Papst betont in Kroatien das gemeinsame christliche Erbe Europas

Auftakt mit einer Botschaft

Zu Beginn seines zweitägigen Kroatien-Besuchs beschwört der Papst das gemeinsame Erbe Europas. Ein EU-Beitritt sei deshalb "logisch, richtig und notwendig". Zugleich würdigt Benedikt XVI. die Verbundenheit der Kroaten mit dem Heiligen Stuhl – und mahnt dessen Werte an.

 (DR)

20 Jahre nach Erreichen seiner staatlichen Unabhängigkeit und am Vorabend der vollen Aufnahme in die EU müsse Kroatien seine geistigen und moralischen Werte neu festigen und beleben, sagte er am Samstag bei seiner Ankunft in der Hauptstadt Zagreb. Auf dem Flughafen wurde das Kirchenoberhaupt von Präsident Ivo Josipovic und den Bischöfen des Landes unter Leitung des Zagreber Kardinals Josip Bozanic begrüßt.



Bei seiner Ankunft würdigte Benedikt XVI. die christliche Tradition der Kroaten und ihre 1.300-jährige Verbundenheit mit dem Heiligen Stuhl. "Von Anfang an gehört Ihre Nation zu Europa und leistet ihm in besonderer Weise den Beitrag an geistigen und moralischen Werte", so der Papst.



Das Christentum habe jahrhundertelang die persönliche und nationale Identität der Menschen geprägt. Diese treue Verbundenheit auch unter zuweilen schwierigen und schmerzlichen Umständen sei ein "deutliches Zeugnis für die Liebe Ihres Volkes zum Evangelium und zur Kirche". Die "geschätzte, in ihrer reichen Tradition starke Nation" solle dazu beitragen, dass die EU diesen "geistigen und kulturellen Schatz vollends zur Geltung bringt", wünschte Benedikt XVI.



Die Bedeutung der Familie

Schon in seiner Begrüßungsrede unterstrich das Kirchenoberhaupt auch die zentrale Bedeutung der Familie für das Leben der Gesellschaft. Der Erste Nationale Familientag, den er am Sonntag mit den kroatischen Katholiken feiern werde, solle "die Werte des Familienlebens und des Gemeinwohls wieder vor Augen stellen, die Einheit stärken, die Hoffnung neu beleben und zur Gemeinschaft mit Gott führen".



Zugleich verwies der Papst auf die Herausforderungen der heutigen Kultur, zu der Individualismus, eine geringe Stabilität und Suche nach "Räumen des Privaten" gehörten. Weiter erinnerte er an das Vorbild des seligen Kardinals Alojzije Stepinac (1898-1960), der von den Kommunisten in einem Schauprozess zu langer Haft verurteilt wurde und in Hausarrest starb.



Zur Begrüßung hatten sich bei leicht bewölktem Himmel mehrere hundert Schaulustige auf dem Flugfeld eingefunden. Jugendliche in Landestrachten begrüßten den Papst mit den Fahnen von Vatikan und Kroatien. Nach Abspielen der beiden Nationalhymnen wurden dem Papst Gäste aus Politik und Kirche vorgestellt.



EU-Beitritt Kroatiens ist logisch und notwendig

Zuvor hatte der Papst auf dem Flug nach Zagreb gesagt, ein EU-Beitritt Kroatiens sei "logisch, richtig und notwendig". Kroatien habe kulturell seit jeher zu Mitteleuropa gehört und sei ein "zutiefst europäisches Volk". Durch den EU-Beitritt komme es dahin, wo es historisch und kulturell schon immer war.



Zugleich äußerte der Papst bei seiner traditionellen "fliegenden Pressekonferenz" Verständnis für eine gewisse Skepsis der Kroaten gegenüber einem EU-Beitritt. Wenn ein kleines Land in die EU eintrete, sei es verständlich, dass es unter Umständen Angst vor einem Zentralismus und Bürokratismus sowie einer "rationalistischen Kultur" gebe, die der Geschichte des Landes nicht hinreichend Rechnung trage.



Benedikt XVI. hob hervor, dass der Beitritt ein gegenseitiger Prozess des Gebens und Nehmens sei und dass Kroatien die EU durch sein reiches kulturelles und religiöses Erbe bereichern könne. Er wandte sich gegen eine Verkürzung der EU auf einen gemeinsamen Wirtschaftsmarkt. Es sei die Mission Kroatiens, zu einer Erneuerung der kulturellen Vielfalt Europas beizutragen, die in der christlichen Tradition verbunden sei.



Treffen mit Politikern und Gebetswache

Nach der offiziellen Begrüßung am dem Flughafen stand ein Höflichkeitsbesuch am Amtssitz von Präsident Josipovic auf dem Programm. Erste Höhepunkte der 19. Auslandsreise von Benedikt XVI. sind am späten Nachmittag eine Rede vor Politikern, Diplomaten, Wirtschaftsvertretern und Religionsführers in Nationaltheater von Zagreb. Anschließend ist eine Gebetswache mit Jugendlichen vorgesehen.