Nikolaus Schneider mit Buber-Rosenzweig-Medaille geehrt

Woche der Brüderlichkeit eröffnet

Mit einem Festakt im Leipziger Gewandhaus ist die diesjährige christlich-jüdische "Woche der Brüderlichkeit" am Sonntag bundesweit eröffnet worden. Unter dem Leitwort "In Verantwortung für den Anderen - 60 Jahre Woche der Brüderlichkeit" finden bundesweit rund 1.000 Veranstaltungen statt, die den Dialog zwischen Juden und Christen in Deutschland vertiefen sollen.

 (DR)

Zum Auftakt erhielt der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, die "Buber-Rosenzweig-Medaille" des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.



In der Begründung des Koordinierungsrates hieß es, er wolle damit das "nachhaltige Wirken Schneiders für eine Umkehr und Neugestaltung in den christlich-jüdischen Beziehungen" auszeichnen. In der Laudatio sagte der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier: "Die Liebe zur Bibel und zur hebräischen Tradition zieht sich wie ein roter Faden durch Schneiders Leben." Er setze sich dafür ein, dass die christlich-jüdische Tradition nicht nur "leeres Wort" bleibe, sondern lebendiges Bekenntnis.



Der jüdische Präsident des Koordinierungsrates, Rabbiner Henry Brandt, erinnerte daran, wie 1952 die "Woche der Brüderlichkeit" noch "im tiefen Schatten der Schoa und des mörderischen Weltkriegs stehend" aus der Taufe gehoben wurde. Nach 60 Jahren lasse sich eine positive Bilanz ziehen. Gleichwohl dürfe die Brüderlichkeit nicht zu einer leeren Floskel verkommen, zu bloßem Gutmenschentum und "political correctness".



An der Auftaktveranstaltung nahmen zahlreiche Repräsentanten aus Kirche, Gesellschaft und Politik teil. Darunter der Vorsitzende der Unterkommission der Deutschen Bischofskonferenz für die religiösen Beziehungen zum Judentum, Heinrich Mussinghoff, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, und Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU). Dieser äußerte die Hoffnung, dass die "Woche der Brüderlichkeit" im Freistaat ein weiteres Zeichen setze gegen Rassismus, Antisemitismus und schleichende Intoleranz.



Einschreiten gegen Rassismus und Antisemitismus

Schneider riefr die Kirchen zum engagierten Einschreiten gegen Rassismus und Antisemitismus auf. "Der Ort dafür ist der Marktplatz, die Öffentlichkeit, die Jugendarbeit - und nicht der geschützte kirchliche Raum", sagte er. Die Morde der Zwickauer-Neonazi-Zelle zeigten, dass auch über 60 Jahre nach dem Holocaust der "Schoß noch fruchtbar sei". In einem Interview der "Welt am Sonntag" lehnte der rheinische Präses eine Missionierung von Juden ab. "Sie glauben ja an den Gott Israels, an den auch wir glauben." Schneider kündigte zugleich an, die evangelische Kirche werde sich anlässlich der 500-Jahr-Feiern der Reformation 2017 kritisch mit dem Antijudaismus Martins Luthers und seinen Folgen auseinandersetzen.



Bei der regionalen Eröffnung der "Woche der Brüderlichkeit" in Berlin kritisierte die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, eine einseitige Verurteilung des Staates Israel. Ein sogenanntes "Israel-Bashing" zeige sich etwa durch das Ignorieren der legitimen Sicherheitsinteressen sowie durch die leichtfertige Infragestellung der Existenzberechtigung des Staates, sagte sie am Sonntagabend in Berlin. Eine solche mit Antisemitismus aufgeladene Kritik an Israel äußere sich immer offener und unverhohlener.



Der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki mahnte einen intensiven Austausch zwischen den Religionen an. Vor allem die Kinder und Jugendlichen könnten sich weniger als früher auf ein homogenes gesellschaftliches oder kirchliches Umfeld beziehen. "Das gibt es einfach nicht mehr in der althergebrachten Form", so Woelki.