Oberstes US-Gericht belässt Zugang zu Abtreibungspille

Rechtsstreit geht weiter

Im anhaltenden Rechtsstreit um den Zugang zu medikamentöser Abtreibung in den USA hat der Supreme-Court entschieden: Bis zu einem endgültigen Urteil muss das Präparat Mifepriston nicht vom Markt genommen werden.

Autor/in:
Alexander Pitz
"Pille danach" (dpa)
"Pille danach" / ( dpa )

Die Abtreibungspille Mifepriston darf in den USA vorerst weiter vertrieben werden. Der Supreme Court entschied am Freitagabend (Ortszeit) dass der Zugang zu dem Präparat nicht eingeschränkt wird, solange der Rechtsstreit über die Zulassung andauert. Damit hob das Oberste Gericht Urteile von Vorinstanzen auf, in denen Zweifel an der Sicherheit des Medikaments geäußert worden waren. Experten rechnen mit mehreren Berufungsklagen in den nächsten Wochen.

US-Präsident Joe Biden begrüßte die Entscheidung: "Es könnte für Frauen in ganz Amerika nicht mehr auf dem Spiel stehen. Ich werde weiterhin gegen politisch motivierte Angriffe auf die Gesundheit von Frauen kämpfen."

Sicherheitsbedenken einer Pro-Life-Gruppe

Ein Bundesgericht in Texas hatte Anfang April mit einer aufsehenerregenden Entscheidung die Zulassung von Mifepriston in den USA ausgesetzt. Der konservative, vom früheren Präsidenten Donald Trump ernannte Richter Matthew J. Kacsmaryk erließ eine entsprechende einstweilige Verfügung. Sie sollte nach einer Frist von mehreren Tagen in Kraft treten.

US-Grundsatzurteil zu Abtreibung "Roe gegen Wade"

Im Grundsatzurteil "Roe gegen Wade" (Roe versus Wade) entschied der Oberste Gerichtshof der USA am 22. Januar 1973, dass staatliche Gesetze, die Abtreibungen verbieten, gegen die Verfassung der Vereinigten Staaten verstoßen. Seither sind in den meisten US-Bundesstaaten Abtreibungen nahezu uneingeschränkt möglich.

Oberstes US-Gericht kippt liberales Abtreibungsrecht / © Steve Helber/AP (dpa)
Oberstes US-Gericht kippt liberales Abtreibungsrecht / © Steve Helber/AP ( dpa )

Kacsmaryk warf der US-Arzneimittelbehörde FDA vor, das Mittel im Jahr 2000 in erster Linie wegen eines "erheblichen politischen Drucks" freigegeben zu haben. Die FDA habe leichtfertig und auf Grundlage laxer Anforderungen gehandelt. Dabei seien legitime Sicherheitsbedenken außer Acht gelassen worden. Kacsmaryk folgte damit der Argumentation einer Pro-Life-Gruppe, die gegen die Zulassung der gängigsten Abtreibungspille in den Vereinigten Staaten geklagt hatte.

Nach Beschwerden des Justizministeriums und des Pharmaunternehmens Danco Laboratories erhielt ein Berufungsgericht die Zulassung aufrecht, erließ aber Einschränkungen für Abgabe und Anwendung von Mifepriston. So wurde unter anderem das Verschicken der Pille per Post verboten. Auch dagegen legte die Biden-Regierung Berufung ein, so dass der Fall beim Supreme Court landete, der nun ein vorläufiges Urteil fällte.

Medikamentöse Abtreibung

Ein Verbot hätte weitreichende Folgen. Aktuell wird in den USA etwa jeder zweite Schwangerschaftsabbruch medikamentös vorgenommen. Die entsprechenden Medikamente sind verschreibungspflichtig.

Nach aktuellen Vorgaben der FDA können Frauen den Abbruch zu Hause vornehmen. Zunächst nehmen sie dafür Mifepriston ein; 24 bis 48 Stunden später wird in der Regel zusätzlich das Präparat Misoprostol eingenommen. Dieses Mittel kann zwar auch allein verwendet werden, die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt das jedoch nur, wenn Mifepriston nicht verfügbar ist.

Kein Grundrecht auf Abtreibung

Das Oberste US-Gericht hatte im Juni grundsätzlich geurteilt, dass aus der US-Verfassung kein Grundrecht auf Abtreibung abgeleitet werden kann. Die Zuständigkeit für die entsprechenden Gesetze liegt seither wieder bei den einzelnen Bundesstaaten.

In mehreren republikanisch regierten Staaten traten daraufhin weitreichende Verbote konventioneller Abtreibungsverfahren in Kraft. Ein Vorstoß aus dem demokratisch geführten Weißen Haus sieht vor, betroffenen Frauen im Gegenzug einen leichteren Zugang zu medikamentösen Schwangerschaftsabbrüchen zu ermöglichen.

Die katholischen Bischöfe in den Vereinigten Staaten lehnen das strikt ab. In einer kürzlich veröffentlichten Stellungnahme der US-Bischofskonferenz heißt es: "Wir hoffen, dass die medikamentöse Abtreibung nach einem endgültigen Urteil ganz vom Markt verschwindet." Der Einsatz "tödlicher Medikamente" sei bei einer schwierigen oder unerwarteten Schwangerschaft niemals die richtige Wahl.

Quelle:
KNA
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