Ökumenischer Bericht zu Religionsfreiheit vorgelegt

Raus aus der Tabuzone

Nicht den Extremen überlassen. Der ökumenische Bericht zur Religionsfreiheit weltweit der Kirchen möchte auch die Christenverfolgung aus der Tabuzone holen. Eine Aufgabe gegen beide Seiten des politischen Spektrums.

Autor/in:
Johannes Senk
Symbolbild Religionsfreiheit / © Good Pic (shutterstock)
Symbolbild Religionsfreiheit / © Good Pic ( shutterstock )

Katholische und Evangelische Kirche in Deutschland haben ihren dritten Bericht zur Religionsfreiheit weltweit vorgelegt. Er bilanziere den derzeitigen Stand der Religionsfreiheit mit besonderem Blick auf das Christentum, hieß es bei der Vorstellung am Mittwoch. Zugleich wiesen Deutsche Bischofskonferenz und Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) auf die menschenrechtliche Dimension der Religionsfreiheit hin.

Bischof Meier lenkt Fokus auf Christenverfolgung

Bertram Meier, Bischof von Augsburg / © Harald Oppitz (KNA)
Bertram Meier, Bischof von Augsburg / © Harald Oppitz ( KNA )

Der katholische Weltkirchebischof Bertram Meier bedauerte, dass gerade das Thema Christenverfolgung sich lange in einer Tabuzone befunden habe und "Extremgruppen" überlassen worden sei. Der Augsburger Bischof rief dazu auf, auch Christenverfolgung als Aspekt der Religionsfreiheit stärker in die Mitte der Gesellschaft zu tragen.

Zugleich wies er darauf hin, dass der Bericht nicht in Form von Alarmismus auf Missstände bei der Religionsfreiheit hinweisen solle: "Polemik bringt in diesem Thema vielleicht Schlagzeilen, aber inhaltlich führt es nicht weiter."

Bischöfin Bosse-Huber verweist auf Menschenrechte

Laut der EKD-Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber soll mit dem Bericht am Beispiel der Religionsfreiheit eine allgemeine Menschenrechtsbildung vorangebracht werden. Die Verteidigung der weltweiten Religionsfreiheit sei ein Dauerauftrag für die Kirchen, fügte Meier hinzu. "Es ist nicht damit getan, ein Pflichtprogramm zu machen und einen Tag ein Eventfeuerwerk abzubrennen."

Petra Bosse-Huber  / © EKD (EKD)
Petra Bosse-Huber / © EKD ( EKD )

Der 182-seitige Bericht mit dem Titel "Eine christliche Perspektive auf ein universelles Menschenrecht" führe exemplarisch den Zustand der Religionsfreiheit in verschiedenen Ländern auf. Neben Beispielländern wie etwa China, Indien, Israel, Irak und Türkei wurde auch Deutschland ausgewählt.

Was ist Religionsfreiheit überhaupt?

Hier werde Religionsfreiheit oft missverstanden und ihr Charakter als Grundrecht von unterschiedlicher Seite infrage gestellt, erklärte Mitautor Heiner Bielefeldt. "Während ultrakonservative oder rechtspopulistische Akteure dazu neigen, die Religionsfreiheit 'klientelistisch' in Beschlag zu nehmen, besteht in religionsfernen 'säkularistischen Milieus' gelegentlich die Neigung, ihren Sinn und ihre Aktualität überhaupt in Zweifel zu stellen."

Artikel 140 des Grundgesetzes / © Harald Oppitz (KNA)
Artikel 140 des Grundgesetzes / © Harald Oppitz ( KNA )

Darüber hinaus führe der Bericht Spannungsfelder in der Gesellschaft auf, in denen sich die Religionsfreiheit bewähren müsse, etwa Migration, aber auch im Genderdiskurs. Insbesondere gegen letzteres werde die Religionsfreiheit oftmals als Bollwerk herangezogen.

"Wieso jemand in seiner Religionsfreiheit dadurch irgendwie beeinträchtigt werden sollte, dass Lesben und Schwule ihre Beziehungen in der Gesellschaft angst- und diskriminierungsfrei leben können, bleibt dabei in der Regel völlig unerfindlich", heißt es dazu im Bericht.

Keine Zahlen zur Christenverfolgung

Der nun veröffentlichte dritte Bericht folgt auf die von 2013 und 2017. Wie auch in den Vorberichten nennt er keine Zahl zu weltweit verfolgten oder bedrängten Christen, da sowohl die quantitative Anzahl als auch die Definition der Begriffe methodisch anfechtbar seien, hieß es.

Damit verfolge der ökumenische Bericht einen anderen Ansatz als entsprechende Einlassungen der Organisationen Kirche in Not oder Open Doors, die ebenfalls regelmäßig Berichte zur weltweiten Religionsfreiheit mit dem Schwerpunkt Christenverfolgung veröffentlichen.

Missio kritisiert Ampel-Koalition

Das katholische Hilfswerk missio Aachen forderte vor dem Hintergrund eine engere Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und den Kirchen. Missio-Präsident Dirk Bingener warf der Ampel-Koalition eine zunehmende religionspolitische Zurückhaltung in Fragen der Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit vor.

"Die Stimmen unserer Partnerinnen und Partner aus dem globalen Süden werden weniger gehört." Der Bericht verdeutliche, dass die beiden großen Kirchen in Deutschland und ihre Hilfswerke einen universalen Ansatz verträten, der jeden Menschen ungeachtet seiner Herkunft und Religion im Blick habe.

Religionsfreiheit

Die Religionsfreiheit gehört zu den grundlegenden Menschenrechten. In Deutschland heißt es in Artikel 4 des Grundgesetzes: "Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich." Die ungestörte Religionsausübung - gleich welcher Konfession - soll ebenfalls gewährleistet sein.

Religionsfreiheit weltweit eingeschränkt / © N.N. (Open Doors)
Religionsfreiheit weltweit eingeschränkt / © N.N. ( Open Doors )
Quelle:
KNA