#OutinChurch ordnet Initiative flämischer Bischöfe ein

"Weniger Diskriminierung bleibt auch Diskriminierung"

Segensfeier oder nur privater Segen in einer Gruppe? Die flämische Bischofskonferenz sorgt mit einem Schreiben zum Umgang mit homosexuellen Paare für Verwirrung. Rainer Teuber von #OutInChurch sieht vor allem ein Missverständnis.

Homosexuelles Paar mit Regenbogenfahne / © Mix Tape (shutterstock)
Homosexuelles Paar mit Regenbogenfahne / © Mix Tape ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Das Schreiben, das am Dienstag veröffentlicht wurde, enthält auch einen Vorschlag für entsprechende Gebete und kirchliche Segnungsfeiern. Was genau ist denn der Unterschied zwischen "kirchlicher Segnungsfeier" und Segnungsfeier für homosexuelle Paare"?

Rainer Teuber am 30. Oktober 2021 in Essen. / © Harald Oppitz (KNA)
Rainer Teuber am 30. Oktober 2021 in Essen. / © Harald Oppitz ( KNA )

Rainer Teuber (Sprecher der Initiative #OutInChurch gegen Diskriminierung von queeren Menschen in der Kirche): Zunächst einmal sieht man an der Veröffentlichung, wie viel "Drive" in der ganzen Debatte ist. Es ist eben kein deutsches Phänomen, was ja immer gerne mal behauptet wird. Und sofort, wenn sich jemand dazu öffentlich äußert, geht das im Netz viral.

Rainer Teuber

"Es ist eben kein deutsches Phänomen, was ja immer gerne mal behauptet wird."

Das Papier jetzt ist unter dem Titel: "Seelsorgerische Nähe zu Homosexuellen - für eine einladende Kirche, die niemanden ausschließt" veröffentlicht worden. Also, es geht rein um ein Segensgebet im Rahmen eines Seelsorge-Gesprächs. Es geht also auf gar keinen Fall um eine öffentliche Liturgie.

DOMRADIO.DE: Rudern die Bischöfe denn jetzt zurück oder denken Sie, das ganze wurde wegen diesem "Drive" zu sehr in eine gewisse Richtung interpretiert?

Teuber: Ich glaube, es wurde einfach erst mal überinterpretiert. Denn sobald man zwei Worte zueinander bringt, homosexuelle Paare und kirchlicher Segen, dann drehen manche frei.

Wenn man sich das Papier mal genau anguckt, dann wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es eine klare Abgrenzung zur Hetero-Ehe ist, dass es eben kein Segensgottesdienst ist, der anlässlich einer standesamtlichen Trauung eines gleichgeschlechtlichen Paares gefeiert wird. Also, da ist, glaube ich, im ersten Moment mehr reininterpretiert worden als dann tatsächlich drinsteht.

DOMRADIO.DE: Aber trotzdem ist das ein Schritt nach vorne, der nicht unbedingt hätte gegangen werden müssen.

Altar mit einer Regenbogenfahne bei einem Segnungsgottesdienst "Liebe gewinnt" (Archiv) / © Rudolf Wichert (KNA)
Altar mit einer Regenbogenfahne bei einem Segnungsgottesdienst "Liebe gewinnt" (Archiv) / © Rudolf Wichert ( KNA )

Teuber: Es ist vielleicht ein leichter Handlungswandel erkennbar. Es ist auf jeden Fall ein guter Schritt, ein Schritt in die richtige Richtung. Aber man muss, wenn man jetzt mal auf unseren deutschen Synodalen Weg guckt, sagen: Da geht der Synodalen Weg weiter als das, was jetzt in Belgien passiert.

Es ist eigentlich nicht mehr als das, was in den letzten zwei Jahren auch von der Initiative #liebegewinnt initiiert worden ist. Da geht es um Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare außerhalb einer eigenen liturgischen Form oder eines eigenen liturgischen Formates.

DOMRADIO.DE: Aber im Unterschied zu Deutschland geht das in Belgien eine Bischofskonferenz aktiv an.

Teuber: Ja, aber es ist letztendlich ein Seelsorgegespräch, was zunächst mit einem Paar geführt wird und dann kommen nach und nach Familienangehörige und Freunde dazu und am Ende dieses Gespräches steht dann ein solcher Segen. Das ist nicht nichts, aber es ist auch kein Grund zum Jubeln.

Rainer Teuber

"Das ist nicht nichts, aber es ist auch kein Grund zum Jubeln"

Im Endeffekt setzt es eigentlich die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare auf einem anderen Niveau fort. Es wird ein bisschen pastoral abgemildert, indem man diesen Segenszuspruch anbietet. Aber ganz ehrlich: weniger Diskriminierung bleibt auch Diskriminierung.

DOMRADIO.DE: Es gibt Vermutungen, dass die deutschen Bischöfe gerade an einem ähnlichen Dokument arbeiten. Wäre das ein wichtiger Schritt, ein nötiger Schritt?

Teuber: Also, wenn es eine gleichwertige oder eine öffentliche Segensfeier mit einem vernünftigen liturgischen Formular ist, dann wäre das sicherlich ein großer Schritt nach vorne. Dass wir die Gleichsetzung mit dem Sakrament der Ehe innerhalb der katholischen Kirche, auch in Deutschland, erreichen, das glaube ich, sehen wir so schnell nicht.

Letztendlich liegen solche Veröffentlichungen schon in den Schubladen der reformfreudigen Bistümer und warten eigentlich nur darauf, an die Öffentlichkeit zu kommen. Die ganze Debatte hat natürlich jetzt auch im Zuge der vierten Synodalversammlung in Frankfurt einen erheblichen Dämpfer erfahren (Dort wurde keine Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe zu einem Papier für eine Reform der kirchlichen Sexualmoral erreicht, Anmerkung der Redaktion). Aber wir hoffen jetzt, dass die vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Bätzing, genannte "Koalition der Willigen", die er da ins Spiel gebracht hat, eine Veröffentlichung dieser Handreichung nun wirklich auch rausbringt.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

#OutInChurch

Es ist eine große konzertierte Aktion: Auf einer Internetseite und im Rahmen einer Fernsehdokumentation haben sich 125 Menschen in der katholischen Kirche geoutet. Sie alle sind haupt- oder ehrenamtlich in der Kirche tätig und zugleich Teil der queeren Community, wie die Initiative "#OutInChurch - für eine Kirche ohne Angst" mitteilte. Die Initiative fordert unter anderem, das kirchliche Arbeitsrecht so zu ändern, "dass ein Leben entsprechend der eigenen sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität" nicht zur Kündigung führe. (KNA, 24.1.2022)

 © Julia Steinbrecht (KNA)
© Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR