NRW legt als erstes Bundesland Gesetzentwurf für Pflegeheime vor

Altenheime sollen menschlicher werden

Die etwa 150.000 Bewohner der Alten- und Pflegeheime in Nordrhein-Westfalen können sich freuen: Sie sollen mehr mitbestimmen dürfen, etwa beim Essensplan, bei der Freizeit oder bei der Hausordnung. Das sehen die Eckpunkte für ein neues "Wohn- und Teilhabegesetz" vor, die die Düsseldorfer Landesregierung jetzt beschlossen hat. Damit setzt NRW als erstes Bundesland beim Thema Heime die Föderalismusreform um.

Autor/in:
Johannes Nitschmann
 (DR)

Durch die Reform ist die Zuständigkeit für das Heimrecht vom Bund auf die Länder verlagert worden. Das neue "Wohn- und Teilhabegesetz soll spätestens Anfang 2009 in Kraft treten und das bisherige Bundesheimgesetz für die landesweit 2.000 Einrichtungen der Altenpflege und Behindertenhilfe ersetzen. Wohlfahrtsverbände begrüßten die Gesetzespläne. "Es ist richtig, den Schutz der Heimbewohner zu stärken", sagte etwa der Sprecher der fünf Diözesan-Caritasdirektoren, Volker Odenbach.

Angesichts eines "dramatischen Anstiegs bei den Hochbetagten" stellt das neue Landesheimgesetz für NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann
(CDU) "eine große Herausforderung" dar. Das Leben in den Heimen müsse "genauso selbstbestimmt möglich sein wie in den eigenen vier Wänden." Schließlich sei das Altenheim "die Wohnung für den letzten Lebensabschnitt" und nicht mit einem kurzfristigen Krankenhausaufenthalt zu vergleichen.

"Sie müssen so leben können wie Menschen zu Hause"
Zu den "verpflichtenden" Standards in Altenheimen soll künftig die Barrierefreiheit gehören - kein Haus ohne Aufzüge oder gut lesbare Beschilderungen mehr. Außerdem geht es um mehr Schutz für Heimbewohner. "Menschen in Betreuungseinrichtungen müssen so leben können wie Menschen zu Hause", lautet Laumanns Credo. Die Betreuung solle stärker an individuellen Bedürfnissen ausgerichtet und damit menschlicher werden. Das Gesetz soll auch "das Recht, in Würde sterben zu können", verankern.

Nach Berechnungen des Düsseldorfer Sozialministeriums wird die Zahl der Pflegebedürftigen im bevölkerungsreichsten Bundesland bis 2020 auf 650.000 Menschen ansteigen. Das sind knapp 200.000 mehr als 2003. Zugleich werden die Heimbewohner immer älter. Laut Sozialministerium wird 2050 jeder vierte pflegebedürftige Mann und jede dritte pflegedürftige Frau älter als 90 Jahre sein.

Für das neue Landesgesetz sei das alte Bundesheimgesetz "entrümpelt" worden, so der Minister. Das Ergebnis: 54 statt 134 Paragraphen. "Wir haben ernst gemacht mit der Entbürokratisierung", bilanzierte Laumann. Die Träger der Heime erhielten nun "Planungs- und Rechtssicherheit".

"Ranking" unter Heimen möglich
Zum Schutz der Pflegebedürftigen soll es künftig unangemeldete Kontrollen in Heimen geben. Jeder Prüfbericht werde veröffentlicht, kündigte Laumann an. Mittelfristig werde dadurch ein "Ranking" unter Heimen möglich. Die Landesregierung will auch die Kosten transparenter machen. Nach einem vom Sozialministerium beauftragten Gutachten sind die Pflegeheime in NRW zehn Prozent teurer als im Bundesdurchschnitt. Das entspricht Mehrkosten für einen Heimbewohner von 7,50 Euro pro Tag.

Veränderungen sind zudem beim Personal geplant: Landesweit sind 176.000 Pflegekräfte tätig. Nach dem Landesheimgesetz muss - wie bisher - die Hälfte der Beschäftigten Fachkräfte sein. Allerdings legt Laumann "einen erweiterten Fachbegriff" zugrunde. Damit solle den Trägern Spielraum für den Einsatz "unterschiedlicher Berufsgruppen" eröffnet werden. Neben einer "qualitativ hochwertigen Pflege", so der Minister, gehöre zu den Bedürfnissen der Altenheimbewohner schließlich "auch Zuneigung und Zuhören, eine abwechslungsreiche Tagesgestaltung, Gemeinschaftserlebnisse und das gemeinsame Zubereiten von Mahlzeiten."