Papst klar, haben die Piusbrüder jedoch keinen ordnungsgemäßen Status in der Kirche und können somit auch kein Amt legitim ausüben.

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