Caritasverband kritisiert im domradio Mängel

Pflegereform beschlossen

Erstmals seit Einführung der Pflegeversicherung 1995 werden die Pflegesätze zur Jahresmitte angehoben. Auch Demenzkranke werden in die Pflegeversicherung einbezogen. Der Bundestag verabschiedete am Freitag nach langem Ringen die Pflegereform mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen. FDP, Linke und Grüne votierten dagegen. Bei christlichen Verbänden stößt die Reform überwiegend auf Kritik. Im domradio-Interview warnte Caritasverband-Präsident Peter Neher: "Es bleiben schwerwiegende Mängel."

 (DR)

Die Reform soll zum 1. Juli in Kraft treten. Der Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung soll um 0,25 Punkte auf 1,95 Prozent, für Kinderlose auf 2,2 Prozent, steigen. Die erstmals steigenden Pflegesätze sollen ab 2015 sollen an die Preissteigerung angepasst werden.

Pflegeheime sollen ab 2011 jährlich unangemeldet kontrolliert und nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden. Zudem sollen Bürger in Pflegestützpunkten aus einer Hand Informationen über Pflegeleistungen und -einrichtungen erhalten. Für die Einrichtung sind die Länder zuständig. Die Stützpunkte waren zwischen Union und SPD lange umstritten.

Angehörige von Pflegebedürftigen erhalten einen sechsmonatigen Anspruch auf unbezahlte, aber sozialversicherte Freistellung von der Arbeit. Ausgenommen sind Betriebe mit bis zu 15 Mitarbeitern. Daneben wird Beschäftigten ein Anspruch auf kurzzeitige unbezahlte Freistellung von bis zu zehn Arbeitstagen eingeräumt, um die Pflege eines Angehörigen zu organisieren. Die SPD hatte sich für eine kurzfristig bezahlte Freistellung stark gemacht, konnte sich aber gegen die Union nicht durchsetzen. Laut Fraktionsvize Elke Ferner will die SPD nach 2009 die Idee erneut aufgreifen.

Kritik der Verbände
Die kommunalen Spitzenverbände forderten, bereits bestehende Strukturen für die geplanten Pflegestützpunkte zu nutzen. Daher sollten die Kommunen dafür zuständig sein. Diese hätten den besten Überblick über die vorhandenen Angebote. „Die nach wie vor vorgesehene Federführung der Pflegekassen geht an den Erfordernissen vor Ort vorbei", erklärten die Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, des Landkreistags und des Städte- und Gemeindebundes. Sie riefen die Länder auf, das Reformgesetz im Bundesrat zu ändern.

Auch der Präsident des Deutschen Caritasverband, Peter Neher, kritisierte die Organisation der Pflegestützpunkte. „Wenn bei den Kranken- und Pflegekassen als Träger der Stützpunkte Beratung und Leistungsgewährung zukünftig in einer Hand liegen, sehen wir die Gefahr einer Steuerung nach Finanzlage", warnte er. Auch dürften vorhandene und bewährte Beratungs- und Vernetzungsstrukturen nicht zerschlagen werden.

Ähnlich wie die Caritas lobte der Paritätische Wohlfahrtsverband zwar grundsätzlich die Anhebung der Pflegesätze und des Pflegegeldes. Zugleich bemängelte Bundesgeschäftsführer Bernd Niederland aber, ein Durchbruch für eine menschenwürdigere Pflege sei nicht gelungen. Auch der Finanzausgleich zwischen privater und gesetzlicher Versicherung sei auf der Strecke geblieben. „Folgerichtig weist die Reform eine soziale Schieflage zum Nachteil der gesetzlich Versicherten auf", sagte Niederland.