domradio.de: Wie sind die Menschen hier in NRW aufgenommen worden?
NRW-Integrationsminister Guntram Schneider (SPD): Sie sind sehr gut aufgenommen worden, aber das bedeutet ja nicht, dass die deutsche Gesellschaft gegenüber syrischen Flüchtlingen generell liberal und offen eingestellt ist. Das wird sich noch erweisen. Die nordrhein-westfälische Landesregierung lädt alle Flüchtlinge, die zu uns kommen, ein, um hier ihr Leben neu zu gestalten.
domradio.de: Wie werden diese Menschen untergebracht?
Schneider: Sie werden dezentral untergebracht und zwar in unterschiedlichsten Orten wie Borken, auch Köln, Meschede und Wuppertal und wir wollen über diese Dezentralität verhindern, dass es zu Problemen kommt, wie sie zum Beispiel mit anderen Einwanderergruppen in Dortmund oder in Duisburg vorhanden sind.
domradio.de: Flüchtlingsverbände befürchten, dass es in Deutschland schwer wird, je mehr Syrer nach Deutschland kommen. Wie treten Sie dem entgegen?
Schneider: Über eine intelligente Form der Unterbringung. Wir brauchen natürlich auch Unterbringungsmöglichkeiten, die zentral sind, weil ich nicht glaube, dass es bei den Tausend Flüchtlingen für NRW bleiben wird. Dafür ist die soziale Katastrophe in Syrien zu groß.
domradio.de: Sie sagen selber, es sollten eigentlich mehr sein, weil die Katastrophe so groß ist. Deutschland hat sich aber erst nach langem Drängen dazu entschieden, 5000 Flüchtlinge aufzunehmen. Warum sperrt sich da Deutschland? Warum nicht mehr Flüchtlinge?
Schneider: Es liegt doch auf der Hand, natürlich will die Bundesregierung da nicht den großen Wurf von vorneherein machen. 5000 ist ja auch schon eine Zahl, das ist ja nicht einfach. Viele Städte suchen jetzt schon nach Unterkünften in Schulen, Turnhallen und anderen Einrichtungen. Ich glaube aber, es wird bei den 5000 aus humanitären Gründen nicht bleiben können. Da sind wir in der Verpflichtung. Wenn Sie zum Beispiel Länder wie Belgien oder gar den Libanon sehen und nehmen, dann sind dort sehr viel mehr Flüchtlinge angekommen, auch im Verhältnis zur Bevölkerung in diesen Aufnahmeländern. Da wird Deutschland noch einiges leisten müssen.
domradio.de: Nun ist die Bundesregierung - im Moment wissen wir ja noch gar nicht, wie sie demnächst aussehen wird - eben gerade mit ganz anderen Themen beschäftigt, haben Sie die Hoffnung, dass das eines der Themen sein wird, das ziemlich schnell auf der Agenda steht?
Schneider: Ich glaube, diese Fragestellung "Flüchtlinge aus Syrien" hat mit der aktuellen Regierungsbildung wenig zu tun. Ich glaube auch, dass da eine große Übereinstimmung zwischen den tragenden politischen Kräften vorhanden. Es wäre schlimm, wenn hier kleinlich gefeilscht würde, wenn es um das Schicksal von vielen vielen Menschen geht. So weit sind wir in diesem Lande noch nicht.
domradio.de: Warum bekommt eigentlich die Mehrheit der Flüchtlinge keine Arbeitserlaubnis, wenn sie hierhin kommen? Da werden sie ja von vorneherein in Sozialleistungen gedrängt, obwohl sie ja eigentlich arbeiten wollen und sich integrieren wollen?
Schneider: Das ist die geltende Gesetzgebung, darüber kann man vortrefflich diskutieren, zumal ja auch viele, die kommen werden, gut ausgebildet sind, zum Beispiel im Gesundheitswesen und hier alle Chancen hätten, sehr schnell einen Arbeitsplatz zu erhalten. Da muss Politik neu nachdenken.
domradio.de: Das heißt, man müsste tatsächlich an die Gesetzgebung ran?
Schneider: Unter Umständen, wenn dies erforderlich ist, wenn man hier nicht mit Erlassen arbeiten kann, dann ist auch die Gesetzgebung ein Thema.
Das Interview führte Ina Rottscheidt