NRW plant islamischen Religionsunterricht

Landesweiter Schulversuch ab 2010

Nordrhein-Westfalen will landesweit einen islamischen Religionsunterricht einführen. Er solle als reguläres, versetzungsrelevantes Schulfach parallel zum evangelischen und katholischen Religionsunterricht stattfinden, kündigte Integrationsminister Armin Laschet (CDU) am Mittwoch in Düsseldorf an. Möglichst nach den Sommerferien 2010 soll der Schulversuch starten. Weil es an islamischen Religionslehrern mangele, könnten sich aber anfangs nur wenige Schulen beteiligen, räumte Laschet ein.

 (DR)

Der Religionsunterricht soll in deutscher Sprache stattfinden und unter deutscher Schulaufsicht stehen, die Lehrer sollen in Deutschland ausgebildet werden. Die Unterrichtsinhalte will die Landesregierung mit den vier größten islamischen Verbänden abstimmen, sie sollen auf einem Konvent ihr Einverständnis geben. «Jetzt wird nicht mehr gewartet», so Laschet. Auch wenn sich letztendlich nicht alle vier Islamverbände an der Erarbeitung der Lehrpläne beteiligen sollten, werde gehandelt.  Auch Wissenschaftler und Eltern sollen einbezogen werden. Für die Einführung des islamischen Religionsunterrichts muss auch das Schulgesetz geändert werden.

Bisherige Versuche, einen islamischen Religionsunterricht einzuführen, hatten nicht zum Erfolg geführt. Zuletzt hatte für einen in Duisburg und Köln geplanten Schulversuch die Unterstützung durch die islamischen Verbände gefehlt.

«Die Einführung islamischen Religionsunterrichts bedarf enormer Anstrengungen», betonte Laschet. Der Staat benötige auf muslimischer Seite einen repräsentativen Ansprechpartner. Es existiere aber noch keine islamische Religionsgemeinschaft. Auch der Zusammenschluss der islamischen Verbände zu einem Dachverband (Koordinationsrat der Muslime) ist bis heute organisatorisch noch nicht abgeschlossen.

Bisher gibt es auch kaum Strukturen an den Hochschulen zur Ausbildung muslimischer Religionslehrer. In Münster hatten muslimische Verbände die Zusammenarbeit mit dem Islamwissenschaftler und NRW-weit einzigen Professor für die Ausbildung von muslimischen Religionslehrern, Muhammad Kalisch, aufgekündigt. Der Forscher hatte die historische Existenz des Propheten Mohammed angezweifelt.

Das neue Schulversuch soll den bisherigen Islamkunde-Unterricht ablösen, an dem sich 128 Schulen beteiligen. Dabei wird der Unterrichtsinhalt vom Staat festgelegt. Langfristig strebt NRW nach Laschets Worten einen bekenntnisorientierten muslimischen Religionsunterricht an, dessen Inhalt die Religionsgemeinschaft selbst bestimmt.

Von den islamischen Verbänden fühlt sich nur rund ein Viertel der in Deutschland lebenden Muslime vertreten. Dennoch wolle NRW sie als Kooperationspartner akzeptieren, weil sie für die religiöse Identität ihrer Mitglieder wesentliche Funktionen wahrnähmen, erläuterte Laschet. Der nun geplante islamische Religionsunterricht sei damit ein Kompromiss und ein Zwischenschritt von der staatlich verantworteten Islamkunde zum bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht.

In Nordrhein-Westfalen leben 1,3 bis 1,5 Millionen Muslime, das sind sieben bis acht Prozent der Bevölkerung. Zwei Drittel von ihnen haben türkische Wurzeln. Rund 310.000 Jungen und Mädchen an den 6.688 Schulen des bevölkerungsreichsten Bundeslandes sind Muslime.