Kirchenrechtler: Weihen der Piusbrüder bewusste Provokation

Keine Reue in Sicht

Als "bewusste Provokation" hat der neue Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller die jüngsten Priesterweihen der traditionalistischen Piusbruderschaft bezeichnet. Auch nach Aufhebung der Exkommunikation durch Papst Benedikt XVI. habe sich die rechtliche Lage der Vereinigung nicht geändert, unterstrich Schüller am Mittwoch in seiner Antrittsvorlesung. Deren Bischöfe "dürfen keine Ämter ausüben, und die Weihen, die sie spenden, sind illegitim", so der Lehrstuhlinhaber für kanonisches Recht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster.

 (DR)

Eine Klärung rechtlicher Fragen sei nicht möglich, ohne dass die Piusbruderschaft die Lehrautorität von Papst und Bischofskollegium «uneingeschränkt und ohne Vorbehalte» anerkenne, sagte Schüller. Mit seiner Entscheidung, die Exkommunikation der vier Traditionalistenbischöfe aufzuheben, habe Benedikt XVI. einen «Dienst an der Einheit» leisten wollen. Allerdings stelle sich die Frage, ob die Bemühungen des Papstes dann mit gleicher Intensität nicht auch anderen kirchlichen Gemeinschaften gelten müssten.

Benedikt XVI. habe mit seinem Entgegenkommen einen «Akt der Begnadigung» gesetzt. Die Piusbrüder selbst aber hätten weder Reue noch eine Änderung ihrer Ansichten zu erkennen gegeben. Stattdessen hätten sie den Schritt des Papstes als Erfüllung ihrer Bedingungen interpretiert. Für die künftige Rechtsstellung der Piusbrüder nannte Schüller drei denkbare Strukturen: Sie könnten den Status einer Gesellschaft klerikalen Rechts und damit einer ordensähnlichen Kommunität erhalten, die direkt dem Papst unterstehe; denkbar seien aber auch eine apostolische Personaladministratur oder eine Personalprälatur nach dem Vorbild des Opus Dei. Den Bischöfen könnten möglicherweise eingeschränkte bischöfliche Aufgaben gestattet werden. Bei dem Holocaust-Leugner Richard Williamson aber sei auch das undenkbar, so Schüller.

Fast zeitgleich zur Vorlesung Schüllers legte Papst Benedikt XVI. am Mittwoch in Rom mit einem päpstlichen Erlass, einem «Motu proprio», neue Strukturen für den Dialog Roms mit den Traditionalisten fest.
In dem Dokument «Ecclesiae unitatem» (Die Einheit der Kirche) bekräftigt der Papst die Absicht, den Dialog mit der Piusbruderschaft fortzusetzen und sie zur vollständigen Einheit mit der katholischen Kirche zu führen. Bis die Lehrdifferenzen geklärt seien, hätten die Piusbruderschaft und ihre Mitglieder jedoch keinen ordnungsgemäßen Status in der Kirche und könnten kein Amt legitim ausüben.

Schüller wurde 1961 in Köln geboren und studierte von 1982 bis 1987 in Tübingen, Innsbruck und Bonn Katholische Theologie. Seit 1993 war er Leiter der Stabsstelle Kirchliches Recht im Bistum Limburg und persönlicher Referent von Bischof Franz Kamphaus. Schüller wurde 2004 an der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Pallottiner in Vallendar habilitiert und 2007 dort Professor. Das Thema seiner Antrittsvorlesung in Münster lautete «Zwischen päpstlicher Gnade und Schisma - Zur kirchenrechtlichen Situation und Zukunft der Piusbruderschaft».