Die Ukrainische Orthodoxe Kirche (UOK) gehört traditionell zum Moskauer Patriarchat. Die Regierung hat der UOK etwa die Nutzung des Kiewer Höhlenklosters entzogen, in dem sich auch die Theologische Akademie und der Sitz des Kirchenoberhaupts befinden.
"Auch wenn einzelne Argumente der ukrainischen Regierung vielleicht nachzuvollziehen sind, wäre es doch verheerend, wenn sie sich in dieser Weise an der Religionsfreiheit vergreift", sagte Gerhard Feige am Donnerstagabend bei einem Vortrag in Gera.
Feige fürchtet bei Weigerung gewaltsame Vertreibung
Die für den Klosterkomplex zuständige Behörde hat auf Betreiben der ukrainischen Staatsführung den Nutzungsvertrag mit der UOK zum 29. März gekündigt. Mönche, Seminaristen und die Kirchenverwaltung, insgesamt etwa 600 Personen, müssen dann das Gelände und damit ihre Wohn- und Arbeitsräume verlassen.
Feige äußerte die Befürchtung, "dass die Mönche bei Weigerung, dieser Anordnung zu folgen, gewaltsam vertrieben werden, und das Kloster dann der nationaler gesinnten Orthodoxen Kirche der Ukraine übergeben wird".
Zwei konkurrierende orthodoxe Kirchen in der Ukraine
In der Ukraine gibt es zwei konkurrierende orthodoxe Kirchen. Die Regierung unterstützt die 2018 mit Hilfe des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel und orthodoxen Ehrenoberhaupts Bartholomaios I. gegründete Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU). Sie ging aus zwei Konfessionen hervor, die sich bereits vor Jahrzehnten vom Moskauer Patriarchat getrennt hatten.
Die UOK sagte sich erst im Mai 2022, nach Kriegsbeginn, vom Moskauer Patriarchat los. Moskau erkennt diese Entscheidung allerdings nicht an, während die ukrainischen Behörden die UOK verdächtigen, weiter mit der russisch-orthodoxen Kirche zu kollaborieren.
Feige, der in der Deutschen Bischofskonferenz die Ökumenekommission leitet, sagte in Gera, dass der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine "auch die zwischenkirchlichen Verhältnisse schwer erschüttert und beschädigt" habe. Konstruktive Dialoge mit dem Moskauer Patriarchat seien "vorerst unmöglich geworden".
Angesichts dessen gelte es neu zu überdenken, "unter welchen Kriterien, worüber und mit wem wir in einen möglicherweise künftigen Dialog eintreten wollen", meinte Feige. Auf jeden Fall sei zu empfehlen, persönliche Kontakte zu gesprächsbereiten und nachdenklichen Partnern und Partnerinnen aus der russischen Orthodoxie weiterhin aufrecht zu erhalten oder neue zu suchen, fügte er hinzu.