EKD-Ratsvorsitzende mahnt Achtung vor Andersdenkenden an

"Niemand hat die Wahrheit gepachtet"

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland hat davor gewarnt, angesichts zunehmender Aggressionen gegen Pandemiemaßnahmen eine "Spaltung der Gesellschaft" herbeizureden. Kurschus plädiert für einen sachlichen Dialog.

Annette Kurschus / © Harald Oppitz (KNA)
Annette Kurschus / © Harald Oppitz ( KNA )

"Es sind in Wirklichkeit kleine - aber lautstarke - Minderheiten, die für sich beanspruchen, eine ganze Gesellschaft zu spalten", sagte Annette Kurschus dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Sonntag). Kurschus wirbt für Gespräche und sachliche Aufklärung: "In dieser fragilen und emotional aufgeheizten Situation halte ich es für besonders wichtig, Vertrauen zu schaffen - etwa durch Information, Aufklärung, Gespräche. Da haben auch wir Kirchen eine besondere Aufgabe und Chance", sagte die Ratsvorsitzende.

"Wir brauchen klare Haltungen"

Dabei ginge es darum, Veränderungen und Konflikte wahrzunehmen, ernstzunehmen und darauf zu reagieren. Kurschus: "Wir brauchen klare Haltungen - und zugleich die spürbare Achtung vor denen, die anders denken. Das weicht die eigene Haltung nicht auf, hält sie aber nicht für das einzig richtige Denken. Niemand hat die Wahrheit gepachtet - wir alle versuchen nach bestem Wissen und Gewissen, Verantwortung zu übernehmen."

Kurschus wandte sich an die Politik: "Wir brauchen aus meiner Sicht klare, realistische Ansagen und weniger Alarmismus, der verhindern soll, dass wir leichtsinnig und nachlässig werden. Alarmismus schürt Angst und macht schlechte Stimmung." Hilfreicher schiene ihr plausible Szenarien aufzuzeigen, wie Ziele gemeinsam erreicht werden könnten. "Alle sollten wissen: Wenn sich alle miteinander besonnen und umsichtig verhalten, werden wir die Pandemie bestehen."

Kurschus fügte hinzu, die meisten Menschen seien erschöpft und müde. "Auch ich selbst reagiere bisweilen nervös und gereizt; die Tonlage verändert sich", sagte sie. Diese Situation sei nicht zu unterschätzen, die Menschen bräuchten "zurzeit viel feines Gespür" füreinander.


Quelle:
KNA