Kardinal Marx von Papst-Entscheidung überrascht

"Nicht wieder zur Tagesordnung übergehen"

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx will nach seinem von Papst Franziskus abgelehnten Amtsverzicht "nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen". Dies könne "nicht der Weg für mich und auch nicht für das Erzbistum sein", erklärte er.

Kardinal Reinhard Marx / © Harald Oppitz (KNA)
Kardinal Reinhard Marx / © Harald Oppitz ( KNA )

"Die Antwort des Heiligen Vaters hat mich überrascht. Ich habe nicht damit gerechnet, dass er so schnell reagieren würde und auch seine Entscheidung, dass ich meinen Dienst als Erzbischof von München und Freising weiter fortführen soll, habe ich so nicht erwartet", so Marx in einer am Donnerstag von der Pressestelle seiner Diözese verbreiteten Reaktion des Münchner Erzbischofs.

"Ich bin bewegt über die Ausführlichkeit und den sehr brüderlichen Ton seines Briefes und spüre, wie sehr er mein Anliegen versteht und aufgenommen hat. Im Gehorsam akzeptiere ich seine Entscheidung, so wie ich es ihm versprochen habe."

Papst-Antwort eine "große Herausforderung"

Marx empfindet die Antwort des Papstes nach eigenem Bekunden als "große Herausforderung". Er werde in den nächsten Wochen überlegen, "wie wir gemeinsam noch mehr zur Erneuerung der Kirche hier in unserem Erzbistum und insgesamt beitragen können". Es gehe dabei um neue Wege "auch angesichts einer Geschichte des vielfältigen Versagens".

Für ihn bleibe es dabei, dass er hinsichtlich des Umgangs mit Missbrauch in der katholischen Kirche persönlich Verantwortung tragen müsse und auch eine "institutionelle Verantwortung" habe, sagt der Kardinal. Dies gelte "gerade angesichts der Betroffenen, deren Perspektive noch stärker einbezogen werden muss".

Brief an den Heiligen Vater

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hatte Papst Franziskus gebeten, seinen Verzicht auf das Amt des Erzbischofs von München und Freising anzunehmen und über seine weitere Verwendung zu entscheiden. In einem Brief vom 21. Mai an den Heiligen Vater legte der Kardinal seine Gründe für diesen Schritt dar.

In seinem Brief an den Papst schreibt Marx: "Im Kern geht es für mich darum, Mitverantwortung zu tragen für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten." Die Untersuchungen und Gutachten der zurückliegenden zehn Jahre zeigten für ihn durchgängig, dass es "viel persönliches Versagen und administrative Fehler" gegeben habe, aber "eben auch institutionelles oder systemisches Versagen".

Die Diskussionen der letzten Zeit hätten gezeigt, "dass manche in der Kirche gerade dieses Element der Mitverantwortung und damit auch Mitschuld der Institution nicht wahrhaben wollen und deshalb jedem Reform- und Erneuerungsdialog im Zusammenhang mit der Missbrauchskrise ablehnend gegenüberstehen", so der Kardinal. Dieser Haltung erteilte er eine klare Absage. Statt dessen müsse etwa der in Deutschland begonnene Reformprozess Synodaler Weg weitergehen, für den Marx sich stark eingesetzt hat.

An "totem Punkt" angekommen

Die katholische Kirche sei an einem "toten Punkt" angekommen. Mit seinem Amtsverzicht könne vielleicht ein persönliches Zeichen gesetzt werden für neue Anfänge, für einen neuen Aufbruch der Kirche. "Ich will zeigen, dass nicht das Amt im Vordergrund steht, sondern der Auftrag des Evangeliums."

In seiner persönlichen Erklärung teilte Marx weiter mit, er habe in den vergangenen Monaten immer wieder über einen Amtsverzicht nachgedacht. "Ereignisse und Diskussionen der letzten Wochen spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle." Seine Bitte um Annahme des Amtsverzichts sei eine ganz persönliche Entscheidung. "Ich möchte damit deutlich machen: Ich bin bereit, persönlich Verantwortung zu tragen, nicht nur für eigene Fehler, sondern für die Institution Kirche, die ich seit Jahrzehnten mitgestalte und mitpräge."


Quelle:
KNA
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