Ökumene in Deutschland unter Benedikt XVI. - Mahnung von Bischof Huber

Mit Herz und Verstand für die Ökumene

Mit Herz und Verstand - so hat Papst Benedikt XVI. versprochen, werde er sich darum bemühen, dass die katholische und die evangelische Kirche wieder zusammenkommen. Gleich zu Beginn des Deutschlandbesuchs am Samstag hatte Bundespräsident Horst Köhler die Ökumene angesprochen. Der Papst selbst feierte am Dienstag in Regensburg eine ökumenische Vesper und traf sich mit dem evangelischen Landesbischof Dr.

 (DR)

Mit Herz und Verstand - so hat Papst Benedikt XVI. versprochen, werde er sich darum bemühen, dass die katholische und die evangelische Kirche wieder zusammenkommen. Gleich zu Beginn des Deutschlandbesuchs am Samstag hatte Bundespräsident Horst Köhler die Ökumene angesprochen. Der Papst selbst feierte am Dienstag in Regensburg eine ökumenische Vesper und traf sich mit dem evangelischen Landesbischof Dr. Johannes Friedrich Kurienkardinal Walter Kapser lobt im domradio-Interview die Papst-Ansprache in der ökumenischen Vesper. Mahnende Worte fand derweil Bischof Huber, Vorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschlands.

domradio sprach mit Landesbischof Friedrich vor und nach der Vesper über die Chance für die Ökumene durch den Besuch des Papstes in Bayern. Friedrich, ist vom Besuch des Papstes in seiner Heimat äußerst angetan. "Der Papst predigt richtig evangelisch", sagte Friedrich am Dienstagabend in der "Münchner Runde" im Bayerischen Fernsehen. In der Ansprache von Benedikt XVI. beim Gottesdienst auf dem Münchner Messegelände habe es keinen Satz gegeben, den er nicht hätte unterschreiben können, bekannte der Landesbischof.

Positiv vermerkte Friedrich auch die starke Orientierung der Papstreden am Evangelium. Dies sei ihm vor allem in Altötting aufgefallen. Die dortige Predigt könne den evangelischen Christen durchaus helfen, "die biblische Maria wieder stärker zu entdecken". Hier gebe es in seiner Kirche Defizite, merkte der Landesbischof selbstkritisch an. Gottesdienste wie die ökumenische Vesper im Regensburger Dom sollten öfter gefeiert werden, betonte Friedrich. Es sei wichtig, "dass wir spirituell miteinander weiterkommen".

Theologisch verbinde den evangelischen Landesbischof viel mehr mit dem Papst als ihn trennt: Johannes Friedrich zeigte sich begeistert von der Predigt des Papstes. "Im Herzen können wir schon ganz viel miteinander tun, miteinander Gott loben, preisen und beten". Der Landesbischof hofft, dass der Besuch des Papstes evangelische und katholische Christen im Herzen näher zueinander bringt. Für einen theologischen Dialog sei eine solche Reise nicht geeignet.

Kurienkardinal Walter Kasper zufrieden
Kurienkardinal Walter Kasper hat die Ansprache von Papst Benedikt XVI. bei der ökumenischen Vesper im Regensburger Dom gelobt. Entscheidend sei, dass der Papst Defizite auf beiden Seiten benannt habe, sagte der vatikanische "Ökumeneminister" am Dienstagabend im Bayerischen Fernsehen. "Die eigentliche Not in der Ökumene ist doch, dass uns die gemeinsame Substanz wegschmilzt", erklärte Kasper. "Was die Leute unter Gott verstehen, ist häufig äußerst vage."

Bischof Huber fordert von katholischer Kirche mehr Respekt in der Ökumene
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat die katholische Kirche zu mehr Respekt und Engagement im ökumenischen Dialog aufgerufen. "Das Gemeinsame zwischen den christlichen Kirchen zu stärken, bleibt die erste ökumenische Aufgabe", erklärte der Berliner Bischof am Mittwoch auf der 6. Vollversammlung der Gemeinschaft der Evangelischen Kirchen in Europa (GEKE) in Budapest.

"Starke Gemeinschaft der Protestanten in Europa notwendig"
Huber kritisierte, dass Rom die evangelischen Kirchen nach wie vor nicht als gleichwertige Partner "auf Augenhöhe" anerkenne. "Wir halten an der Hoffnung auf ein wachsendes Maß an Gemeinschaft fest", sagte er. Zugleich sei ein starker Verbund der evangelischen Kirchen in Europa dringend notwendig.

Nüchterne Bilanz der Reise
Huber zieht eine aus ökumenischer Sicht nüchterne Bilanz der Reise von Papst Benedikt XVI. in seine bayerische Heimat gezogen. Er habe großen Respekt davor, dass der Papst dabei "die Verbindung zu seinen eigenen biografischen Wurzeln in den Vordergrund" gestellt habe, sagte der Berliner Bischof. Daher sei er jetzt auch nicht enttäuscht, wenn es zu keinen positiven Signalen in der Ökumene gekommen sei.

"Den besonderen Charakter des Besuches in Bayern respektiere ich vollständig", bekräftigte Huber zu der an diesem Donnerstag zu Ende gehenden Papst-Reise. Mit einem eventuellen weiteren Besuch des Papstes in Deutschland verbinde er allerdings die Hoffnung, dass sich die ökumenische Realität dann in einer angemessenen Weise widerspiegeln würde, sagte der Repräsentant von rund 26 Millionen Evangelischen. Mit Blick auf die fast gleich große Zahl von Katholiken und Protestanten in der Bundesrepublik müsse die ökumenische Gemeinsamkeit der Kirchen in Deutschland dann auch wirklich vorankommen.

Das Miteinander von Christen verschiedener Konfessionen sei in Deutschland eine Alltagswirklichkeit, "ich denke exemplarisch an die konfessionsverbindenden Ehen", fügte Huber hinzu. Das Zeugnis der Kirchen in der Gesellschaft sei um vieles wirksamer, wo es gemeinsam erfolge. Damit wachse auch die Glaubwürdigkeit der Verkündigung und des missionarischen Auftrages der Kirchen, «auch wenn wir institutionell weiter getrennt sind.»

Die Ansprache von Papst Benedikt bei der ökumenischen Begegnung in Regensburg am Dienstagabend hat Huber zufolge zwei deutliche Signale gehabt: "Der Papst begrüßte die Orthodoxen zuerst, bevor er die Vertreter der evangelischen Kirche angesprochen hat". Huber warnte davor, die Bedeutung der evangelischen Kirchen gering zu schätzen. Auch die Kirchen der Reformation hätten vollen Anteil am gemeinsamen christlichen Erbe. Es sei nicht die Absicht Martin Luthers gewesen, eine neue Kirche zu gründen, sondern die bestehende zu erneuern. Huber: "Das Bild von den Kirchen der Reformation als jüngere Kirche muss man daher deutlich korrigieren."

Der EKD-Ratsvorsitzende bekräftigte zudem, dass der Charakter der Kirchen der Reformation als vollwertiger Kirchen nicht von der Anerkennung des Vatikans abhänge. Der Status als Kirche erwachse vielmehr aus der Verpflichtung der Protestanten, "Kirche Jesu Christi zu sein". Der gegenseitige Respekt, zu dem auch der Respekt vor dem kirchlichen Amt der anderen Seite gehöre, sei «unerlässlich zu einer weiteren ökumenischen Gemeinsamkeit». Hintergrund ist, dass der Vatikan die evangelischen Kirchen nach wie vor nicht als "Kirche" anerkennt. (10713/13.9.2006)